Soziologie in Österreich |
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Geschichte |
Eduard Winter geb. Grottau (heute Hrádek nad Nisou), Kronland Böhmen, Österreich-Ungarn (heute Liberecký kraj, Tschechien), am 16. September 1896 gest. Berlin, Hauptstadt der DDR, Deutsche Demokratische Republik (heute Land Berlin, Deutschland), am 3. März 1982 Universitätsprofessor, Historiker und Soziologe von den Nationalsozialisten als Angehöriger des sogenannten Spannkreises geführt Vater: Schuhmacher, später Grundbuchbeamter und Kanzleiverwalter Mutter: Verkäuferin Geschwister: Ehe: am 27. Februar 1941 mit Maria Kögl (28. Juni 1910 – Berlin Januar 1976), später Mitarbeiterin von Eduard Winter Kinder: 1) Gunda Winter (geb. Prag ‹Praha› 21. November 1940); 2) Brigitte Winter (geb. 1943); 3) Renate Winter (geb. 1944); 4) Eduard Winter (geb. 1945) Religion: römisch-katholisch Eduard Winter besuchte die Volksschule in Sankt Sebastiansberg (Böhmen; heute Hora Svatého Šebestiána, Tschechien) und des Obergymnasiums in Böhmisch-Leipa (Böhmen; heute Česká Lípa, Tschechien), wo er 1915 die Reifeprüfung ablegte. Sein Gesuch, sich 1914 als Freiwilliger zum Kriegsdienst in der österreichisch-ungarischen Armee zu melden, wurde abgelehnt. Eduard Winter studierte 1915 bis 1919 Theologie, Gesellschaftslehre, Geschichte und Philosophie an der Universität Innsbruck (Tirol), unter anderem bei Josef Biederlack (1845–1930). Winter, der 1918 die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft annahm, wurde im Sommer 1919 in der Jesuitenkirche Innsbruck zum Priester geweiht, wollte aber nicht als Seelsorger tätig werden. 1919 bis 1921 setzte Eduard Winter sein Studium an der Theologischen Fakultät der Deutschen Universität Prag ‹Praha› fort, wo er 1921 aufgrund der Arbeit »Der Eigentumsbegriff im Pentateuch« zum Dr. theol. promoviert wurde. 1919 bis 1923 arbeitete er als Adjunkt an der Theologischen Fakultät der Deutschen Universität Prag. Hier wurde er 1922 aufgrund der Arbeit »Die Gesundheitsfürsorge auf dem Lande als Ausgangs- und Mittelpunkt der ländlichen Wohlfahrtspflege, in ihrer sozialen und pastoralen Bedeutung« für Christliche Gesellschaftslehre habilitiert und war seit 1923 als Privatdozent (Priv.-Doz.) für Christliche Gesellschaftslehre, seit 1928 als Supplent für Christliche Philosophie und christliche Gesellschaftslehre an der Deutschen Universität Prag tätig. 1926 wurde Winter an der Philosophischen Fakultät der Deutschen Universität Prag aufgrund der Arbeit »Ferdinand Kindermann, Ritter von Schulstein (1740/1801)« zum Dr. phil. promoviert. Prägend wurde sein vierwöchiger Studienaufenthalt in Rom ‹Roma› im Winter 1926/27. 1929 war Winter Mitbegründer einer Forschungsstelle für Ostdeutschtum und slawische Kultur, welche sich 1930 offiziell als »Historisch-soziologische Arbeitsgemeinschaft an der Deutschen Universität Prag« konstituierte. Durch sein zunehmendes Interesse an den sudentendeutschen Bewegungen war Winter auch im Umfeld des sogenannten Spannkreises tätig, an dessen Zeitschrift »Ständisches Leben« (Berlin–Wien) er 1934 mitarbeitete. Im Juni 1929 bezog Winter sein Haus in Liběchov; seine dort befindliche Privatbibliothek wurde 1945 ins Nationalmuseum nach Prag verbracht. 1929 wurde Eduard Winter nichtbeamteter außerordentlicher Universitätsprofessor (a.o. Univ.-Prof.) und 1931 beamteter außerordentlicher Universitätsprofessor (a.o. Univ.-Prof.) für Christliche Philosophie und christliche Gesellschaftslehre an der Theologischen Fakultät der Deutschen Universität Prag ‹Praha›. Hier wurde er mit 13. Juli 1934 ordentlicher Universitätsprofessor (o. Univ.