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tagebücher / 1972-73 / 1973-06-01

Freitag 1. Juni

Heute Mittag mit Dorothy telephoniert. Sehr erfreut, alles gut. Ich kann es kaum erwarten heimzukommen (Morgen, Abflug Air F. 10 am. an NY 1315).

Viel los hier. Gestern kam Georges Mathien z. Dinner, brachte sein neues Buch & die Brosche! Mir gefällt sie ausnehmend. Nach dem Buch gemacht, mit einem 2farbigen Turmalin. Hoffentlich wird sie Dorothy gefallen. Sie ist ganz einzigartig & das ist mein Geschenk für sie zu unserem 25. Hochzeitstage – nächste Woche. Sie fragte am Tel. danach, aber ich drückte mich herum. Sehr gute Unterhaltung mit Mathien. Er wollte in bar bezahlt werden (6000,- ffrs, das habe ich via Ma Smecma gelöst ~ $ 1365,-. Ich glaube es ist ein schönes Geschenk. Karin schickte ihm eine ihrer plastischen Kompositionen; sie gefiel ihm offenbar. Er griff sie immer wieder auf sie zu studieren. Fragte nach Dorothy's Architektur & n. Carl auch. ; Mathien hat in Berlin eine Bartok Oper inszeniert, offenbar ein grosser Erfolg. Sie geht auch in andere Städte. Mathien denkt viel; manche gute Analyse unserer Zeit. Entsetzen über den moralischen Verfall.

Viele, viele Vorträge gehört. Viel Detail, manche allg. Bemerkungen. Ich mußte eine kurze Disk. der Grundgedanken der Spielth. geben. Das führte zu vielen Kommentaren. Heute wieder in der Schlußsitzung apostrophiert als "grosser Ökonom" usw. Was ist bloss los mit den Leuten. Dabei sind hier nicht weniger als 9 Nobel Laureals. Übrigens Edelman gefällt mir sehr. Ebenso Dr Fessart, ein grosser Brain-expert neben dem ich am Ehrentisch in der Spiegelgallery sass, wo ein grosses Bankett war (Piaget, Bertrand & … bekamen den Preis) Trafanel Lichnerowicz usw. Sokolev ist hier. Viele gute, sehr freie, Gespräche. Ein bedeutender Mathematiker. Andere wieder sagten mir sie hätten mich in TV & im Film über Johnny gesehen. Es ist schon fast peinlich.

Bei de Jouvenel, der die 13 pts übersetzen lässt & in Prospective bringen wird. Gab mir Buch, etc. Er hat schwache Stimmte & gealtert. Perroux nicht in Paris. Rueff kam z. Lunch. Auch Mlle Ribauf (Dunot), die eine andere Stellung wünscht.

Das Amer. Comité hat getagt. Angeblich bin ich Vize-Präs. Brouck bedauert daß ich noch nicht im Century Club bin. Cournand auch hier.

Überwältigt von dem was man über das Gehirn hört. Unvorstellbare Probleme & Komplexität. Führt letzten Endes auf Fragen der Philos. & zwar sehr tief.

Später mehr. Ich bin saturiert mit Vorträgen, Diskussionen. Habe viele Notizen gemacht, auch bes. für den Wiener Vortrag.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1972-73, Eintrag 1973-06-01
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.44)