Karl Bühler
seit 1940: Karl
L(udwig) Buhler
geb.
Meckesheim, Baden (heute Baden-Württemberg), am 27. Mai 1879
gest. Los Angeles, California, am 24.
Oktober 1963
Psychologe
1927
Karl Bühler, Sohn des
Eisenbahnbediensteten Ludwig Bühler und seiner Ehefrau Berta Bühler,
geborene Emmerich, besuchte das Gymnasium in Tauberbischofsheim
(Baden-Württemberg), wo er 1899 das Abitur ablegte. Seit 1899 studierte
er Medizin an der Universität Freiburg in Freiburg im Breisgau
(Baden-Württemberg), wo er 1903 zum Doktor der Medizin (Dr. med.) wurde.
Er wurde Assistent beim Physiologen
Johannes
Adolf von Kries
(1853–1928) an der Universität Freiburg und praktizierte einige Jahre
als Arzt. Daneben setzte er seine Studien fort und wurde 1904 an der
Universität Straßburg (Elsass; Strasbourg, Alsace) im Fach Psychologie
zum Doktor der Philosophie (Dr. phil.) promoviert. Weitere Studien an
den Universitäten Würzburg (Bayern) und Berlin folgten. 1907 an der
Universität Würzburg (Bayern) für Philosophie habilitiert und seither
Privatdozent sowie Assistent des Psychologen und Philosophen Oswald
Külpe (1862–1915), dem er 1909 an die Universität Bonn
(Nordrhein-Westfalen) folgte, wo Bühler außerplanmäßiger Professor am
Institut für Psychologie wurde. Als Külpe 1912 an die Universität
München (Bayern) berufen wurde, folgte ihm Bühler ein Jahr später und
baute hier seit 1913 das Psychologische Laboratorium auf. 1914 zum
Kriegsdienst eingezogen, diente Bühler als Sanitätsoffizier an der
Front, zuletzt im Rang eines Hauptmanns, wurde aber als Vertretung des
ebenfalls einberufenen Külpe nach München zurückbeordert und 1915 zum
außerordentlichen Professor der Psychologie ernannt.
Karl Bühler heiratete
1916 die Studentin
Charlotte Malachowski
(1893–1974).
Aus der Ehe stammen zwei Kinder: Ingeborg Bühler (geb. 1917)
und Rolf Dietrich Bühler (1919–1984), Weltraumforscher.
1918 bis 1922 war Karl
Bühler ordentlicher Professor der Philosophie und Pädagogik an der
Technischen Hochschule Dresden (Sachsen).
1922 kam Karl Bühler
nach Wien, wo er 1922 bis 1938 ordentlicher Universitätsprofessor der
Philosophie und Psychologie an der Universität Wien war, deren
Psychologisches Institut er begründete. Bühler, übrigens
Dissertationsvater von
Marie Jahoda
(1907–2001), wurde 1931 auch Präsident der als Verein gegründeten »Österreichischen
Wirtschaftspsychologischen Forschungsstelle«, welche sein
enger Mitarbeiter
Paul Felix Lazarsfeld
(1901–1976) wissenschaftlich leitete und in deren Rahmen unter anderem
die
Marienthal-Studie durchgeführt wurde.
Im März 1938 von den
Nationalsozialisten in »Schutzhaft« genommen, nach sechseinhalb Wochen
freigelassen und zwangspensioniert, emigrierte Karl Bühler im Oktober
1938 nach Oslo, wo er eine kurze Gastprofessur hatte, und 1939 in die
Vereinigten Staaten von Amerika, deren Staatsbürgerschaft er später
annahm. 1939 bis 1940 war er Professor of Psychology am College of Saint
Scholastica in Duluth (Minnesota) und 1940 bis 1945 am College of Saint
Thomas in Saint Paul (Minnesota), unterbrochen von einer kurzen
Lehrtätigkeit an der Clark University in Worcester (Massachusetts).
1945 bis 1963 betrieb
Bühler eine Privatpraxis in Los Angeles (California).
