Hans Zeisel
das ist bis 1938 Hans Zeisl
geb.
Kaaden, Böhmen (heute Kadaň, Tschechische Republik), am 1. Dezember 1905
gest. Chicago, Illinois, am 7. März 1992
Soziologe und Rechtswissenschaftler, Beteiligter an und Autor des
Anhangs der Marienthal-Studie

1930
Hans Zeisl war der
Sohn des Rechtsanwalts Otto Zeisl (1875–1940),
der bereits seit 1906 eine Anwaltskanzlei in Wien unterhielt, und seiner Ehefrau Elsa,
geborene Frank (1881–1975), sowie Bruder von
Ilse Zeisel (1909–1999).
In Wien
besuchte Hans Zeisl das Gymnasium. Nach der Matura
1923 studierte er Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität
Wien, wo er 1927 zum Doktor der Rechte (Dr. jur.) und 1928 zum Doktor
der Staatswissenschaften (Dr. rer. pol.) promoviert wurde. Während des
Studiums trat er der
»Sozialdemokratischen
Arbeiterpartei«
(SDAP) bei und arbeitete später auch als Sportreporter der
»Arbeiterzeitung.
Zentralorgan der österreichischen Sozialdemokratie«
(Wien). Zeisel, der zunächst in der Rechtsanwaltskanzlei seines Vaters
arbeitete, war seit Oktober 1931 leitender Sekretär und vom September
1933 bis Januar 1935 interimistischer Leiter der
»Österreichischen
Wirtschaftspsychologischen Forschungsstelle«
in Wien. In diese Zeit fällt auch seine Mitarbeit beim
Projektteam der
Marienthal-Studie, für die der damals Sechsundzwanzigjährige
vor allem als
Fotograf arbeitete und auch den soziographischen Anhang
verfasste. Er war es auch, der seine Schwester
Ilse Zeisl zum Marienthal-Projektteam brachte. 1935 wurde
Hans Zeisl Konsulent und Marktforscher der tschechoslowakischen
Schuhfirma »Bata«
in Zlín (Jihormoravský Kraj). Anschließend arbeitete er 1936 bis 1938
als Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei in Wien.
Im März 1938
emigrierten Eva und Hans Zeisl nach London, einige Monate später weiter
in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo Hans Zeisel 1944 US-amerikanischer Staatsbürger wurde.
1938
heiratete in London Hans Zeisl
die aus Budapest gebürtige Künstlerin, Keramikerin und
Industriedesignerin Éva Amália Striker, verheiratete Weissberg (1906–2011).
Aus dieser Ehe stammen zwei Kinder: Jean Zeisel (geb. 1940),Schauspielerin
und Kinderbuchautorin (unter dem Pseudonym »Jean Richards«) in New York
(New York), und John Zeisel (geb. 1944), Soziologe und Spezialist für die
Behandlung von Alzheimer, Mitbegründer und President der »Hearthstone
Alzheimer Care, L(imi)t(e)d.« in Lexington (Massachusetts).
1940 bis 1943 war Hans Zeisel Bediensteter des Department
of War in Washington (D. C.). Außerdem arbeitete er 1941 als
Marktforscher für »Benton
and Bowles«
in New York und war 1942 Mitarbeiter des von
Paul Felix Lazarsfeld (1901–1976) gegründeten und geleiteten
Bureau of Applied Social Research (damals noch Office of Radio
Research) in
New York. 1943 lehrte er als Instructor in Economics and Statistics an
der Rutgers University in New Brunswick (New Jersey). Von 1943 bis 1951
arbeitete Zeisel als Angestellter der »McCann-Erickson
Advertising Agency«
in New York: seit 1943 als Director of Research and Development, seit
1949 als Director of Research.
Gleichzeitig war er 1949 bis 1951 Director of Research des Tea Council
of the United States in New York und 1951 bis 1953 Lecturer an der
Columbia University Graduate School sowie an der New School for Social
Research in New York.
Erst spät begann Hans Zeisel seine universitäre Karriere.
1953
übersiedelte er nach Chicago (Illinois), wo er seit 1953 Professor of
Statistics, Law and Sociology an der University of Chicago School of Law
in Chicago war und 1974 emeritierte. Gleichzeitig fungierte er seit 1964 als Chairman of the
Board der Marplan, 1972/73 als Fellow der National Science Foundation am
Federal District Court in Chicago, 1972 bis 1975 als Fellow des National
Institute of Mental Health und Director of Research des Vera Institute
of Justice.

