OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1955-57 / 1956-03-18

So. 18. III.

Mo. wurde ich nach Wash. gerufen (AEC): Quackenboss wollte allerlei, z.T. auf Anraten von Johnny. Es sind ebenso komplizierte wie interessante Fragen. Sitzung mit Mr. J. Johnson (Dir. of Materials) & Mr. Shaw (Ass. Gen. Man. for Production). Ich habe mir Material hierher senden lassen, studiere es, werde ein Exposé schreiben & in 8 Tagen wieder nach W. fahren. Die Commission wartet auf meine Stellungnahme, ehe sie eine Entscheidung trifft, in der es sich um Milliarden handelt. Das muß ich mir alles sehr genau überlegen. Die Sache ist so, daß man ein Proj. wie das Mang. P. haben müsste.

Di. Johnny besucht. Er erschrak mich: sein Gesicht ist mager, angespannt, die Augen gross & starr. Alles weiche, das er im Feb. hatte, ist gegangen. Sein Geist war aber viel besser. Es gab wirkliche Diskussion, z.B. über das AEC Problem; er fragte sofort nach Dorothy & Carl.. Teller & Strauss jun. waren auch da & er wurde schnell müde. Wir wollten uns Mi. nochmals sehen & tel. mehrere Male, aber er sagte dann ab. Ich ass mit Clari. Die Tragödie ist in vollem Gang: Shields Warren gibt ihm 6-8 Monate seines jetzigen "aktiven" Lebens, dann dürften die Schmerzen beginnen & er muß mit Morphium etc. behandelt werden und das Ende ist dann nicht mehr weit. Aber Johnny weiss das nicht & nur sehr wenig Leute. Mir blutet das Herz, das hier aufzuschreiben.

Am Di. Abend, als ich Dor. telefonierte, sagte sie mir, daß eben Harald Hochschildt in N.Y. operiert worden sei: Krebs. Man glaubt alles gefunden zu haben (in der Bauchhöhle), aber wir wissen, wie das oft ist. –

Dor. war ziemlich krank; Grippe. Nun sehr müde. Ihre Mutter macht langsamen Fortschritt. Carl geht es glänzend. Er freute sich über den gestrigen & heuten Schneesturm! Was für eine Intelligenz!! Z. B. "Dade, I know I have a brain, but I also hear about the Mind: how ist he Mind related to the Brain? (beim Frühstück). Jetzt misst er Winkel & hat festgestellt, daß alle ? ? 180° haben. Heute erzählte er, daß er sich überlegt habe was 100%, 10% … bedeute (- und richtig).

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1955-57, Eintrag 1956-03-18
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.34)