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tagebücher / 1971-72 / 1972-06-17

Sa. 17. Juni.

Wieder zu Hause aus Paris. Dorothy ist in Wien, fährt morgen nach Vitznau, Park Hotel wo auch Di. Hochschilds hinkommen, die heute n. Paris fliegen. Ich kam Do., gestern lange in Ma, noch müde (heute besser, aber keine Arbeitslust).

Paris war gut. Wieder im Queen Elisabeth Hotel. Dorothy kam 2 Tage nach mir, noch etwas leidend, aber dann jeden Tag besser. Wir erfreuten uns aneinander; in jeder Hinsicht ungetrübt. Viel gegangen, gut gegessen und!: wir kauften eine Hose (Empire-Directoire): ~ $ 200,- und fanden ein schönes, kleines Bild v. Drachovicz (den ich vor Jahren schon mochte): $ 500,- ein Gemälde wie ein Breughel. Das Bild sprang in die Augen, sowie ich in die Gem.handlung trat. (Er malt mit einer Lupe im Auge; er soll sehr viel Anklang finden). Total verschieden von Mathien, der leider nicht da war, aber nett schrieb; er hat Schmerzen in einem Bein. Die Brosche will er Anf. Juli entwerfen.

Viel mit Eldo- & Ma Snecma zu tun. Do. L. mit Blancard (& Heisse, Honnean, Picton) in dem eleganten Hause B's. Er ist ein hohes Tier; wir sollen ihm helfen. Nun müssen wir das Gespräch fortsetzen. Dann eine elegante Party die Causse für mich & Heiss gab; er hatte sogar Leute (wie den Phys. Levy, Math … Bond) eingeladen die mit Eldo nichts zu tun haben usw.

Die Eldo Conf. (über den "Tug") ging gut. Nach mir sprach Heiss, der ausgezeichnet war. Lebhafte Diskussion. Lunch mit Aubinier, Causse, Hoffmann.

Am Sa. früh Dorothy – herzl. Wiedersehen. Lunch im Ritz (Espalon) – So. im Bois de Boul., Rest Grande Cascale, schöne Spaziergänge.

Mo: Ma-S. & viel Gerede über deren Mangel an "Management". Cobb setzte ihnen sehr zu (er ist tüchtig & intelligent).

Am Abend ein Dinner für Homeau & Pintow ganz nett aber überflüssig. Dorothy kam, sonst Cobbe, M. Davis, H. Kuhn, Balinski.

Dorothy & ich gingen viel zu Fuß, auch in die Notre Dame, usw. Ich nahm an einer Sitzung der Académie teil, sah Fourastié, Rueff & R. Roy der mit Frau zu uns darauf zum Tee kam (Ein erstaunlicher, bewundernswerter Mann mit dem ich mich wieder sehr gut sprach).

Mlle Ribaud von Dunod kam & brachte viele Rezensionen des Buches, das am besten aus der ganzen Cournot Serie geht (1800 Exemplare in ˜ 5 Monaten). Man will wieder einen Film von mir machen & ein franz. Producer soll angeblich nach P. kommen –.

Kuhn zeigte mir ein Unesco Program wonach Vorobe'ev in Paris sei einen Vortrag über Differential Gs zu halten. Statt ihm kam aber Hvilkas ins Hotel zu unserer Überraschung. Man hat V. die Ausreise 2 Tage vor der Abfahrt verboten! H. sagt V. habe viele Feinde. Er werde selbst wohl im Dez. kommen können, mit Warsch. fast 1! (Ich habe ihn nach NYU eingeladen).

Dor. flog Mittw. Abend n. Wien; ich rief sie Do. an: im Sacher, alles gut, von Agnes eingeladen (A. sagt Karl Alfred sei in schlimmer Verfassung –), von Schwödianers etc. Erzherzogin Rosemarie aus Persenbeug wird uns im Okt-Nov. (nach Vosslers) einige Zeit hier besuchen (das erfreut Harold sehr!).

Am letzten Abend speiste ich mit Cobb & Hvilkas. Am p.m. hatte ich eine lange & gute Unterredung mit M. Ravaud, dem neuen Chef der Snecma (.. Notiz f. Ma ); das wird uns sehr geholfen haben.

Heimflug: 474: sehr besetzt. In Orly wurde ich in die 1. Klasse geschickt, ohne weitere Zahlung. Warum ich, nicht klar. Aber sehr willkommen.

Karin ist reizend, kocht gut, alles sehr schön gemacht. Sie wächst sichtlich auf. Carl angerufen; er wird doch in Wien am Institut 3 Vorträge über Logik halten!

Vor der Abreise mit ihm & Gödel bei der Conf. im Institut (25. Jahre v. N.): die Conf. mässig. Die bei weitem tiefsten Bemerkungen von Gödel gemacht. Ulam murmelte, Kaysen war flach, Dana Scott ganz interess. Las L. Klein's Beitrag; ganz an der Oberfläche, schade.

Gödel spricht gerne & viel mit Carl. Z.B. über seine Kosmologie. Er fragt immer nach ihm (& nach Dorothy & Karin). Gestern ein sehr langes tel. Gespräch: Wang geht auf einige Wochen nach China & sein MS geht zum Drucker. So muß Kurt dieser Tage seinen letzten Beitrag fertig machen (über Turing etc.) Er will mir ein Xerox aller seiner Beiträge geben. Das wird eine interess. Lektüre werden.

Heute las ich Samuelson's Nobel pr. Rede: ein Skandal.

In Paris L. mit Dorothy in Brass. Lipp. Wir hatten bei Guitton eingeladen. Sehr animiert. Er versucht mich auf einige Zeit an die Sorbonne zu bringen.

Es ist Abend. War kurz bei einer Cockt.party bei Agles. Alle fragten besorgt nach Dorothy.

Das Auto ist noch nicht da; viell. Mo. Di. nach N.Y; wir sind schon nach Tisch Hall übersiedelt. Es wird wie Tag & Nacht sein.

Jetzt fühle ich mich schon viel besser. Morgen ernstlich an die Arbeit. zuerst den Abstract für Kyklos. Dann etliches für die Warschau Conf. (Gerry war hier gewesen. Vieles vorwärts gebracht. Wir müssen tel. (da er nach Dartmouth muß) & sehen uns erst in Warschau.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1971-72, Eintrag 1972-06-17
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.43)