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tagebücher / 1955-57 / 1955-09-05

Los Alamos 5. Sept. Labor Day

Heute mit Dorothy & Carl gesprochen. Beiden geht es gut. Sie sind gestern aus LI zurückgekommen & morgen beginnt Carls Nursery School. Sie gehen mir beide sehr ab. Wir werden uns am 17. in Wash. treffen & am 18. nach Hause fahren.

2 Mal mit Johnny telefoniert (auch Dor. schrieb mir, was Klari gesagt hatte, nach dem letzten Test in Boston): man findet überhaupt nichts & auch Dr Warren ist der Überzeugung, daß es nichts mehr gibt. Johnny ist natürlich skeptisch, aber er hat keinen Gegenbeweis. Er muß sich nun daran gewöhnen, mit dieser Unsicherheit zu leben. Er wird sich periodisch untersuchen lassen müssen. Man hat nun mehrere Leute, darunter einen Ärztin Boston gefunden, die genau dasselbe hatten und denen es seit Jahren gut geht. Dort ist man also. Hier in L.A. habe ich nur Ulan von der Operation erzählt. Er ist besorgt & vermutet, daß ich etwas geheim halte. Ich tue genau was Johnny wollte & habe nur von einer orthopädischen Oper. gesprochen.

Noch von Sandra: Es ist fabelhaft interessant und man ist sehr nett zu mir. Shephard tut was er kann. Natürlich viele Leute getroffen, z.B. S.C. Hight (Dir. of Research), McRae (Pres.), McNair (Vice-Pres.).

Natürlich kann ich darüber nichts aufschreiben. Es ist sehr anstrengend so viel zu absorbieren. Nun bin ich aber schon viel besser informiert als je bei Rand. Alles hier ist viel realistischer.

So. vor 8 Tagen waren Ronald & ich in Acoma. Es war wunderbar. Dort ist auch die "Entclanted Mesa". Ich muß einmal mit Dorothy dorthin. Wir lasen in Wille Cather's Buch darüber. Dinner bei Shephards, bei N. Woollman, bei Hight's hoch in den Sandia Bergen, sehr schön.

Samstag flog ich mit Carco Plane nach Los Alamos. Bei Ulams zum Lunch, noch 2 Brillouin (Columbia). Sie ist eine Malerin. Dorothy & ich sollen sie besuchen (in N.Y.). Sie haben 30 Modigliani & viele andere Bilder. Das wird D. gefallen.

Gestern mit Stan nach S. Fé gefahren, wo wir die B's absetzten. Es war die Fiesta, & wir sahen etwas, aber wir wollten allein sein um über alles reden zu können. Nach dem Lunch gingen Stan & Garrett Birkhoff den ganzen Frigoles Canyon entlang, über 9 Meilen (4h). Es war bezaubernd schön. Die Conversation mit beiden ausgezeichnet. Dann hatten wir alle hier Nachtmahl.

Heute gelesen, geschlafen, geschrieben. Sehr angenehm. Aber leider keine Dorothy; jedoch ihre liebe, schöne Stimme gehört. Morgen in die Laboratorien.

Heute kurz bei Foster Evans, wo noch die Carson Marks kamen (M. ist Chef der Theor. Physics Division).

Später: Dor. schrieb mir u.a.: "Carl asks that you answer the following questions: (1) Why do we see the moon sometimes during the day, but not always? (2) What did you eat on the Plane to Boston? (3) … Albuquerque? – Neulich waren Carl & ich in der Bibliothek. Er fragte: Why do I hear my voice come back to me from the ceiling here, but not at home? Nach Erklärung: "I see, it is like the light reflection!" So geht das die ganze Zeit. Ich werde viel mehr Physik lernen müssen. Am 10. d. M. wird er 5. Er ist ganz bezaubernd. Hier sagten mir Françoise & Sten, daß Klari immer von ihm spricht & wie sie ihn mag & von ihm eingenommen ist.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1955-57, Eintrag 1955-09-05
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.34)