|
Soziologie in Österreich |
|
|
||||
|
|
||||||
|
|
||||||
|
|
||||||
|
|
|
|
|
Geschichte |
Adam
Heinrich Müller seit 1826: Adam Heinrich Müller Ritter von Nitterdorf geb. Berlin, Mark Brandenburg, Königreich Preußen (heute Land Berlin, Deutschland), am 30. Juni 1779 gest. Wien, Erzherzogtum Österreich unter der Enns, Kaisertum Österreich (heute Bundesland Wien, Österreich), am 17. Januar 1829 Diplomat, Philosoph, Staats- und Wirtschaftswissenschaftler Adam Heinrich Müller war der Sohn von Wilhelm Heinrich Müller (1750–1818), Sekretär und Kalkulator beim Kurmärkischen Oberkonsistorium und später Hofrentmeister, sowie dessen Ehefrau, der Bürgermeistertochter Anna Sophia Henriette Müller, geborene Pahl (1752–1885). Sein verwitweter Vater heiratete 1785 die Pastorentochter Caroline Wilhelmine Dorothea Cube (1756–?). Adam Heinrich Müller besuchte zunächst die Königliche Realschule und ab 1795 das Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin, wo er 1798 die Reifeprüfung ablegte. Über Anraten seines Freundes Friedrich Gentz (1764–1832) studierte Adam Heinrich Müller seit April 1798 Diplomatik an der Universität Göttingen (Niedersachsen), wo er seine Studien im März 1801 beendete. Im März 1801 nach Berlin zurückgekehrt, veröffentlichte Adam Heinrich Müller im Dezember 1801 seine erste Schrift. Nach Ablegung der Referendarprüfung wurde er am 16. November 1802 Referendar bei der Kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer in Berlin. Im Herbst 1803 ließ er sich beurlauben, und am 14. Januar 1805 wurde er auf sein Gesuch hin aus dem preußischen Staatsdienst entlassen. Im Spätherbst 1803 reiste Adam Heinrich Müller auf das Gut Pozarowo (heute Pożarowo, Polen) seines Freundes Sigismund Alexander von Kurnatowski (1778–1858) in der damaligen Provinz Südpreußen, wo er 1803 bis 1804 private Studien betrieb. Zu dieser Zeit lernte er auf dem benachbarten Rittergut Lewitz in Birnbaum (heute Lewice in Międzychód, Polen) seine spätere Frau kennen, Sophie von Haza-Radlitz, Ehefrau des Landrats Peter Boguslaus von Haza-Radlitz (1770–1817). 1804 übersiedelt Müller auf deren Gut, wurde zunächst Deputierter (Sekretär) im Dienste der »Königlich Südpreußischen Ökonomischen Societät« in Birnbaum und schließlich als Hofmeister Erzieher der Kinder des Ehepaars von Haza-Radlitz. Vom 9. Februar bis 30. April 1805 besuchte Adam Heinrich Müller auf dessen Einladung seinen Freund Friedrich Gentz in Wien. Am letzten Tag seines Aufenthaltes, am 30. April 1805, trat er in der Churkapelle zu St. Stefan in Wien vom Protestantismus zum Katholizismus über. Über Breslau (heute Wrocław) nach Lewitz (heute Międzychód, Polen) zurückgekehrt, übersiedelte Adam Heinrich Müller im Oktober 1905 mit der Familie von Haza-Radlitz nach Dresden (Sachsen). Hier begann er im Januar 1806 mit seinen privaten Vorlesungen und lernte unter anderem Heinrich von Kleist (1777–1811) kennen, dessen »Amphitryon« er 1807 herausgab. Die mit Heinrich von Kleist sowie den Militärs Otto August Rühle von Lilienstern (1780–1847) und Ernst von Pfuel (1779–1866) 1807/08 geplante Gründung einer eigenen Buch-, Karten- und Kunsthandlung »Phönix« scheiterte an der behördlichen Ablehnung des Unternehmens. In dieser finanziell kritischen Situation erhielt Müller 1807 eine Stellung beim Herzog und späteren Großherzog Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach (1757–1828) als Hauslehrer für Staatswissenschaft des Prinzen und späteren Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar-Eisenach (1792-1862). Für diese Tätigkeit