Die Tante Jolesch oder Der Untergang des Abendlandes in Anekdoten.
München–Wien: Langen Müller 1975 (= Gesammelte Werke in Einzelausgaben. 8.), S. 61.
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Zum Beispiel gehört zu Herrn Buchsbaums unversöhnlicher Wirtschafterin die Köchin Fanny, gleichfalls aus Böhmen stammend (wie seinerzeit der überwiegende Großteil österreichischen Hauspersonals) und viele Jahre lang in der Familie meines Freundes Hans Zeisel ein nicht wegzudenkendes Faktotum. Fannys Starrsinn war von wesentlich gutmütigerer Art als der ihrer Kollegin Karolin'. Er äußerte sich hauptsächlich darin, daß sie unter allen Umständen das letzte Wort behalten mußte.
Als ich einmal von einem längeren Spaziergang mit Freund Hans zu ihm nach Hause kam, antwortete Fanny auf die übliche Frage, ob in der Zwischenzeit etwas los gewesen sei:
»Die Freilein Bademacher hat ang'rufen und laßt ausrichten, daß sie morgen nicht kommen kann.«
»Dankeschön, Fanny«, sagte Hans. »Es ist mir sehr wichtig, das zu erfahren. Die Dame heißt übrigens [Lotte] Rademacher.«
Fanny zuckte die Achseln:
»Mir hat's g'sagt Bademacher.«
Von allen jemals behaltenen letzten Worten dürfte dieses das behaltenste sein.