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tagebücher / 1966-68 / 1967-04-26

Bermuda Pink Beach Club, Mittw. 26. April.

Was für eine Lücke, aber was für eine Zeit. Hier bin ich seit gestern mit Dorothy. 3 ½ Stunden von unserem Haus in P! Gestern kühl, windig, auch heute noch wechselnd. Noch nicht im Wasser gewesen. Das Cottage ganz nett, viele Rosa Häuschen, guter Park, aber nicht direkt am Meer, das wir aber sehen. Das Hotel hat einen guten Strand, wo ich 2 einsame Stunden sass & nachdachte während D. nach Hamilton gefahren ist etwas warmes für sich zu kaufen.

Die arme Schwester! Am 4. flog ich via Z. nach Wien und besuchte sie in der Poliklinik. Sie lag (& liegt) mit 3 Frauen in einem guten Zimmer, hat sehr gute Pflege, ganz still weil sonst Schmerzen, war tief gerührt daß ich kam & sprach fast unaufhörlich. Sehr Mager, aber das Gesicht lebendig, ihre Augen groß, glänzend. Voller Hoffnung, daß sie wieder in die Wohnung kann, viell. ein Mieder tragend, dann versöhnt, daß sie erst in ein Heim muß. – Die Ärzte, Dr. Grüneis, sagen daß das unmöglich ist, nie wieder in die Wohnung viell. in ein Heim (Purkersdorf?) und wieder ins Spital, falls es noch so lange dauert. Haberler (Gerhard) ist sehr pessimistisch, offenbar mehr als er mir selbst einräumte, seine Frau mehr. Gödel, den ich 2 x sah weiss auch, nicht wie das werden wird, es könne 1 Jahr dauern oder sehr schnell vorbei sein. Ich sah ihre Freunde, Ita, Frl. Boisits (die sich um die Pensionierung & alles sehr kompetent kümmert); sowie Nemschak (der unerfreulich war), Hans Wolf, sehr besorgt. R. Gödel fuhr auf 2 Wochen nach Paris aber seither haben andere ausführlich geschrieben. Sie bekommt weitere Xrays & 2 Bluttransfusionen.

Hannchen weiss nicht wie es um sie steht; manchmal eine Ahnung. So konnte ich ihr, um sie nicht zu erschrecken, nicht zu viel von meiner Liebe zu ihr. Wie kann man Abschied nehmen? Viell. lebt sie noch wenn ich im Juni wiederkomme. – Sie leidet geduldig, wird viel bewundert, ist gut betreut. – Ich sah sie natürlich häufig, aber war auch beim Institut (Toman in US) in der Wohnung (die plötzlich kalt & schäbig ausschaut), in der Bank (entnahm die Markensammlung & tat sie in ein anderes Safe etc. etc.

Sah Selten, Schneeweiss, Reichardt, Frisch, Streissler – alle eingeladen. Das Inst. hat keinen Dir. für 67/68! (Ich habe eine Idee: Swoboda aus Frankfurt). Kreisky sah mich lange; möchte mich als Präs. des Kuratoriums. Zweifle daß dies gut ist; es sollte jemand in Wien sein. Kamitz kann noch immer nicht sprechen.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1966-68, Eintrag 1967-04-26
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.40)