verlieh der Herzog Müller am 11. August 1808 den Titel eines Herzogl. Sachsen-Weimarischen Hofrats. Dass Müller mit seiner Stellung als Erzieher und Privatgelehrter unzufrieden war, zeigen seine Anfragen betreffend seine Chancen auf eine Professur in Jena (Thüringen) im März 1808 und in Göttingen (Niedersachsen) im Mai 1808. Vom Januar bis Dezember 1808 gab Adam Heinrich Müller (zuständig für Philosophie und Kritik) gemeinsam mit Heinrich von Kleist (Poesie) und dem als Herausgeber ungenannt gebliebenen Maler Ferdinand Hartmann (1774–1842; bildende Kunst) die Zeitschrift »Phöbus. Ein Journal für die Kunst« (Dresden) heraus. Daneben war er 1808 bis 1809 Mitarbeiter an der von Otto August Rühle von Lilienstern herausgegebenen Zeitschrift »Pallas. Eine Zeitschrift für Staats- und Kriegskunst« (Tübingen). Diese Aktivitäten Müllers waren auch dadurch bedingt, dass Peter Boguslaus von Haza-Radlitz im November 1807 das Scheidungsverfahren gegen seine Frau Sophie wegen Ehebruchs mit Adam Heinrich Müller einleiten ließ. Auf Vermittlung Heinrich von Kleists und unter Verzicht Sophies auf ihre sechs Kinder (Adam, Jeanette Elisabeth, Gustav Georg Alexander, Eduard Karl, Albert Ludwig und Eleonore Luise) sowie auf sämtliche vermögensrechtlichen Ansprüche wurde die Ehe im November 1808 geschieden und sie lebte seither bei Müller. Im April 1809 wurde der Krieg zwischen Frankreich und Österreich begonnen, bei welchem das rheinbündische Sachsen aufseiten Napoleon I. (1769–1821) stand. Am 11. Juni wurde Dresden vorübergehend von Österreichern besetzt, und Müller arbeitete offen mit der österreichischen Stadtkommandantur zusammen. Als die Österreicher die Stadt am 30. Juni 1809 wieder räumten, wurde Müller als Kollaborateur verhaftet, über Intervention von Johann Adolf Freiherrn von Thielmann (1765–1824) wieder freigelassen und als Ausländer aus Dresden polizeilich ausgewiesen, wobei Müller sein gesamtes Vermögen in Dresden zurücklassen musste. Adam Heinrich Müller flüchtete mit seiner Geliebten nach Berlin, wo sie bei seinem Vater Wilhelm Heinrich Müller wohnten. Hier heiratete er am 6. August 1809 die Generalstochter Caroline Sophie von Taylor, geschiedene von Haza-Radlitz (Dölzig, Großherzogtum Posen [heute Dolsk, Polen] 26. März 1775 – Wien 23. November 1849). Aus dieser Ehe stammten zwei Töchter: Marie Cäcilie Isidore Kunigunde (seit 1826: von) Müller, verheiratete Endlicher (Berlin 27. Oktober 1810 – Wien 7. Januar 1864 Wien), und Marie Caroline Josepha Beatrix (seit 1826: von) Müller, verheiratete Edle von Pilat (Wien 19. Oktober 1811 – Wien 16. Juli 1879). Der Tochter Cäcilie Müller widmete ihr Taufpate Heinrich von Kleist seine Erzählung »Die heilige Cäcilie oder die Gewalt der Musik« (1810). Adam Heinrich Müller bemühte sich nun um eine feste Anstellung im preußischen Staatsdienst und brachte im September 1809 seinen Vorschlag zur Gründung einer »Preußischen Chronik oder Preußischen Hof- und National-Zeitung« ein, dem allerdings kein Erfolg beschieden war. Im August 1810 ersuchte er offiziell um eine Anstellung im preußischen Staatsdienst, erhielt jedoch zunächst nur das schon im Mai bewilligte, allerdings beachtliche Wartegeld von 1.200 Reichstalern für ein Jahr. Vom 1. Oktober 1810 bis 30. März 1811 erschien die von Heinrich von Kleist herausgegebene Zeitung »Berliner Abendblätter« (Berlin), zu deren engsten Mitarbeitern Müller zählte. In dieser Zeitung trug Adam Heinrich Müller seinen Kampf gegen die Finanzpolitik des im Juni 1810 zum preußischen Staatskanzler bestellten Karl August