-Prof.) für Kirchengeschichte und Patristik und war 1935 Dekan der Theologischen Fakultät. 1935 wurde Winter an der Philosophischen Fakultät der Deutschen Universität Prag aufgrund der Arbeit »Das positive Vernunftskriterium. Eine historisch-kritische Studie zu der philosophisch-dogmatischen Spekulation Anton Günthers« für Christliche Philosophie habilitiert. 1938/39 näherte sich Eduard Winter zunehmend dem Nationalsozialismus an und war seit Mai 1939 Mitglied der »Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei« (NSDAP). Nach seiner Heirat und der Geburt seines ersten Kindes 1940 brach er mit der römisch-katholischen Kirche, von der er sich seit 1934 zunehmend entfernt hatte. Im März 1941 suchte Winter um Suspendierung vom Priesteramt ab, was umgehend bewilligt wurde. Am 1. September 1940 suchte Eduard Winter um Entbindung von seiner Lehrverpflichtung an der Universität an. Das Ministerium in Berlin verlegte daraufhin 1941 seinen Lehrstuhl von der Theologischen an die Philosophische Fakultät, wobei auch eine Umbenennung des Lehrstuhls erfolgt. Er war nunmehr von 1941 bis 1943 ordentlicher Universitätsprofessor (o. Univ.-Prof.) für Osteuropäische Geistesgeschichte an der Deutschen Universität Prag ‹Praha›; seine offizielle Entlassung erfolgte allerdings erst 1945. Ende Juli 1945 reiste Eduard Winter nach Österreich aus, wo er sich bis 1947 in Wien aufhält. Er unternahm Versuche, an der Universität Wien Fuß zu fassen, welche ebenso scheiterten wie der Ende November 1946 von der Philosophischen Fakultät der Universität Wien für Winter vorgeschlagener Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte. Eduard Winter, der am 21. November 1946 die österreichische Staatsbürgerschaft erhielt, die er bis zu seinem Tod beibehielt, verbrachte später die Sommermonate meist im Haus der Familie seiner Frau in Maurach am Achensee (heute zu Eben am Achensee, Tirol). 1947 bis 1951 war Eduard Winter ordentlicher Universitätsprofessor (o. Univ.-Prof.) für Osteuropäische Geschichte an der Universität Halle-Wittenberg (Sachsen-Anhalt), wo er 1948 bis 1951 auch Rektor war. Von 1951 bis 1966 war Eduard Winter ordentlicher Universitätsprofessor (o. Univ.-Prof.) für Europäische Geschichte an der Humboldt-Universität Berlin (Hauptstadt der DDR; heute Berlin) sowie Direktor des Instituts für Geschichte der Völker der UdSSR. Er emeritierte 1966. 1955 wurde Winter Ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (später Akademie der Wissenschaften der DDR), 1955 bis 1959 Leiter der Arbeitsgruppe Geschichte der slawischen Völker und 1961 bis 1965 Leiter der Abteilung Geschichte der Wissenschaften und der wissenschaftlichen Beziehungen am Institut für Geschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften, 1961 bis 1965 Leiter der Arbeitsstelle für Geschichte der deutsch-slawischen Wissenschaftsbeziehungen an der Deutschen Akademie der Wissenschaften. Außerdem wurde er 1958 Stellvertretender Präsident der neu gegründeten »Deutschen Historiker-Gesellschaft der Deutschen Demokratischen Republik« sowie 1963 Korrespondierendes und 1967 Ordentliches Mitglied der »Académie Internationale d’Histoire des Sciences«. Winter, der auch Mitglied der Bolzano-Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften war, erhielt zahlreiche Auszeichnungen der Deutschen Demokratischen Republik, darunter 1956 den Nationalpreis der DDR, der ihm den Kauf eines eigenen Hauses ermöglichte, und 1981 den Vaterländischen Verdienstorden.
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