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tagebücher / 1959-60 / 1959-10-16

Freitag 16. Okt.

Also wir haben das Haus $ 58 500,-. Dieser Tage mache ich die Anzahlung, nachdem $ 500,- bereits als "earnets money" übermittelt wurde. Agle überlegt sich, wie unsere Wünsche ausgeführt werden können. Es wird keine grossen Probleme geben. Wir möchten zu Weihnachten dort sein & es sollte möglich sein. Die Leute, die das Haus gesehen haben sind begeistert. Leicht wird es uns aber nicht fallen, hier wegzugehen – wo Carl & Karin ihr erstes Heim fanden. Andererseits ist es wegen der Kinder, daß wir gehen. (Beide sind reizend – Carl lernt nun Violine, ein grosser Wunsch von ihm) & Karin entzückt alle, mit ihrer guten Laune, weitem Interesse & Lebendigkeit.)

Vorige Woche ein Brief von Salin: Schade, daß ich im Nov. nicht kommen kann um die Vorträge zu halten, erfreut, daß ich für Juni einige Vorlesungen zugesagt habe. Sie fallen mit der 500 Jahrfeier zusammen & die wirtsch.-polit. Abteilung kann 3 Ehrendoktoren vorschlagen: Ein franz. Soziologe, Hamilton Aron, Fish Armstrong (For. Affairs Begründer) für Politics & ich (als einziger Ökonom!). Das sei noch nicht 100% fest, aber sehr wahrscheinlich; d.h. sicher, sonst hätte er nichts geschrieben.

Was für eine Nachricht! Basel zur 500 Jahr Feier ist etwas ganz besonderes; noch dazu daß ich der einzige bin. Es freut mich natürlich sehr, überwältigt, & ich frage mich ob es nicht viele andere gäbe, die dieser Ehrung würdiger & bedürftiger wären als ich. Aber schliesslich müssen sie sich überlegt haben, was sie tun. Dorothy ist tief gerührt & Carl ganz begeistert. Nun will ich an Salin schreiben – es ist so schwer die richtigen Worte zu finden.

Es fällt mir schwer hier die Gefühle auszudrücken, die mich bewegen: Freude über die Auszeichnung, aber doch auch ein Unbehagen, daß ich sie nicht verdiene, in bezug auf was ich wirklich geleistet habe, insbes. in Hinsicht auf das was geleistet werden müsste – ein Ziel von dem ich weiter denn je entfernt bin. Ich werde sicher versuchen, noch einiges zu tun, zumindest wieder anzuregen (wie es jetzt, erfreulicherweise, mit der Analyse der Zeitreihen sich entwickeln dürfte).

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1959-60, Eintrag 1959-10-16
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.36)