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tagebücher / 1966-68 / 1967-02-07

Di. 7. Feb. 67

Schneesturm mit Blitz & Donner. Alles steht still, aber nun, am Abend, legt er sich. Es wird 2 Tage dauern bis alles wieder klappt. Seit der letzten Eintragung so viele Ereignisse: Dorothy flog nach Paris, wegen der Palmers, & sah auch Spitzer; wohnte im Continental & auf der Rue de la Paix hatte Mühe einen Mann der sie ansprach, los zu werden! Dann zu Vosslers zu ihrer Kostüm Party, sie mit Miniskirt (aus Plastic!), black boots, schwarze Kappe etc! Dann 2 Tage in Kitzbühel Skilaufen & am 24. zu mir nach Wien ins Sacher wo wir dasselbe Zimmer hatten wie bei der 600 Jahr Feier. Ich war vorausgeflogen, hatte mit Toman & anderen zu tun, auch mit Burkhardt, der am 23. kam. Am 24. war Beiratsitz., ohne Lazarsfeld, der alles so knapp macht daß er wegen Nebel gar nicht mehr kam. Freda Pawloff hatte alles gut in den Händen & es gab keine anderen Probleme als die des Kuratoriums & des neuen Direktors. Vorher mit Toman bei Kreisky (inzwischen Vorsitz. der Soz. Dem. Partei geworden); alles blieb beim alten, aber Kolb ist endgültig draussen, & K. hat uns einen Dr Bomser angehängt, der bei näherer Besichtigung aber als Hausmathematiker & wirkl. stellv. Dir. ganz geeignet sein dürfte. Di. Abend war eine Party für mich bei den 3 Husaren: 14 Leute, sehr nett. Frisch hielt eine überschwängliche Rede (ich sei der grösste lebende Soz.wiss.(!) auch nach Rundfrage(!!)) aber wohlgemeint & quasi rührend – auch die anderen Fürst, Winter, Schebeck. Man schenkte mir eine Tischuhr (elektrisch, Angelus), viel zu teuer aber sehr geschätzt. Jetzt steht sie auf meinem Schreibtisch & erinnert mich an diesen Geburtstag.

Dorothy & ich waren einen Abend von Prinz Hanau & Frau, sowie Carl Alfred & Mr & Mrs White (Botsch.rat) in "Le Palais" zum Nachtmahl eingeladen. Nächsten Tag bei Liechtensteins zum Lunch, noch ein Neffe von C.-A. Alles sehr "gemütlich". Einige Tage vorher war ich mit C-A wegen der Elbenmühl beisammen, mit seinem Treuhänder & dann in der Fabrik wo wir auch mit den 2 Direktoren lunchten. Sie arbeiten in 3 Schichten & werden das auch tun wenn sie die neue grosse Presse bekommen. Sie wollen 49 oder 50%, d.h. etwa $ 1 Mill. Hoffentlich findet sich hier jemand. Nächste Woche nehme ich das Material zu Gumperz.

Sa. früh fuhren wir mit Bahn von C-A begleitet & von Prinzessin Agnes, Pia-Maria & einem Sohn an die gebracht. Die Fahrt war angenehm; das Wetter strahlend & so genossen wir die wirklich schöne Landschaft Österreichs. In Buchs abgeholt & dann n. Vaduz. Im Schlosshof kam der Fürst herab küsste Dorothys Hand (also kein Hofknicks wie Harold Hochschild hier gesagt hatte, nötig wäre!). In ein schönes Appartement gebracht, vom Fürsten selbst & dann Drinks & Dinner. Nach: der Erbprinz Hans Adam (der in St. Gallen studiert), seine Verlobt, Gräfin Kinsky & ein Frl Beck die die Hochzeit im Juli vorbereitet. Die Fürstin kurz, da sie mit dem kleinen Wenzel bleiben mußte, die Nurse war krank. Sehr gutes Essen, v. 2 Diener serviert. Herrliche Räume, Bilder, Silber, Gobelins, etc. etc. Unterhaltung kam bald zustande, floss leicht; Carl Alfred wollte immer wieder daß ich dies & jenes vorbrächte, an das er sich erinnerte. Viel über Kunst, Liechtenstein, die Welt. Mit dem Erbprinzen über Ökon.; ich will ihm Schriften senden; er ist sehr an Math. interessiert. So. früh gingen wir alle in die Messe, in der Schlosskapelle, dann Frühstück in einem gemütlichen Zimmer, auch mit dem Pfarrer. Dann zeigte uns der Fürst das Schloss, die Sammlungen, d.h. die Vorratsräume, mit Rafael, Rembrandt, Rubens, Maas, …! Der Leonardo war nicht da; wird etwas restauriert. (?) Denn Bellini hat er nach Italien verkauft – er sei nicht echt. Die Spitzweg u. Deutschland. In vielen Räumen auf Tischen ganze Reihen von Renaissance Bronzen, Limoges, ein della Robbia am Fußboden etc. Dabei sahen wir nur Bruchteile & man konnte die Bilder natürlich gar nicht in richtiger Perspektive sehen. Dann Spaziergang & nach Lunch fuhr uns der Erbprinz & seine Verlobt durchs Land, z.B. u. Gaflei (das ich in bester Erinnerung hatte, als bes. schönen Landschaftspunkt). Das Wetter klar, föhnig, dann nach Triesen etc. Am Abend noch Graf Attems, der in Vaduz auf Rekonvaleszens war (öst. Offizier). Langer Abend, sehr viele Gespräche, bes. zwischen dem Fürsten & mir. Sie wollten uns Mo. früh nicht fahren lassen, sollten zum Lunch bleiben. Am Mo. vormitt. fuhr uns der Fürst selbst in den Ort zur Gallerie, wo 80 flämische Gemälde ausgestellt waren. Beim Eingang ein riesiger Rubens (Decius Mus' Tod) viele andere Rubens, v. Dyke, Breughel, etc. etc. Eine grossartige Schau. Dr Wilhelm, sein Samml. Dir. war auch dabei. Als wir nach dem Lunch abreisten, waren der Fürst & die Fürsten im Schlosshof & sagten separat zu jedem von uns beiden wir sollen ja wiederkommen, sie wissen lassen wann wir in der Nähe seien usw. Es hätte nicht wärmer & freundlicher sein können. Carl-Alfred fuhr mit uns zur Bahn nach Sargauz.

Selten habe ich Dorothy so strahlend & glücklich gesehen als wir am Weg nach Basel waren. Alles war denkbar gut ausgegangen & in vieler Hinsicht war dieser Besuch ein Höhepunkt in unserer Ehe. Ich war sehr froh sie so zu sehen. Und mir war auch alles recht gewesen.

In Basel waren wir (Euler!) bei Salins zu gutem Dinner. Am Di. früh Flog Dorothy nach Princeton, von Salin & mir zum Flugplatz gebracht. Ich hatte vielerlei zu tun: Prognos, Besprech. mit Bombach, Besuch bei Baron Alexis Goldschmid-Rothschild (von Gwen Hognet arrangiert) (er ist bei der Seligman Bank), von Fürst zu Dohna besucht mit dem ich lange sprach. Er war bei Vossler's Party gewesen; kam mit Hund (Chow) will nach Thailand, US etc. Es geht ihnen gut. Sein Sohn heiratet die Schwester von Hans Adams Braut (& Th. Cornides hat die 3. Schwester vor einigen Monaten geheiratet). Wie seltsam, daß wir alle 3 Familien kennen!

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1966-68, Eintrag 1967-02-07
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.40)