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tagebücher / 1966-68 / 1967-03-27

Bluff Point, 27. März 67

Gestern, Ostersonntag, sind wir alle 4 hierher gefahren. Noch etwas Schnee, aber es taut, kein Skilaufen, was mir für die 3 leid tut, aber es war kaum zu erwarten. Vor 3 Tagen soll es noch ausgezeichnet gewesen sein.

Ich hatte viel an Plowsh. gearbeitet & werde heute & morgen diktieren. Dann wieder an d. Russ. Vorwort. Vorobe'ev wartet schon darauf. Er & Frau möchten gerne in der 1. Hälfte 68 meine Einladung annehmen & n. P. kommen. In Okt. 68 ist die 1. Russ. Spielth. Konf. in Eriwan & ich solle kommen. Das ginge gut mit Dor. Leningrad-Moscow-Yalta-Erw.-Teheran-Persepolis etc!?? – Viele Briefe diktiert, David Stern war hier (hatte einen Nervenzus.bruch, dabei ein Mann voller Ideen.), Dinner bei Bowens, wo gutes Gespräch mit M. Goldberger über Vietnam, Plowshare etc. Er ist jetzt am PSAC, wo man ein Panel über P. & eines über Landkrieg aufstellen will (er wußte nichts von Paul Henderson's und meiner Arbeit bei RCA).

Freitag auf Carl's Drängen mit Dorothy zu "Dr Zhivago". Lang, im allg. recht gut; mit vielen Regiefehlern aber doch sehr eindrucksvoll. Eine Idee von den Leiden in R. vor & nach der Revol.

Carl ist gereift, sehr gut, uns sehr zugetan, viel Fragen wie immer, manchmal ganz in sich versunken. Midterm war gut: 2.7 average; Er greift alles sofort auf, wenn ich etwas erwähne. Wir disk. Kafka & ich mußte von meiner deutschen Ausgabe allerlei erklären, das in den Übersetzungen verloren gegangen war. Bei Flaubert erwähnte ich Maughams Vorworte zu den besten Romanen; gleich aufgegriffen. Viel über Gottesbeweise; er hat ein Lesebuch darüber gekauft & verschling es usw. Dorothy ist überglücklich über ihn. Sie hatte – ganz überflüssig, wie ich ihr immer versicherte – eine Entfremdung befürchtet. Gestern bat er sie um ein neues, grösseres Bett in Lib. Pl. Also das überzeugt sie, daß unser Haus sein Heim ist! usw. Karin & er kommen gut aus. Sie ist plötzlich viel weiter gediehen. Malt viel, macht allerlei Klebearbeiten, Anschneiden etc. mit originellen Ideen.

Nun zu Plowshare.

Später:

Sa. kamen 2 Briefe von Prinz Karl Alfred: Gut daß es uns in Vaduz so gefallen hat & wir sollen ja bald wieder kommen. (So wie sein Bruder schrieb;) der Fürst dankte für die "Strat. heute" & sagte dasselbe. – Dann, sein Bruder Louis hatte eine verschleppte Nierenentzündung gehabt. – Die Elbenmühl geht weiter im Auftragsbestand. Ebenso schickte er eine Probe Landkarte vom Hölzl Verlag. Sehr guter Druck. Das werde ich Freitag Gumperz zeigen.

Neulich fiel mir ein Heft aus '41/42 in die Hände. Es ruft vieles Wach & hilft. Und erzeugt ein eigenartiges Gemisch alter & neuer Gefühle. Immer wieder staune ich über die Naivität vieler Eintragungen. Sowohl was den Stil, die Konzeption, den Gegenstand betrifft. Aber was es für eine zeitraubende Aufgabe wäre diese Notizen auf das Niveau zu bringen das sie haben sollten & das meinem Denken (manchmal) entspräche.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1966-68, Eintrag 1967-03-27
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.40)