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tagebücher / 1960-63 / 1961-06-16

Freit. 16. Juni

Gestern in N.Y. zuerst MRCA, lange Diskussion mit Pessen, der sehr vernünftig ist. Sam ist in Minneapolis & nächste Woche in San Louis das Andit zu verkaufen (das unerhörte Kosten verursachen wird!). Toll. Jedoch werden wir Montag früh ein Exec. Com. Sitzung haben. Pessen sagt, daß viele Leute daran denken sich andere Stellungen zu schaffen, daß MRCA's Klienten zurückhalten neue Kontrakte zu machen, da sich über die Schwierigkeiten gehört haben. So ist alles kumulativ. Tate erzählte, dass selbst unter diesen Bedingungen Leute zu Meetings in Green-Briar gehen, nach San Francisco fliegen, nach Hawaii etc. Unglaubliche Mißwirtschaft; keine Kontrollen. Ich habe mich entschlossen aus der Sache herauszugehen: Ich werde MRCA aufgeben, jedoch bei Mathematica bleiben. Ich warte nur auf die Stock Übertragung.

Lunch bei Scudder, Stevens & Clark. Elegante Büros (sie haben 3 Stockwerke im neuen ITT Building) Phelps & Chase (Partners), Rubin (Boston) Swanburg & Theurkauft. Es ging sehr gut, wurde viel ausgefragte. Sie sind sehr begierig mich als Consultant zu bekommen. Ende nächster Woche werde ich von ihnen hören: ob ich retainer oder per diem wolle, wie viel Zeit ich geben könne etc. (Ich beschrieb die Schwierigkeit Zeit zuzurechnen, daß ich Capital gains wolle (sie werden mich in ihren Special Fund lassen), & Gruppenversicherung). Sie werden schon etwas anständiges vorschlagen. Mr. Rubin sah ich später zufällig auf der Strasse; er kam herbeigeeilt um zu sagen, wie interessant alles gewesen sei; etc. etc. Ich müsse Boston besuchen; ob ich nicht in Frankreich etliches erkundigen könne etc. – Also das gibt den Übergang, die Wegwendung von MRCA, wo ich nichts zustande bringe, keinerlei wiss. Arbeit leiste, daher mich auch langweile (in diesem Sinne). Bei SSC verbinde ich mein Interesse für Technologie mit Ökon. & Geldverdienen. Ich bin überzeugt, daß sich das wird weiter ausbauen lassen. Es ist jedenfalls ein ganz anderes Milieu.

Carl wollte ein Buch (Math.!!) für das Camp. Kaufte die Trachtenberg Methode. Aber er hat es in 2 Tagen schon verschlungen. Heute im Büro gab er eine Art Vorlesung darüber, die sogar Afriat verblüffte. Er stand & schrieb an der Tafel wie ein geübter Mann. Sehr klar, völlig unbefangen, besser als viele Studenten. Man konnte kaum glauben ein noch nicht 11 jähriges Kind vor sich zu haben. Dazu die gewählte, aber gar nicht gespreizte Sprache. Erstaunlich. Er wird nächste Woche das wiederholen, wenn Aumann da ist & Carl alles verdaut hat. – Wie er mir die langen Wochen abgehen wird, wenn er im Camp ist!!

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1960-63, Eintrag 1961-06-16
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.37)