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tagebücher / 1958-59 / 1958-07-13

Washington, Sonntag 13. Juli 1958

Eine grosse Nachricht: Dorothy erwartet ein Kind!! Carl sagte mir die entscheidenden Worte am Do. am Tel.: "Dada, in February we shall have a baby!" Er war sehr froh darüber. Dorothy fühlte sich etwas unwohl, während ich in Southport war & liess einen Test machen, der Do. fertig war (ich mußte am Mittw. hierher fliegen). Es kam mir nicht als Überraschung. Eine grosse Sache; ich freue mich & Dorothy ist ganz bewegt. Ich bin leider etwas alt dazu, das Kind weit genug gedeihen zu sehen, aber es wird uns beide jung halten & viell. lebe ich daher lange genug um es aufwachsen zu sehen & ihm einen guten Start geben zu können. Gleich ob Sohn oder Tochter, das Kind ist mir sehr willkommen. Ich hatte in den letzten Monaten öfter daran gedacht. Obwohl es mich freute Carl so schön heranwachsen zu sehen, tut es mir leid, ihn aus der frühen Kindheit heraustreten zu sehen. Er hat mir in allen seinen Jahren so viel Freude bereitet. Nun soll sich alles das wiederholen. Hoffentlich hat Dorothy eine gute, leichte Zeit. Wie schade, daß ich jetzt nicht bei ihr sein kann. Ich habe ihr aber, ich glaube genau genug gesagt, wie ich fühle, & wie ich ganz bei ihr bin. Sie sagt, dass Carl sich sehr freut, jetzt mitteilte, daß er sich das schon lange gewünscht habe. Er macht bereits Pläne über Haus-zu-Bau, Geld verdienen durch Babysitting usw. Er wird sicher einen sehr guten Einfluß ausüben. – Dor. habe ich zugeredet wenn irgendmöglich noch das nächste Semester zu studieren. Diesmal wollen wir auch mehr Diensthilfe haben, damit sie nicht so lange nachher müde ist. Jetzt verstehen wir besser, was nötig ist, was getan werden kann & muß.

Was für eine Wendung in unserem Leben! Die Hauptsache ist nun für beide gesund zu bleiben, ganz bes. für mich, arbeitsfähig – so daß immer genug Geld da ist. Ich werde mich sehr in acht nehmen & viell. werde ich ein hohes Alter in diesem Sinne erreichen.

Momentan verbringe ich meinen Urlaub in Washington. Gestern übersiedelte ich mit Wheeler ins Carlton Hotel. Heute sollen die Leute des "Project 137" ankommen & um 8 p.m. haben wir eine Reception. Bisher ist nur Reines (Los Alamos) eingetroffen. Wigner macht plötzlich Schwierigkeiten. Er will nach Livermore & Sandia. Nicht klar, was ihm plötzlich eingefallen ist. Er wird aber heute abend a sein. Insgesamt haben 23 zugesagt. Die Sitzungen sind im Ntl. War Coll. John & ich haben das Programm gemacht; er hat die Hauptarbeit gehabt. Alle 3 Services haben sehr mitgemacht; es könnte also ein Erfolg werden. Gestern früh sah ich Killian (der heute abend kommt); er glaubt an Erfolg & sagte das sei eine der wichtigsten Unternehmungen, die man je in Def. gemacht habe. Wir hoffen zumindest 1-2 Ideen zu finden und den Mechanismus aufzustellen, so daß sie entwickelt werden können.

Seit der letzten Eintragung: 2 Mal in San Diego gewesen, in Wash. beim Killian Committee (mit Wheeler & Wigner), 2 Mal in Maine, & in Sandia & Santa Fé. Das war viel, aber es ging gut und war fruchtbar (nur habe ich nichts am Buch schreiben können, nur viele Notizen, die erst anständig formuliert werden müssen). Keine Korrekturen des NBER Buches: auf Oktober (!!) verschoben. Eine grässliche Bande.

Ich bin immer mehr von der Notwendigkeit des Defense Buches überzeugt. Sowie ich wieder in Princeton bin (… Aug.) gehe ich wieder ans Schreiben. Leider muß ich am 8. Aug. in S. Francisco sein, wo die nächste Limited War Conf. (für Convair9 stattfinden wird. Aber das bringt wenigstens Geld ein. (Ich möchte übrigens die Fenster im Wohn & Speisezimmer vergrössern lassen, wie ursprünglich geplant; kostet etwa $ 1200,-).

Maine hat mir mässig gefallen. Das Cottage nicht schlecht, aber keine Leute für Carl & Dorothy in der Nähe. Was Wasser so kalt! Aber Carl konnte 2 Fische fangen, während ich dort war. Dorothy & ich waren 2 x im Theater, recht nett. Hoffentlich kommt sie mit Fordicks zusammen (Monse Island), was Dorothy Fordick sehr wünscht. Wheeler & ich waren heute bei ihr zum Brunch.

Allmählich werde ich diese Noten in Ordnung bringen. Wir haben die Abende frei.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1958-59, Eintrag 1958-07-13
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.35)