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tagebücher / 1968-70 / 1969-01-17

Sa. 17. Jan.

Vorgestern Steuern (1/4 extra): $ 1850,- Im Jahr fast $ 20.000,-; fast mein ganzes Univ. Gehalt. Dazu Grundsteuern etc.

Conferenz mit Heiss & Knorr wegen unserer ONR Arbeit. Knorr will April-Mai nach Japan, Indien – USSR!

Carl tel. öfter, lang, diskutiert alles mögliche. Es könnte nicht besser sein. Gestern war ich das erste Mal 1h im Büro, traf alle meine Leute, auch Quandt. Leider versäumte ich Carl, der zufällig kam als ich gerade gegangen war.

Heute war Heiss hier - & blieb z. Lunch – wir sahen uns etliche Briefmarken an. Er nahm den Band Liechtenstein & Deutschl. mit & wird versuchen in N.Y. einen Preis zu erfragen. Er sollte netto ˜ $ 1200,- bringen – eine Vermutung.

Mit dem containment wieder etwas Fortschritt. Viel gelesen: Lawr.-Oppenh. (der auch dort als intellektueller Snob herauskommt – was er war) L. ist auch nicht sehr sympathisch.

Wichtige Dinge nicht bemerkt hier: Der Mondflug – eine phantastische Präzisionsleistung nebest allem anderen. Ferner die erste Synthetisierung eines Enzymes. Ich glaube von grosser Tragweite (selbst industriell, z.B. wenn es gelingt chemische ind. Reaktionen so schnell zu machen wie es der Körper tut) als der Mondflug. Unabsehbare weitere Welt.

Gestern waren beide Gerschenkron hier (er dieses Jahr am Institut). Er wenig verändert; gute, weitgespannte Unterhaltung. Ein sehr gebildeter Mann. Er erinnerte sich wie er mich das erste Mal im Hans Mayers Pro-seminar 1924 gesehen hat, als ich hinausgerufen wurde & dann ein Diagramm aufzeichnete was damals – in Wien! – ein Novum war. Ich kann mich nicht ans erste Zus.treffen erinnern, wohl aber an viele andere. So kenne ich nun in Princeton Machlup seit 1922, G. seit 1924, Gödel etwa seit 1930. Die Zeit ist sicherlich vergangen!

Es ist seltsam, & traurig, an Wien zu denken & zu wissen daß nun auch Hannchen nicht mehr da ist; noch die Wohnung, aus der schon etliches abgewandert ist, & bald auch wird sie nicht mehr sein. Das Klavier gab ich der Kirche. Die Biedermeier Möbel, etl. Bücher, die Perser Teppiche, die Empire Uhr usw. sollten bald geschickt werden.

Unser Haus ist ausgemalt & Tapeziert, (noch: das grosse Schlafzimmer), alles sehr schön geworden. Dorothy hat erlesenen Geschmack.

Später mehr.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1968-70, Eintrag 1969-01-17
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.41)