4. Juli 1963
Am 30. Juni um 2.30 a.m. wieder in Princeton zurück. Dorothy war 2 ½ Wochen früher aus Frankfurt zurück geflogen. Sie holte mich in Idlewild mit Limousine ab. Ich war in Budapest unwohl gewesen & in Wien krank: para-typhus ~ Gastroenteritis. Hannchen pflegte mich liebevoll & ich war glücklich, daß ich bei ihr sein konnte und nicht in einem Hotel irgendwo lag. 19 Pfund verloren.
Einige Eintragungen anderswo über die Reise. Hier die Orte:
Spanien sehr interessant; grösster Eindruck von Greco, Toledo; ich auch Velasquez & Goya. Wir wohnten im Palace H.; assen öfter im Ritz, 2 x bei Horcher, usw. Toledo, Illescas, El Escorial, Momnuent, Segovia, La Granja, Aranjuez.
Dann nach Genf. Die Vorlesungen waren ein ziemlicher Erfolg, wie sich klar erkennen liess. Ich solle ja wiederkommen & weitere geben. Freymont ist ein intelligenter Mann. Er ist jetzt dir. v. Nestlé. Wir sprachen über Acc. & Accounting: er stimmt zu & sagte wie sich die Dir. amüsieren, wenn die offizielle Bilanz von Fortune & a. ernst genommen wird! Sic.
Dan mit Bahn nach Milano, Besichtigung des Castells, dann nach Villa Serbelloni (L. di Como) wo wir Vosslers trafen. Beide V's waren die guten Freunde wie immer; sofortiger Rapport. Sie wollen bei Castell ein Week-end Haus bauen & Dor. war begeistert es zu entwerfen. Ihr letzter Plan (in Frankfurt fertig geworden) wird wohl durchgeführt werden. Schöner Erfolg.
Später: Ich bin immer noch müde von der Krankheit. Das sehe ich, wie sehr es mich anstrengt den Fortune Aufsatz (Exzerpt) in die Wege zu bringen. [Es ist aber auch objektiv nicht einfach.] Aber es wird schon werden. Ich hatte schliesslich 18 Pfd. verloren und kann erst jetzt allmählich wieder alles essen.
Von Bellagio nach Frankfurt, wo im Hotel Hessischer Hof die List Gesellschaft ihre Tagung über Planung hatte. Von mir lag ein Aufsatz vor & ich mußte ausserdem sprechen (auch öfter in der Disk.). Salin, Beckerath, Bombach, Schneider, Krelle, Tinbergen etc. plus Industrielle wie Mommsen, Hansen (Bayer), AEG Präs., etc. Ganz gut, aber zu lang & zu viel. Predohl kam auf einige Stunden, was bes. nett war. Vosslers öfters gesehen, bei ihnen, usw. Wir waren dann mit ihnen von Prinz & Prinzessin v. Hessen nach Wolfsgarten zum Lunch eingeladen. Ein bes. schöner Tag, & beide wieder reizend. Sie zeigten uns das ganze Schloss, Raum nach Raum und sagten, wir sollen ja wiederkommen wenn wir in Europa sind.
Dann flog Dorothy nach 4 Wochen heim zu den Kindern, ich nach Wien. Hannchen ist nicht in sehr guter Verfassung: müde, etwas mit dem Herzen; aber guter Dinge. Wien machte nach Frankfurt einen sehr guten Eindruck. So wichtig, daß es (schöne) alte Gebäude gibt. Selbst in 2 Jahren hat sich das Lebensniveau gebessert. Ich sah Sagoroff, Kozlik, Kamitz etc. Mit dem Institut wird es werden, ein Gebäude bewilligt etc. Kozlik ist ein Störfaktor, aber das wird sich einrenken lassen.
Dann mit Harold Kuhn per Auto nach Budapest, Hotel Gellert; Die Conf. war ganz gut, alles aus dem Osten, später sogar Kantorowicz (der einen schwachen Vortrag hielt), plus 1 Schwede, 1 Engländer, & 4 Amerikaner. Kuhn & P. Wolfe sprachen sehr gut, Montais (Yale) übersetzte & ich hielt den letzten Vortrag (Sensitivity of Econ. Models). Ich wurde dort schon krank: einige Tage Schmerzen, keinen Appetit. In Wien kam das erst zum Ausbruch.
Der Eiserne Vorhang existiert. Schrecklich die 4 Zäune & das Minenfeld zu sehen. Dazu Wachtürme, Scheinwerfer, Maschinenpistolen. Wir wurden auch angehalten als wir uns am Rückweg der Grenze näherten aber och 20 km entfernt!!
Sehr viel zu denken gegeben. Über die Wirtschaftsform, Efficiency, Macht, Niederhaltung & die Zukunft der Systeme. Ich glaube einfach nicht, daß der Kommunismus lebensfähig ist. Sie sind einfach nicht genug efficient. Und das allein wird die Ideologie aushöhlen, ein Prozess der schon im Gange ist. (Aber das garantiert nicht den Frieden.) Mehr über dies anderswo. (Viell. schreibe ich etwas für den New Leader.)
Bes. starken Eindruck von Hochhut: "Der Stellvertreter" (über Pius XII & die Judenmorde). Ein neuer Mann, dramatische Begabung.
Die Sammlung "Spielth. & Wirtsch.th." bei Oldenbourg ist beisammen. Nur noch das Vorwort. Soll im Okt. erscheinen & bei der Buchmesse vorliegen. Die Acc. zum Druck gegeben; die deutsche Ausgabe erscheint bei Physica. Pfanzagl wird sie betreuen, was mich sehr freut.
Im Büro alles in Ordnung. Granger ist da & er, Godfrey & ich werden eine weitere Studie über die Börsenkurse anstellen. (Ich möchte MRCA oder Ma ein Investment Consulting Abteilung angliedern.)
Ma geht es gut; wir werden einen 6% Profit haben (vom Umsatz!) MRCA hat auch Profit, aber für die 2. Hälfte 63/64 viele Cancellations des Panels (der aber in Ordnung kommt). Gerade vorgestern kam ein neuer Army contract: $ 95 000,-. Das ganze nächste Jahr verkauft, mehr als 62/63. Dabei werden noch neue Sachen dazukommen.
Von Dilworth gehört. Sowohl die Chrysler-Raytheon Sache, als die Atom-Desalination unter Aktiver Betrachtung. Ich würde hören, sowie etwas konkretes zu berichten ist. Das wäre natürlich grossartig.
Lese den Bericht der RCA-AMS Gruppe über Night-Vision. Sie wollen meine Meinung.
Was für eine Freude es war die Kinder wieder zu sehen. Karin ist sehr gewachsen, viel selbständiger, tut alles allein, ankleiden etc., ist heiter, selbstbewußt, will immer lernen schreiben so wie addieren usw. Sie ist sehr hübsch. Carl ist auch gewachsen, ganz in seine Elektronik vergraben, will die nächst höhere Amateurlizenz haben; er beschäftigt sich wieder etwas mit Differentialrechnung. Er ist etwas verschlossen, viell. die ersten Zeichen der Pubertät & die damit verbundenen Störungen. Wenn er aber ein Thema anschneidet, dann kommt wieder alles zum Vorschein: das Denken, die weite Spanne seiner Interessen & die autoritäre Art, mit der er Dinge erklärt. Er geht viel Schwimmen, lernt 3 x die Woche Tennis, 1 x Klavierstunde.
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.38)





