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tagebücher / 1959-60 / 1960-07-25

Paris 25. Juli 620 p.m.

Während ich dies schreibe sind Dorothy & Carl wohl gerade im Abflug aus Orly, wo sie, von Rom kommend, eine Zwischenlandung machen sollten. Leider kann man Transitpassagiere nicht sprechen & Dorothy, die anrufen wollte, hat das wohl nicht möglich gefunden. (Kein Wunder bei dem hiesigen Tel.! Der Apparat in meinem Zimmer (Rozal Monceau) ist mindest. 40-50 Jahre alt!) Hoffentlich haben sie einen glatten Flug. Sie sollen um 915 N.Y. Time in N.Y. eintreffen & werden von Nutt abgeholt. Ich kam gestern um diese Zeit aus Rom an & fliege Mittw. nach Washington. Wir werden alle sehr froh sein wieder in P. sein zu können. Und Karin bei uns zu haben!

Rom war wunderbar. Baffi stellte uns die ganze Zeit ein Auto mit Chauffeur zur Verfügung & so konnten wir alles sehen & Carl zeigen. Wir sahen auch die neue Architektur (Nervi) & Dorothy ging sogar in die Katakomben mit. Wir waren auch in Tivoli, wo die Villa Adriana bezauberte. Carl war reizend, an allem sehr interessiert, verschlang ein Büchlein über das Forum & wir mußten nochmals mit ihm gehen, weil er "nun wisse, was er sich anschaue". Gut gegessen im "Cuco"; 3 scaliniete. E. de Wald 2 x getroffen, ebenso Kissingers, mit denen wir Sa. in der Oper waren (Aida in Th. de Caracalle). (Gesunden von Cavalli, 1st class.) 3 Pferde & 1 Camel auf der Bühne. K. war in Griechenland gewesen: Einladung vom König! Man kann immer gut mit ihm reden. Er hat einen Aufsatz in For. Aff., der meinem in Fortune sehr ähnlich ist, wie er sagt (aber nicht die Open World). Meiner wird nachgedruckt im "Execu-Five" (Harv. Bus. Sch.) & in Life (Internat.) das über 1 Mill. Auflage hat! Das wird auch dem Buche nützen.

Baffi machte mich mit Carli bekannt (Gen. Man. Bance d'Italia). Sie wollen, daß ich bei ihnen Vorträge halte, was viell. ginge. Dorothy, Carl & ich besuchten Del Vecchio, nett, lebendig wie immer. Ich schreibe etwas für seine Festschrift. F. Caffé, der Herausgeber, kam zu uns ins Hotel. Gute Diskussion; er ist jetzt Prof. in Rom, Herausgeber aller Werke von Ferrar…; ein Wunsch von Ernandi (86!, leider nicht …).

In Venedig vergass Dorothy ihre Handtasche im Motoscafo (mit Geld, Schmuck, PAA Tickets …) Carl & ich gingen zum Zug, aber unter dramatischem Geschehen wurde alles gefunden, & Dor. erreichte uns, gerade als wir abfuhren. Am Lido lernten wir Frau Dobbertin aus Hamburg kennen, deren 21jähriger Sohn ihre grosse Eisenhandelsfirma leitet (sie ist Witwe). Ebenso Conte Bellavites. Fr. D. baut ein grosses Haus in Lugano & hatte die Pläne mit, was D. sehr erfreute.

Alles war sehr gut & schön. Heute war ich bei R. Adm. D. McDonald (Saceur), dann bei D. Nierenstein, dem neuen Sc. Adv. von Nato. Mit McD. hatte ich eine lange, sehr informative Unterhaltung; bes. über Polaris & Nato Kombination.

Morgen gehe ich zu Mothes von SEMA. Möchte auch Claude Berge sehen; viell. kommt Norstad am Mittw. zurück.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1959-60, Eintrag 1960-07-25
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.36)