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tagebücher / 1959-60 / 1960-02-28

Sonnt. 28. Feb.

Am 14. März übersiedeln wird. Die Küche & das Badezimmer sind noch zu machen, & der Maler (der schon arbeitet) hat noch viel zu tun. Es schaut alles sehr gut aus. Die Konfusion wird einige Tage gross sein, aber wir fürchten uns nicht davor.

Dorothy's Mutter geht es elend. Sie schläft Tags über, isst wenig, hat Schmerzen. Der Arzt sagt, daß man nichts mehr machen kann: das Herz affiziert den Magen & sie hat Chirrhosiz der Leber. Morgen muß sie ins Spital & es ist fraglich, ob sich noch bei uns bleiben kann, weil sie so viel Pflege braucht. So suchen wir nach einem Heim. Für Dorothy ist das alles sehr schwer.

Carl & Karin sind wohlauf & alles geht gut. Karin steht gerne frei & versucht allein zu gehen. Sie liebt das Klavier. Wenn sie spielen hört, will sie hinkriechen & zuhören. Grosses Jammern wenn sie nicht kann.

Vorige Woche Gödel lange gesehen. Es geht ihm gut & er hatte eine lange Liste mit Fragen von flying Sancers angefangen. Wie schade, daß ich so wenig Zeit habe. Lunch mit Wigner, bes. nett. Viel über AEC, U235 usw. gesprochen. Szilards Artikel über "How to live with the Bomb" diskutiert (er liegt im Sterben). Sehr interess., aber zu gekünstelt.

Freitag (v. 8 T.) sah ich Wolfgang Somary in N.Y. Er weiss offenbar nicht, wie er die Bank entwickeln soll, sucht Verbindungen, Ideen. Es wird einige Zeit dauern. Er wurde zu sehr vom Vater gebändelt. Felix' Memoiren sind sehr interessant & zu 50% unglaubwürdig. Dabei sehr gescheit, überlegen. Was für ein merkwürdiger Mensch, viel Erfolg. Mystery Man. Somarys erwarten ein Baby. Der Bruder findet es schwer im N.Y. Musikbetrieb festen Fuß zu fassen (er möchte Dirigent sein).

Flug nach San Diego – La Jolla. Sonntag war angenehm, spazieren mit Sherwin am Meer. Man bot ihm an: Tech. Dir. bei Gen. Motors (die neue Div. for Ntl. Def.!) und bei Convair. Er schwankt, geht viell. zu Convair. Wheeler & Frau, ich & 2 Lauphier hatten Sa. Dinner. L. tritt von Convair zurück weil er sich für Symington exponiert & Eisenhower persönlich angegriffen hat. Ein mutiger Mann; falls S. gewählt wird, spielt er später eine grosse Rolle.

Die Sitzungen gingen gut. Teller war da & redete zu viel, aber oft gut. Es ist so schwer zu sehen wer recht hat. – Kissinger macht weiter Fortschritte. Im nächsten Heft der For. Affairs ist ein ganz von ihm geschriebener aber von Nelson Rockefeller gezeichneter Artikel!

Die Conv. 880 besichtigt, viele neue Sachen gesehen & gehört. Im April sollen wir eine Sitzung des ganzen Advis. Bd. haben. (Time!!) Im März zu Lockheed, die Mathematica benützen wollen; so fliege ich mit Harlan hinaus. Der Druck überall zu erscheinen, lässt nicht nach. Am 9. März soll ich den Hauptvortrag für Pangloss halten (erfreulicherweise hier in Princeton).

Do. fuhr ich mit Dorothy nach Wash. Freit./Sa. Sitzung des Arms Control Panel (leider ohne Killian; es fehlt an Konzentration). Dor. & ich lunchten Freitag bei M. Curien (Franz. Botschaft), der mit mir diskutieren wollte. Netter Mann, aber nicht klar was er wollte.

Ich war Freitag früh bei R. Adm. Raburn (Polaris Direktor), der mich bat ob ich helfen könne das P. Projekt zu beschleunigen indem ich eine Meinung des Miss. Com herbeiführen könne. Dann würde sich Gates sofort um 6 weitere Subs bewerben (vor Juli). Diskutierte das in Kistianoswki's Office & es wird sich machen lassen. Ich werde entsprechende Briefe schreiben um das einzuleiten.

Dienstag war ich in San Diego von Vice Adm. Ekstrom zum Dinner geladen. Er ist jetzt Comm. aller Luft der Navy im Pacific. Es kamen noch V. Adm. Libby (Com 1st Fleet), V. Adm. Sullivan, Com. Amphib. Forces, & R. Adm. Gentner, der ins Pentagon geht (Plaus). Alle mit Frauen. Sehr freundlich & interessant.

Nun wieder zur Univ. zurück.

Ich habe darüber mehr nachgedacht was Basel in 500 Jahren sein möge. Was man an der Univ. für Vorlesungen halten werde. Viell. lässt sich daraus etwas machen: Die Unmöglichkeit der Voraussicht.

Morgen will ich mit Drusmore eine weitere Lebensversicherung abschliessen: 50 oder 70 000,-. Es ist medizinisch gebilligt; Frage, was ich mir leisten kann. Aber ich werde mich viel, viel leichter fühlen, wenn ich weiss daß Dorothy & die Kinder diesen weiteren Schutz haben.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1959-60, Eintrag 1960-02-28
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.36)