Ulrike Zimmerl
Der Industriekonzern der Creditanstalt in Niederösterreich. Eine Darstellung an ausgewählten Beispielen der Textil- und Metallbranche bis 1945
in Peter Melichar, Ernst Langthaler, Stefan Eminger (Hg.): Niederösterreich im 20. Jahrhundert. Band 2: Wirtschaft. Wien: Böhlau 2008, S. 345–374, hier S. 356.
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[…] In anderen Fällen gelangten die Geldinstitute über Unternehemn, an denen sie bereits beteiligt waren, in den Besitz von Kapitalanteilen. So gingen etwa die Anteile der Boden-Credit-Anstalt an der Pottendorfer Spinnerei und der Felixdorfer Weberei 1929 auf die Creditanstalt über. Beide Textilunternehmen gehörten zum Mautner-Konzern29, der seit 1905 in einem Naheverhältnis zur Boden-Credit-Anstalt stand und dessen Aktienmajorität ab den 1920er Jahren aufgrund der hohen Verschuldung von dieser gehalten wurde. Im Zuge der Übernahme der Boden-Credit-Anstalt durch die Creditanstalt musste letztere die Neuordnung des Mautner-Konzerns im Verein mit der Prager Živnostenská banka durchführen […].
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29 Der Mautner-Konzern war das größte Textilunternehmen des Donauraums. 1921 wurde der Hauptsitz des Unternehmens von Wien nach Prag verlegt, wo die erste Dachgesellschaft des Konzerns, die Textilwerke Mautner AG, residierte. Ende der 1920er Jahre umfasste der Konzern 31 Fabriken mit knapp 9000 Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen, u.a. in der Tschechoslowakei, in Ungarn, Österreich (Vereinigte österreichischen Textilwerke AG, Pottendorfer Baumwollspinnerei, Felixdorfer Weberei und Appretur AG, Trumau-Marienthal AG, Knüpfteppichindustrie Banyai AG), Rumänien und Jugoslawien. Mitte der 1920er Jahre war der Konzern bei seinen Hausbanken stark verschuldet (ca. 55–60 Millionen Schilling), wofür Präsident Isidor Mautner aufgrund verschiedener Fehlentscheidungen verantwortlich gemacht wurde. Im Herbst 1928 erzwangen die Banken seinen Rücktritt und ebneten damit den Weg für eine grundlegende Revision der Geschäftspolitik. Weber, Krach, S. 451–455.
[Anmerkung R.M.: »Weber, Krach«, ist Fritz Weber: Vor dem großen Krach. Die Krise des österreichischen Bankwesens in den zwanziger Jahren. Habilitationsschrift, Universität Salzburg 1991, 2 Bände, hier Bd. 2.]