Freiherrn (seit 1814: Fürsten) von Hardenberg (1750–1822) aus, woraufhin der König am 18. November 1810 die strengste Zensur über die »Berliner Abendblätter« verhängte. Ebenfalls im November 1810 bewarb sich Müller um die Stelle eines Kanzlers der Universität Frankfurt am Main (Hessen), was aber im Januar 1811 abgelehnt wurde. Am sogenannten Krönungstag, am 18. Januar 1811, gründete Adam Heinrich Müller gemeinsam mit seinem Freund Achim von Arnim (1781–1831) die konservative »Christlich-deutsche Tischgesellschaft«, und im Februar 1811 erschien in den »Berliner Abendblättern« eine Anzeige über die demnächst erscheinende, von Müller herausgegebene Zeitung »Staatsanzeigen«, deren Erscheinen dann jedoch von der Zensur unterdrückt wurde. Im Mai 1811 wurde Müller neuerlich ein Wartegeld von 1.200 Reichstalern zugesprochen, zugleich wurde er vom Staatskanzler Karl August Freiherrn von Hardenberg zur geheimen Berichterstattung nach Wien entsandt. Ende Mai 1811 kam Adam Heinrich Müller mit seiner schwangeren Frau Sophie und seiner Tochter Cäcilie in Wien an, wo er seinen Dienst als Spitzel von Karl August Freiherrn von Hardenberg antrat. Hier, wo er auch seinem alten Freund und Förderer Friedrich Gentz wieder begegnete, wurde er zunächst von Erzherzog Maximilian Joseph von Österreich-Este (1782–1863) finanziell großzügig unterstützt. Im August 1811 bemühte sich Müller um die Wiederaufnahme seiner Vortragstätigkeit, was jedoch scheiterte. Im Salon von Caroline Pichler, geborene von Greiner (1769–1843), traf Müller unter anderem Joseph Freiherrn von Hormayr (1782–1848), bei dessen Zeitschrift »Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst« (Wien) er danach regelmäßig mitarbeitete. Bereits im Oktober 1811 ersuchte Adam Heinrich Müller um seine Rückberufung nach Berlin, was jedoch abgelehnt wurde, ebenso sein Gesuch vom April 1812 anlässlich des Ablaufs seiner Pension, doch wurde ihm stattdessen ein drittes Mal ein Wartegeld in der Höhe von 1.200 Reichstalern ausbezahlt. Im Mai und Juni 1812 hielt Müller seine erste Vorlesung in Wien, zugleich seine letzte Vorlesung vor öffentlichem Publikum überhaupt. Im Oktober 1812 versuchte Müller mit Hilfe von Erzherzog Maximilian Joseph von Österreich-Este und unter geplanter Mitwirkung des Redemptoristenpaters Klemens Maria Hofbauer (1751–1820) die Gründung eine Erziehungsanstalt für adelige Knaben, »Maximilianeum« genannt, doch scheiterte die für Februar 1813 geplante Eröffnung an der verweigerten behördlichen Genehmigung. Joseph von Eichendorff (1788–1857), der 1812 sein juristisches Studium an der Universität Wien abschloss, lebte im Winter 1812/13 bei Adam Heinrich Müller gleichsam als Kostgänger. Der mit der Organisation des Aufstands von Tirol gegen die Franzosen befasste designierte Ober-Landeskommissar für Tirol Leopold Anton Roschmann von Hörburg (1777–1830) holte im Juli 1813 Adam Heinrich Müller als Adjutanten zu sich. Ende August 1813 reisten beide von Wien ab, durch die Steiermark nach Kärnten, wo sie in Klagenfurt (heute Klagenfurt am Wörthersee / Celovec ob Vrbskem jezeru) das Hauptquartier des Befehlshabers des Heeres von Innerösterreich, Johann Freiherr von Hiller (1748–1819), bezogen. Anschließend ging es weiter nach Lienz (Osttirol), wo Müller an der Aushebung von Truppen beteiligt war. In dieser Zeit kam Adam Heinrich Müller auch nach Niederndorf (Tirol), welches er später in seinen Adelstitel aufnehmen wollte. Müller, nunmehr k. u. k. Landkommissär und tirolischer Schützenmajor, war vom 27. September bis 1. Oktober 1813 