Daneben
war er bis 1955 Assisting Clinical Professor of Psychiatry an der
Medical School of the University of Southern California in Los Angeles
und bis 1963 Consulting Psychologist am Cedars of Lebanon Hospital in
Los Angeles.
Karl Bühler,
der wegweisende Studien auf den Gebieten der Denk- und Willens-, der
Gestalt-, Kinder- und Tiefenpsychologie sowie zur Systematisierung der
Sprach- und Ausdrucksphänomene verfasste, und seine Frau
Charlotte Bühler (1893–1974) gelten heute als die prägenden
Figuren des Psychologischen Instituts der Universität Wien in der
Zwischenkriegszeit.

Selbstständige
Publikationen von Karl Bühler
● Studien über
Henry Home. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der philosophischen
Doctorwürde der philosophischen Fakultät der Universität Straßburg.
Bonn: Bach 1905, 85 S. Zugleich Philosophische Dissertation, Universität
Straßburg 1904.
● Tatsachen und Probleme
zu einer Psychologie der Denkvorgänge. I: Über Gedanken.
Leipzig: Engelmann 1907, 69 S. Zugleich Philosophische
Habilitationsschrift, Universität Würzburg 1907.
Mehr nicht erschienen.
● (Bearbeiter)
Geschichte der Erforschung und
Fürsorge des jugendlichen Schwachsinns. Psychologie, Physiologie und
Anatomie des normalen Kindes. Entwicklung des Gehirns. Ursachen des
Schwachsinns. Bearbeitet von Karl Bühler, H[einrich] Klose, Heinrich
Vogt und Wilhelm Weygandt. Jena: Fischer 1911 (= Handbuch
der Erforschung und Fürsorge des jugendlichen Schwachsinns unter
Berücksichtigung der psychiatrischen Sonderzustände im Jugendalter.
Herausgegeben von Heinrich Vogt und Wilhelm Weygandt. 1.),
VI, 194 S.
● Die
Gestaltwahrnehmungen. Experimentelle Untersuchungen zur psychologischen
und ästhetischen Analyse der Raum- und Zeitanschauung. Band 1: Die
Gestaltwahrnehmungen.
Stuttgart: Spemann 1913, VIII, 297 S. Mehr nicht erschienen.
● (Herausgeber)
Münchener Studien zur Psychologie und
Philosophie, herausgegeben von Oswald Külpe und Karl Bühler.
Stuttgart: Spemann 1914–1920, 5 Bände:
1. Band: Richard
Pauli: Über eine Methode zur Untersuchung und Demonstration der Enge
des Bewußtseins sowie zur Messung der Geschwindigkeit der
Aufmerksamkeitswanderung. 1914, S. 1–36.
2. Band: Carl Rath:
Über die Vererbung von Dispositionen zum Verbrechen. Eine statistische
und psychologische Untersuchung. 1914, S. 37–138.
3. Band: Karl
Gerhards: [Ernst] Machs Erkenntnistheorie und der Realismus. 1914, S.
139–296.
4. Band: Jakob Segal:
Über das Vorstellen von Objekten und Situationen. Ein Beitrag zur
Psychologie der Phantasie. Eine experimentelle Untersuchung. 1916, S.
298–495.
5. Band: Alois Mager:
Die Enge des Bewußtseins. Eine experimentell-psychologische
Untersuchung. 1920, XX S. und S. 498–655.
● Die geistige
Entwicklung des Kindes.
Jena: Fischer 1918, XVI, 378 S.
● (Bearbeiter) Hermann
Ebbinghaus: Grundzüge der Psychologie. 1. Band. 4. Auflage
bearbeitet von Karl Bühler. Leipzig: Veit 1919, XX, 791 S. Zuerst
Leipzig 1902.
● Abriß der
geistigen Entwicklung des Kindes.
Leipzig: Quelle & Meyer 1919 (= Wissenschaft und Bildung. 156.), 154 S.
● (Herausgeber) Oswald Külpe: Vorlesungen über Psychologie.
Herausgegeben von Karl Bühler.
Leipzig:
Hirzel 1920, VIII, 304 S.
● Handbuch der
Psychologie. Band 2: Die Strukturen der Wahrnehmung. Heft 1: Das
Erscheinungswesen der Farben.
