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tagebücher / 1958-59 / 1958-05-27

Dienst. 27.

Ich begann vor 1 Monat zu schreiben. Jetzt habe ich etwa 90 Seiten. Heute beginne ich mit dem "Oceanic System". Ferner denke ich über Agenda für die Juli Conf. nach; man muß auf das fundamental wiss. losgehen.

Gestern abend hörten wir van Cliburn an, der in Moscow den 1. Preis gewonnen hatte (live, via WYXR). Ausgezeichnet, aber ich mag weder Tschaikowsky noch Rachmaninoff. Er spielt aber dann eine List Rhapsodie (No 12); erstklassig.

Später: Besuchte Gödel im Institut. Er war in glänzender Stimmung. Er hat gerade die Arbeit von W. Boone über das Wortproblem in der Gruppentheorie fertig studiert, von der er mir schon erzählt hatte. Der Beweis stimmt (Boone beweist ein Entscheidungsproblem, beruhend auf Ergebnissen von Touring). G. war sehr erfreut darüber und sagt das sei eine der schönsten Arbeiten der modernen Logik. Dann frage er nach meiner Arbeit. Ich erzählte ihm kurz, wo ich im Schreiben stehe. Er ist sehr einverstanden mit meiner Analyse & will alles bald lesen. Bestärkt mich sehr fortzufahren. Ich erzählte ihm auch von Bremermann, der mir kürzlich über seine interess. Ergebnisse schreib: er kann Evolution erklären, die Entwickl. der von Menschen gebauten Maschinen & er kann eine einfache Maschine angeben, die "schöpferisch" ist, d.h. mehr tun kann als man programmiert (etwas von Wert). G. war sehr neugierig. Wir wollen uns mit B. treffen wenn er im Herbst hierher kommt, ehe er nach Berkeley geht. – Es ist immer wunderbar mit Gödel über alles dies sprechen zu können. Seine Freundlichkeit & sein stiller Humor sind so bes. ansprechend.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1958-59, Eintrag 1958-05-27
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.35)