an den Kämpfen in Tirol beteiligt. Unmittelbar nach dem Einzug Leopold Anton Roschmanns von Hörburg in Brixen (heute Brixen / Bressanone, Italien) begründete er die Zeitung »Der Bote von Tyrol« (seit 26. Oktober 1813: »Der Bote von Südtyrol«) (Brixen, dann Bozen, dann Trient, dann Innsbruck), als dessen Herausgeber und weitgehend alleiniger Autor Müller vom 2. Oktober 1813 bis April 1815 fungierte. Als es Anfang Dezember zum Aufstand im bayerischen Teil Tirols kam, reisten Leopold Anton Roschmanns von Hörburg und Adam Heinrich Müller am 19. Dezember 1813 nach Innsbruck, wo österreichische Truppen gegen die Aufständischen vorgingen, und halfen, die bayerischen Machthaber wieder in ihr Amt einzusetzen. Danach begaben sie sich nach Trient (heute Trient / Triente, Italien), welches zum Sitz der provisorischen Landesbehörde für das italienische und illyrische Tirol wurde. Müller, der als provisorischer Referent bei der Landeskommission noch immer ohne fixes Einkommen war, ließ sich im April 1914 mit seiner nachgeholten Familie in Trient nieder. Als nach den Gebietsausgleichsverhandlungen mit Bayern am 26. Juni 1814 ganz Tirol zu Österreich kam, übersiedelte die Landeskommission von Trient nach Innsbruck, wo sich Adam Heinrich Müller mit seiner Familie nun niederließ. Im August traf Müller mit der Tiroler Landes-Huldigungs-Deputation in Wien ein, wo er auch an der kaiserlichen Audienz vom 16. August 1814 teilnahm. Nach seiner Rückkehr nach Innsbruck arbeitete er als Chef des Polizeibüros im Rang eines Regierungsrats und ersten Referenten in allen Organisationsangelegenheiten Tirols. Erst im April 1815 wurde Müller auf Anordnung von Clemens Wenzel Lothar von Metternich (1773–1859) nach Wien zurückberufen. Nach einer zweimonatigen Wartestellung in Wien wurde Adam Heinrich Müller am 12. Juni 1815 von Clemens Wenzel Lothar von Metternich in den Stab der Staatskanzlei berufen, um am bevorstehenden Feldzug gegen Napoleon I. teilzunehmen und darüber in in- und ausländischen Zeitungen zu berichten sowie andere Druckwerke und Proklamationen zu verfassen. Am 13. Juni 1815 reiste Müller als Legationsrat in das kaiserliche Hauptquartier nach Heidelberg (Baden-Württemberg). Er nahm im Juni und Juli als Kriegsberichterstatter am dreiwöchigen Feldzug gegen Napoleon I. teil, wobei dann in Paris seine bisherige Tätigkeit endete. Müller, der sich vom 14. Juli bis 17. September 1815 in Paris aufhielt, wurde auf Initiative von Clemens Wenzel Lothar von Metternich im Juli 1815 der Titel eines k. k. Regierungsrats bei der k. k. Geheimen Haus-, Hof- und Staatskanzlei (einschließlich des entsprechenden Einkommens) verliehen. Müller, der in Paris auch den Ökonomen Jean-Baptiste Say (1767–1832) traf, wurde am 27. August 1815 von Kaiser Franz I. (1768–1835) zum Generalkonsul in Sachsen ernannt. Am 26. September 1815 traf Adam Heinrich Müller in Leipzig (Sachsen) ein, wo er zunächst als bloßer Privatmann leben musste. In dieser Zeit schloss Müller auch Kontakt mit dem Buchhändler Friedrich Arnold Brockhaus (1772–1823). Erst am 18. Januar 1816 erhielt Müller das kaiserliche Anstellungsdekret als Generalkonsul des Kaisers und des Finanzministers, unterstellt Clemens Wenzel Lothar von Metternich und Philipp Grafen von Stadion (1763–1824). Im April 1816 begann Müller mit österreichischer Unterstützung die Herausgabe der Zeitung »Deutsche Staats-Anzeigen« (Leipzig), die er bis Mai/Juni 1818 publizierte. Vom 22. Juli bis 3. August 1818 hielt sich Adam Heinrich Müller zur Berichterstattung bei Clemens Wenzel Lothar von