Selbstständige
Publikationen von Hans Zeisel
● (Hans Zeisl [später:
Hans Zeisel; mit
Marie Jahoda-Lazarsfeld [später: Marie Jahoda &
Paul Lazarsfeld])
Die Arbeitslosen von Marienthal. Ein soziographischer Versuch über die Wirkungen langdauernder Arbeitslosigkeit.
Mit einem Anhang: Zur Geschichte der Soziographie. Bearbeitet und herausgegeben von der Österreichischen Wirtschaftspsychologischen
Forschungsstelle. Leipzig: Hirzel
1933 (= Psychologische Monographien. Herausgegeben von
Karl Bühler.
5.), IX, 115 S.
● Say it
with figures. With an introduction by
Paul F[elix] Lazarsfeld.
New York, N.Y.: Harper & Row 1947 (= Publications of the Bureau of
Applied Social Research, Columbia University.), xvii, 250 S.
● (Mit Harry
Kalven jr.&
Bernard
Buchholz) Delay in the court. A University of Chicago Law School
Study in judicial administration. Boston, Mass.: Little, Brown 1959,
xxvii, 313 S.
● (Mit
Thomas Callahan) Split trials and time-saving: A statistical analysis.
Chicago, Ill.: [Chicago University Law School 1963] (= Chicago
University Law School. Reprint and Pamphlet Series. 15.), S. 1606–1625.
Zuerst in: Harvard Law Review (Chicago, Ill.), 76. Bd.
(Juni 1963), S. 1606–1625.
● (Mit Harry Kalven jr.)
The American jury. With
the collaboration of Thomas Callahan and Philip Ennis.
Boston, Mass.–Toronto: Little, Brown 1966, xi, 559 S.
● Some data
on juror attitudes towards capital punishment.
Chicago, Ill.: University of Chicago Law School, Center for Studies in
Criminal Justice 1968, 52 S.
● The race
question in American immigration statistics.
[New York, N.Y.: Social Research] 1969; 7 S. Umschlagtitel:
U.S.-emigration and immigration. Zuerst unter dem Titel »The race
classification in U.S. immigration statistics« in: Social Research (New
York, N.Y.), 16. Bd. (1949), S. 222–229.
● (Mit Ingrid Frassine &
Karl Piska) Die Rolle der Schöffen in der österreichischen
Strafgerichtsbarkeit. Wien: Institut für Höhere Studien 1970 (= Institut für Höhere Studien und Wissenschaftliche Forschung.
Forschungsbericht. 47.), 87 S.
● The death
penalty and the insanity defense.
Chicago, Ill. / Buffalo, N.Y.: Law School, University of Chicago / Hein
1978 (= Occasional papers from the Law School, the University of
Chicago.
14.), 8 S.
● (Mit Gerhard Casper)
Der Laienrichter im Strafprozeß. Vier empirische Studien zur
Rechtsvergleichung. Herausgegeben und eingeleitet von Gerhard Casper und
Hans Zeisel. Heidelberg–Karlsruhe: Müller Juristischer Verlag 1979
(= Motive, Texte, Materialien.
6.), 185 S.
● The
limits of law enforcement. Foreward by Edward H[irsch] Levi.
Chicago, Ill.: University of Chicago Press 1982, xvi, 245 S.
● Franz Kreuzer: Die
Ohnmacht der Henker. Franz Kreuzer im Gespräch mit Hans Zeisel und
Christian Broda.
Wien: Deuticke 1986, 83 S.
● (Mit
David Kaye) Prove it with figures; empirical methods in law and
litigation, with a foreword by Jack B. Weinstein. New York, N.Y.:
Springer 1997 (= Statistics for social science and public policy.),
xxiii, 353 S.

Eine
Druckwerksammlung von Hans Zeisel befindet sich im
Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich, Graz.

Über und Texte von
Hans Zeisel auf dieser Website
● Zeisl, Hans: Zur
Soziographie der Arbeitslosigkeit, in: Archiv für Sozialwissenschaft und
Sozialpolitik (Tübingen), 69. Bd., Nr. 1
(April 1933), S. 96–105:

● [Institut
für Demoskopie Allensbach – Gesellschaft zum Studium der öffentlichen
Meinung mit beschränkter Haftung: Korrespondenz zur 2. Auflage von »Die
Arbeitslosen von Marienthal«. Allensbach 1958–1971], unpaginiert (22 S.); Maschinenschrift, teilweise mit handschriftlichen Anmerkungen:

● Hans Zeisel als Fotograf für die Marienthal-Studie:

● Torberg, Friedrich (1908–1971):
Die Tante Jolesch
oder Der Untergang des Abendlandes in Anekdoten.
[München]: Langen Müller
1975, S. 61:

● Virtuelles Bildarchiv
»Marienthal«, Marie Jahoda & Paul F. Lazarsfeld & Hans Zeisel: Bildersammlung:

● Große Chronik von
Gramatneusiedl, Marienthal und Neu-Reisenberg:

● Bilder:
Die Marienthal-Studie:

● Das Projektteam der
Marienthal-Studie:

Bildarchiv:

© Reinhard Müller
Stand:
August 2013
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