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tagebücher / 1970-71 / 1970-10-31

Sa. 31. Okt.

Es ist ein fortwährendes Hin & her, sowohl im Ort als in Gegenständen. Es wäre gut eine Wohnung in N.Y. zu haben.

Mo. nach der Vorlesung ging ich mit Dor. zu einem "Empfang" im öst. Gen. Consulat. Es war kläglich; der öst. Botschafter zur UN war gut (er erinnerte sich an eine Disk. die ich in den 30'er Jahren(!) in Wien mit jungen Diplomaten hatte, wo ich sagte, daß Roosevelt nicht verstünde wie man Inflation macht, die sie machen sollten). Nachher Dinner in La Grenouille (xxx) eines der besten das wir je hatten, so wie Père Bise, La Baumanière, auch gute Bedienung, viele Blumen (natürl. teuer, aber man bekam für das Geld). Wir hatten einen sehr schönen Abend & kamen spät aber vergnügt nach Hause.

Di. wieder Dinner (ich) bei Georgiades & dann zu Kagann (ein Grad Stud.) wo auch Cartter war (Chancellor of NYU). Gestern wieder in N.Y. G ? Vorles. da ich Mo. nicht lese. Morgen nach Texas – nicht bes. gerne, obwohl ich die Leute mag. Aber: 2 x über Acc, 1 x Thünen, 1 x Condorcet, 2 x über Austr. School & viell. 1 Vortrag über Shuttle. Ich muß noch meine Notizen zus.suchen.

Das Buch ist nun ausgeliefert. Ich habe bisher 3 Exemplare – eines Georgiades gegeben, 2 nehme ich nach Texas mit. Der Druck ist zu klein & eng, d.h. viel auf einer Seite (~ 300), aber es schaut gut aus. Ich werde viele Exemplare kaufen müssen da ich so viele Verpflichtungen habe.

Carl tel. wieder, alles in Ordnung; ich war im Courant Inst. Dort würde er viel mehr lernen. Ulam ist interessant, aber distant.

Gestern lange mit Gödel beisammen, der viel besser ausschaut als je. In guter Stimmung, nur bedrückt wegen der Krankh. seiner Frau. Viel über Israel – das er gar nicht mag, auch wieder über seine Arbeiten, die neuen Bücher über ihn etc. – Ich schlage ihn übrigens in NYU für einen h.c. vor & bekomme schon Papiere zum ausfüllen. Es sollte dort gehen; die Trottel in Princeton haben das 3 Mal abgelehnt, so sehr ich drängte. Ein Skandal erster Ordnung.

Sonst schaut es übel aus.

Am 22. schrieb ich Kissinger, dass … hohe Wahrscheinlichkeit daß die VN Armee einen Putch gegen Thien-Ky macht & sich mit Vietcong & NVN vereinigt. – Die NY Times hat meinen Aufsatz (noch) nicht gebracht, obwohl für vorige Woche versprochen. Ich glaube was ich sagte ist selbst ihr zu unbequem, noch dazu jetzt vor den Wahlen.

Man denke: es gibt etwa 750 Mill. Analphabeten in der Welt. Was für eine Kluft sich auftut, zwischen den Spitzen & diesen.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1970-71, Eintrag 1970-10-31
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.42)