Metternich in Karlsbad (heute Karlovy Vary, Tschechien) auf. Hier lernte er Herzog Ferdinand Friedrich von Anhalt-Köthen (1769–1830) kennen, der Müller an seinem Hof als österreichischen Gesandten wollte. Nach der Ermordung des Schriftstellers und russischen Generalkonsuls August (seit 1785: von) Kotzebue (1761–1819) durch den Theologiestudenten und Burschenschafter Karl Ludwig Sand (1795–1820) am 23. März 1819 entwarfen Adam Heinrich Müller, Friedrich Gentz und Clemens Wenzel Lothar von Metternich ein Konzept zur Knebelung der Universitäten. Vom 31. Juli bis 2. September 1819 weilte Müller erneut in Karlsbad, um an den Karlsbader Ministerialkonferenzen als Vertrauensmann von Metternich in Universitätsfragen teilzunehmen. Auf seine Ideen gehen auch die Karlsbader Beschlüsse über die Bestellung von Universitätskuratoren und die Säuberung (»Epuration«) der Lehrstühle von liberalen Professoren zurück. Am 30. August 1819 hatte Müller eine Unterredung mit Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832). Am 4. Oktober 1819 wurde auf Grundlage eines Konzepts von Adam Heinrich Müller in Wien die erste Sparkasse (»Erste österreichische Spar-Casse«) eröffnet. Am 12. Oktober 1819 ernannte Clemens Wenzel Lothar von Metternich Adam Heinrich Müller, unter Beibehaltung seiner Stellung als Generalkonsul, zum k. k. Geschäftsträger bei den Herzoglich Anhaltischen und Fürstlich Schwarzburgischen Höfen, wobei er seinen Sitz in Leipzig beibehielt. Damit war er vom Handelsvertreter zum Diplomaten avanciert, was auch eine Gehaltserhöhung bedeutete. Noch im Oktober stellte er sich an den Herzoglich Anhaltischen Höfen in Ballenstedt am Harz, Köthen (Anhalt) und Dessau (alle Sachsen-Anhalt) vor, im November an den Schwarzenbergischen Fürstenhöfen in Rudolstadt und Sondershausen (alle Thüringen). Vom Januar bis Mai 1820 war Müller in Wien, um an der Konferenz zur Hebung des deutschen Fabriks- und Handelsstandes teilzunehmen, und wo er Friedrich List (1789–1846) kennenlernte. Am 16. Juni 1820 provozierte Herzog Ferdinand Friedrich von Anhalt-Köthen (1769–1830) auf Anraten Müllers einen Zollkonflikt mit Preußen, wofür der Herzog Müllers Frau und ihren beiden Töchtern am 1. März 1823 eine Leibrente von jährlich 800 Talern bis an ihr Lebensende aussetzte. Als Clemens Wenzel Lothar von Metternich im Oktober 1820 Müllers Aufsatz »Die innere Staatshaushaltung; systematisch dargestellt auf theologischer Grundlage« kritisierte, beschloss Müller, keine staatswissenschaftlichen Studien mehr zu schreiben. Wegen seines Engagements gegen die preußische Elbe-Schifffahrtspolitik wurde Müller vom Juli bis August 1821 nach Wien zur Berichterstattung berufen, wo ihn Metternich am 11. August neuerlich maßregelte. Allerdings begleitete er im Oktober 1821 Clemens Wenzel Lothar von Metternich auf dessen Reise von Borna (Sachsen) nach Halle an der Saale (Sachsen-Anhalt). Seit 1823 begann sich Adam Heinrich Müller entgegen der Empfehlung Metternichs verstärkt in die Kirchenpolitik einzumischen, als deren Ziel er die katholische Einheit Europas betrachtete. Dazu kam noch seine engagierte Ablehnung der preußischen Zollpolitik. Im Oktober 1824 erhielt Müller nach einer Beschwerde Preußens eine Weisung von Clemens Wenzel Lothar von Metternich, die ihm jede Einmischung in die Zollpolitik zwischen Anhalt-Köthen und Preußen untersagte. Im November 1825 teilte Müller Friedrich Gentz seinen Wunsch nach einer Nobilitierung mit. Als im Januar 1826 der bereits am 24. Oktober 1825 vollzogene Übertritt Herzogs Ferdinand Friedrich von