OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1970-71 / 1970-08-04

Di. 4. Aug.

Von Wien n. Frankfurt zu Vosslers – gut wie immer. Mit ihnen nach Lembach wo wir ihre Schwester sahen (der Graf starb vor 2 Jahren) & den Sohn Otto Sohns-L. der mit einer der 3 Wittgenstein Schwestern verheiratet ist (eine hat Moritz v. Hessen geheiratet, dem jetzt Wolfsgarten gehört). Dann bei einem Singspiel: Der Apotheker (Haydn?), Karin hat sehr gefallen und sich wieder so gut & schnell eingefügt. Vosslers waren "quite taken with her". Wir wohnten im Hessischen Hof.

Von F. nach Schönstein zu Hatzfeld. Ein grosses Schloß, schwarz-gelbe Fahne, da er da war; Wir hatten schöne Zimmer, alles feines Mobiliar, Bilder, Dosen, etc, kurz wie es sich gehört. Viel Personal. So. war Weihe einer neuen Kirche, mit Bischof und allem. Seltsame Zeremonie, vom Weihwasser angefangen bis zum Besprenkeln des Altars & dann Feuer am Altar (alle 4 Ecken & Mitte) um den "heiligen Geist" herbeizurufen. Man sollte das nicht für möglich halten. Dann Messe.

Später n. Schloss Crottorf, das ihm auch gehört (plus 8000 ha. Wald); dort heiratet nächstens seine Schwester. Vieles war im Stadium der Reparatur. Hermann ist dort aufgewachsen. Es gibt einige 100 Zimmer. Es gehört ihm noch eine Burg, die auch bewohnt ist.

H. ist sehr intelligent, bes. nett. Im Sept. kommt er wieder auf einige Wochen nach P. Er will seine Diss. über Becher fertig machen & hofft ich werde sein "Doktor Vater" sein. H. war von Karin ganz eingenommen; sie war dort wie zu Hause.

Ich flog dann nach N.Y., Dorothy mit Karin nach Wien – Langau, wo sie Karin bei Betty Loram liess & nach 2 Tagen nach P. kam. Inzwischen ist Gwen auch in Langau. Es geht ihr schlecht; hoffnungslos, aber in L. soll sie sich wohler fühlen wie wir von Hilda v. Rothschild hörten, die wir bald wieder in Vermont besuchen werden. Sie verkauft ihren Besitz & übersiedelt in d. Schweiz, behält viell. ihre Wohnung in Boston.

Gödel sprach ich: er ist scheinbar völlig hergestellt. Klage kaum, war heiter, sein Geist Kristall klar. Er hat Arbeiten abgeschickt, bes. sein hochwichtiges Resultat über die Continuum Mächtigkeit (…). Ich kann gar nicht sagen wie sehr ich mich freue daß es so gekommen ist. Möge es so bleiben.

Viel Arbeit mit der Shuttle Studie. – Nächste Woch n. Wash. z.T. Nasa, z.T. wegen Cost Overruns. Ich will mich aber vor allem auf die Vorlesungen in NYU konzentrieren; sie sollen ganz neu gemacht werden.

Viele Ideen; aber wo ist die Zeit zur Ausarbeitung? So gibt es Notizen über Notizen & ich weiss kaum wo ich sie hin tun soll.

Lese C. Reid "Hilbert". Gut. Was für ein Bild der grossen Zeit in Göttingen. Die Freundschaft mit Minkowski –. Hätte ich doch im Gymnasium einen guten Lehrer gehabt!! Ich dachte damals, im Kern, an so viele Dinge aus denen etwas hätte werden können. Aber es niemand da, der mir half. Auch niemand unter den Mitschülern, obwohl einige begabt (Leipen; ob er noch lebt? angeblich nach Mexico??).

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1970-71, Eintrag 1970-08-04
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.42)