Jena: Fischer 1922, X, 209 S. Mehr nicht erschienen.
● (Herausgeber) Bericht über den VII. Kongreß für Experimentelle
Psychologie in Marburg vom 20. bis 23. April 1921, im Auftrage der
Gesellschaft für Experimentelle Psychologie herausgegeben von Karl
Bühler. Jena: Fischer 1922, IV, 192 S.
● (Herausgeber) Bericht über den VIII. Kongreß für Experimentelle
Psychologie in Leipzig vom 18. bis 21. April 1923, im Auftrage der
Gesellschaft für Experimentelle Psychologie herausgegeben von Karl
Bühler. Jena: Fischer 1924, IV, 216 S.
● (Herausgeber) Bericht über den IX. Kongreß für Experimentelle
Psychologie (der Gesellschaft für Experimentelle Psychologie, Göttingen)
in München vom 21. bis 25. April 1925, im Auftrag der Gesellschaft für
Experimentelle Psychologie herausgegeben von Karl Bühler. Jena:
Fischer 1926, IV, 250 S.
● (Herausgeber)
Psychologische Monographien.
Herausgegeben von Karl Bühler.
Leipzig: Hirzel 1926–1933, 5 Bände:
1. Band:
Alexander Willwoll: Begriffsbildung, eine psychologische Untersuchung.
1926, XII, 147 S.
2. Band: Elsa Köhler:
Die Persönlichkeit des dreijährigen Kindes (Annchen). 1926, IX, 240 S.
3. Band:
Charlotte Bühler: Kindheit und Jugend. Genese des
Bewußtseins. 1928, XX, 307 S.
4. Band:
Charlotte Bühler:
Der menschliche Lebenslauf als psychologisches Problem. 1933, XVI, 328
S.
5. Band:
Marie Lazarsfeld-Jahoda /
Hans Zeisl:
Die Arbeitslosen von Marienthal. Ein
soziographischer Versuch über die Wirkungen langdauernder
Arbeitslosigkeit. Mit einem Anhang: Zur Geschichte der Soziographie.
Bearbeitet und herausgegeben von der Österreichischen
Wirtschaftspsychologischen Forschungsstelle.
1933, IX, 115 S.
● Die Krise der
Psychologie.
Jena: Fischer 1927, XV, 223 S.
● Ausdruckstheorie. Das
System an der Geschichte neu aufgezeigt.
Jena: Fischer 1933, VIII, 244 S.
● Die
Axiomatik der Sprachwissenschaften.
Berlin: Pan-Verlagsgesellschaft 1933, S. [19]–90. Separatabdruck aus:
Kant-Studien, Bd. 38 (1933).
● Sprachtheorie. Die
Darstellung der Sprache.
Jena: Fischer 1934, XVI, 434 S.
● Die Zukunft
der Psychologie und die Schule.
Wien–Leipzig: Deutscher Verlag für Jugend und Volk [1936] (= Schriften des
Pädagogischen Institutes der Stadt Wien. 11.), 29 S.
● (Mit
Charlotte Buhler [d.i. Charlotte Bühler] / D[avid] Welty
Lefever) Development of the basic Rorschach score with manual of
directions.
Revised.
[Los Angeles, Calif.: ohne Verlagsangabe] 1949 (= Rorschach
standardization studies. 1.), ix, 189 S.
● Das
Gestaltprinzip im Leben des Menschen und der Tiere. Bern–Stuttgart:
Huber 1960 (= Enzyklopädie der Psychologie in Einzeldarstellungen. 5.),
105 S.
● Die Uhren
der Lebewesen, und Fragmente aus dem Nachlaß.
Herausgegeben
und mit einer Biographie versehen von Gustav Lebzeltern unter Benützung
von Vorarbeiten von Hubert Razinger.
Wien–Köln–Graz: Böhlau 1969 (= Sitzungsberichte. Österreichische
Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse. Band 265.
3. / Veröffentlichungen der Kommission für Geschichte der Erziehung und
des Unterrichts. 10.), 220 S.
© Reinhard Müller
Stand:
April 2006
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