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tagebücher / 1963-65 / 1965-05-28

Freit. 28. Mai

Zurück aus Europa; wir kamen vorgestern an, mußten lange in Frankfurt warten, aber alles ging sonst gut. Wien: grosse Feiern, viele, viele Leute. Der Umzug von der Univ. zum Dom bei schönem Wetter, sonst viel Regen. 260 Univ.s waren vertreten; die Feier im Dom sehr schön, interess. Rede des Kardinal König. (Die Kirche werde von der Wiss. bedrängt, aber das sei in der Natur der Sache; beide stünden im Dienstes des Menschen(!)). Am 11. Das Ehrendoktorat im Burgtheater. Wir sassen auf der Bühne. Der Rector, mit seiner Eingangsrede wies speziell auf mich hin (ohne Namen), daß man wieder gutmachen wollen an jenem (einzigen) der der Univ. angehört habe. Rosenkavalier (besser als im Juni), Empfang in Schönbrunn, Urfaust in der Burg. Lunch im Bristol für die Ehrendoktoren; wir sassen mit Jonas (jetzt Präs. von Öst.), Schwind & Sek. Chef Hoyer (der nun endlich die 7090 in Ordnung bringen wird).

Kamitz gab einen Lunch für uns im Palais Pallavicini, & lud uns & Hannchen z. Dinner nach Fischament. Sa. waren wir 2 bei Prinz & P. Liechtenstein zum Lunch; ganz bes. freundliche Gelegenheit. Sein Bruder, der reg. Fürst, will uns 2-3 Tage in Vaduz haben & alles selber zeigen, liegt aber im Spital in Bayern, mit einer Schiverletzung im Nacken. So ist das verschoben, ebenso wie ein geplanter Ausflug nach Sparbach wo Prinz Carl Alfred einen 900 acre Urwald beiseite gesetzt hat als Naturschutzpark. Am Sonntag fuhren wir mit Auto nach Langau wo wir in der "Kantine" sehr schön wohnten (das grosse Haus noch geschlossen & z.T. in Reparatur). Ein herrlicher Tag, noch Schnee sehr tief, er erste schöne Tag den sie hatten. Dann zurück via Mariazell wo wir kurz bei Prinzessin Nata Hohenlohe Besuch machten (ihre Schwester Elisabeth hatten wir in Wien zum Dinner gehabt).

Dann das Institut. Sehr schmerzlich. Kuratoriumsitzung, der unser Comité vorausging. Sag. bat um sofortigen Urlaub & explodierte mir gegenüber. Alles sehr schade. Ich habe die Direktion ab 1. Juli übernommen, von Sept.-Dez. in Wien. Jetzt müssen wir Wohnung finden, sehr schwer & teuer. Dort. hat etliches versucht; Carl wird in die intern. Schule aufgenommen, Karin auf der Warteliste.

Dorothy schenkte mir ein schönes Lapis Lazuli Ei (italienisch), so wie wir sie vor 2 Jahren bei Prinz Ludwig in Wolfsgarten bewundert hatten. Sehr schön. Wird auf meinem Schreibtisch sein; ein Memento für das Wr Ehrendoktorat. – Wir brachten auch das Ölbild von Morgenstern (Frankf.) heim, das ich im März gekauft hatte (eine Hafenszene; der Maler im Künstlerlexikon, Bilder im Städelschen Inst. etc. ($ 120,-). Dor. kaufte für die 100 Galerie hier etliche Lithographien & Radierungen. Sie gaben ihr Auftrag & wenn das klappt wird mehr daraus werden. Eines werden wir behalten. (Wir haben nun eine ganz respektable Sammlung.)

Dann nach Basel, wo ich über Res. Man. sprach, was zu interessieren schien. Lange Disk. mit Prof. Imhof (?), jetzt Nationalrat & Vorsitz. des Forschungsrates. Freitag mit Bombach, der mir immer besser gefällt. Prognos Sitzung. Es geht glänzend; wir zahlen 5% Div. & erhöhen das Kapital. Dinner mit den Damen bei Donati, von Hagemann gegeben. Alles ging gut, viel mit Salins gesprochen; ich hoffe er wird seine Dogmengesch. fertig machen. Schreibt eine Rez. der Beckerath Festschrift & druckt darin die besten von B's Briefen an die Autoren ab. Eine schöne Idee.

Von Basel mit Auto über Baden-Baden (Luch im herrl. Park Hotel Brenner) zu Vosslers (via Rothenburg a/T) in Castell. Sie haben ein grösseres Haus als erst geplant, z.T. schön, z.T. voller Fehler. Auf sehr engem Grund, aber man darf nicht (!) ausserhalb der Dörfer bauen. Kunst- & Landschaftsschutz in Franken. Wir sprachen uns so gut wie immer. Nächster Tag nach Bamberg (bes. die alten Textilien, die Stadt, Dom (Reiter, Synagogue etc.)) Sehr schön; sogar bezaubernd. Dann nach Schloss Pommersfelden das noch den Schönborns gehört, die aber leider nicht da waren. So gingen wir mit der Besichtigung. Unglaubliches Schloss, phantastische Treppe & Grottensaal. Nächsten Tag bei Bitta's Schwester, Fürstin Castell-Castell; am Nachmittag Tee bei Fürst Castell-Rüdenhausen. Sehr schöne Schlösser, sehr nette Leute; herrl. Bibliothek, Bilder, Möbel (Roentgen etc.). Wir freuen uns auf Wiedersehen in Wien. Am letzten Tag noch schöner Spaziergang auf dem Berg hinter ihrem Haus, wo der Turm des 12. Jahrh. des Castell'schen Schlosses noch steht.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1963-65, Eintrag 1965-05-28
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.38)