OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1955-57 / 1955-11-02

Mittw. 2. Nov.

Zunächst Fakten: Ernst J… schrieb, dass Hans Mayer am 27./28. Okt. gestorben ist (*1879). Ich war Montag in Wash. & hatte Dinner mit Johnny & Klari, noch 2 F. de Hoffmann. Johnny sagte mir, daß ich Consultant sei, spez. für die Divi. of Military Applications & daß die Papiere mich noch diese Woche erreichen werden.

Hier gestört; später mehr.

Mayer's Tod berührt mich, denn er war ja auch ein wichtiger Teil meines Lebens. Sehr gemischte Gefühle. Ich verdanke ihm viel, bes. den frühen Stimulus & daß ich aus dem Morast Spanns & der idealistischen Philosophie schneller heraus gefunden habe, als es sonst der Fall gewesen wäre. Und er hat mich nach Amerika gebracht; das erste Mal. Und was das bedeutete! Er hat es aber schwer gemacht mit ihm zu bleiben, da er sich nicht geistig weiter entwickelt hat. Ich bin auch nie darüber hinweggekommen, wie er sich beim Anfang der Naziherrschaft benommen hat, oder über seine Eitelkeit & Anmassung, daß niemand sonst etwas über Ökon. sagen konnte etc. etc. Seine Verfolgungsvorstellungen usw. Was für ein Jammer, sich in einer solchen zwiespältigen Lage zu finden, wenn der eigentliche Lehrer, den man gehabt hat, stirbt. – Wie ganz anders auf mich der Einfluß solcher Männer ist wie Johnny, Weyl, Gödel. Aber das sind eben ganz andere Welten, mit denen ich dann in Berührung gekommen bin.

Johnny war gut in Wash., glänzender Stimmung, nicht müde, wie immer. Er ist mit unserem Aufsatz sehr einverstanden, nur ein Satz gefiel ihm nicht, aber wir hatten das MS nicht bei uns. Wir sprachen über 1000 Dinge, u.a. über den Kampf beim Institut, Kaman unterzubringen. Er gab mir seinen Brief zu lesen, dagegen, was für ein Brief! Er wird mich wohl nächste Woche sehen wollen um über AECsachen zu sprechen.

Ich war bei Adm. Griffin (Schindler ist jetzt Com. in Deutschland, Heidelberg) & sprach über Sandia. Er nahm mich zu Vice Adm. Briscoe, der dann beschloss selbst, mit Griffin & RAdm. Shands nach Sandia zu fahren, um den Kontakt mit der Navy zu verbessern. Das habe ich heute Shephard mitgeteilt. Er wird erstaunt sein. Die Nav. W. Qu. wird auch in einen Contract umgewandelt. Plötzlich geschieht vieles von dem wofür ich gearbeitet habe.

Das Manganese Geld dürfte in 2 Wochen bereitgestellt werden.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1955-57, Eintrag 1955-11-02
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.34)