Anhalt-Köthen zum Katholizismus bekannt wurde, lastete man diesen Schritt dem Einfluss Adam Heinrich Müllers an, wodurch sich seine Situation in Leipzig deutlich verschlechterte. Daran änderte die Tatsache wenig, dass Müller durch das Adelsdiplom vom 28. Januar 1826 vom Kaiser in den österreichischen Ritterstand erhoben wurde; das von Müller gewünschte Adelsprädikat »von Niederdorf« wurde in »von Nitterdorf« abgeändert, da er keinerlei Realbeisitz in diesem Tiroler Ort im Pustertal hatte. Vom Juli bis September 1826 erschien die offiziell von seinem Substituten Karl Eduard Goldmann (1798–1863) herausgegebene, wesentlich von Adam Heinrich Müller getragene katholische Zeitung »Leipziger unpartheiischer Literatur u. Kirchen-Correspondent« (Leipzig), die seit ihrer Nummer 14 vom September bis Dezember 1826 unter dem Titel »Leipziger katholischer Literatur u. Kirchen-Correspondent« (Leipzig) erschien. Wegen der heftigen Angriffe gegen seine Person fühlte sich Adam Heinrich Müller gesundheitlich erschüttert und bat um Urlaub, der ihm gewährt wurde. Im September 1826 verließ er mit Frau und Kindern beinah fluchtartig Leipzig. Im Oktober 1826 kehrte Adam Heinrich Müller mit seiner Familie nach Wien zurück. Obwohl er ursprünglich bereits im Dezember 1826 nach Leipzig zurückkehren wollte, zögerte er seine Abreise hinaus. Über sein Ersuchen und gemäß preußischem Wunsch wurde er über Vermittlung von Friedrich Gentz und auf Vortrag von Clemens Wenzel Lothar von Metternich am 22. November 1827 offiziell als Generalkonsul für Sachsen sowie als Geschäftsträger bei den Herzoglich Anhaltischen und Fürstlich Schwarzburgischen Höfen abberufen. Als Ersatz erhielt er gleichzeitig den Titel wie Charakter eines k. k. wirklichen Hofrats, doch wurde ihm zunächst ein Staatsposten vorenthalten. Erst über nochmaliges Ersuchen Metternichs wurde Müller im Dezember 1827 in den außerordentlichen Dienst bei der k. k. Geheimen Haus-, Hof- und Staatskanzlei gestellt. Seine Hauptaufgabe bestand nunmehr in schriftstellerischer Tätigkeit für die Zeitung »Österreichischer Beobachter« (Wien). Außerdem ermöglichte ihm die im Mai 1828 erfolgte Ausbezahlung von 7.500 Gulden durch den Staat die Bezahlung der enormen Schulden, welche er in Leipzig hinterlassen hatte. Vom Juli bis August 1828 hielt sich Müller in Leipzig auf, um seine Amtsgeschäfte zu übergeben. Auf der Rückreise nach Wien Mitte August 1828 erlitt er einen Schlaganfall, von dem er sich jedoch rasch wieder erholte. Am 16. Januar 1829 erreicht Müller die Nachricht, dass sein Freund Friedrich von Schlegel (1772–1829) vier Tage vorher in Dresden verstorben war, und am 17. Januar 1829 die Nachricht vom Tod der zweiten Frau von Clemens Wenzel Lothar von Metternich. Schwer erschüttert erlitt Müller einen zweiten Schlaganfall, von dem er sich nicht mehr erholte. Adam Heinrich Müller starb noch am 17. Januar 1829 in Wien an einem »Nervenschlag«. Er wurde am 19. Januar 1829 am Friedhof von Maria-Enzersdorf (Niederösterreich) beigesetzt. Bereits im Januar 1830 plante die Witwe Sophie von Müller die Herausgabe der gesammelten Schriften ihres Mannes, wofür sie Friedrich Gentz zu gewinnen suchte, der allerdings selbst 1832 verstarb. Erst 1839 erschien der erste und einzige von Sophie von Müller herausgegebene Band. Ihm folgte noch 1857 die allerdings stark zensurierte Ausgabe des Briefwechsels zwischen Friedrich Gentz und Adam Heinrich Müller, besorgt von der anonym gebliebenen Tochter Marie von Müller, verheiratete Edle von Pilat.
Copyright © 2013 Reinhard Müller, Graz |