Am 9. Und 10. April 2021 fand ein Symposium zum Werk und Wirken des österreichischen Soziologen Heinz Steinert (1942-2011) statt.
Heinz Steinert, 1942 geboren, im Waldviertel aufgewachsen, studierte ab 1960 verschiedene Fächer in Wien; sein Studienabschluss erfolgte in Psychologie. 1972 habilitierte er sich am Institut für Soziologie der Universität Graz. 1973 war er Mitbegründer des Instituts- für Rechts- und Kriminalsoziologie in Wien und bis 2000 sein wissenschaftlicher Leiter. 1975 gehörte er zu den Mitbegründern der Österreichischen Zeitschrift für Soziologie, 1977 bis 1979 wirkte er als Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie. Von 1978 bis 2007 lehrte er als Professor an der Johann-Wolfgang Goethe Universität in Frankfurt im Fach Soziologie mit den Schwerpunkten „Devianz“ und „Soziale Ausschließung“. Heinz Steinert starb am 20. März 2011 in Wien.
Steinert hat ein umfassendes, breit gefächertes wissenschaftliches Werk hinterlassen. Er forschte und schrieb zu Kriminalität und Gefängnissystem, Theodor W. Adorno, Entwicklung der Kritischen Theorie, Wissensgesellschaft, Kulturindustrie, Max Weber, Jazz, Kloster- und Fabrikdisziplin, Dialektik der Aufklärung, Phasen des Kapitalismus, Musik-, Kunst- und Kulturproduktion, Museumspolitik, Klassenpolitik, Michel Foucault und Pierre Bourdieu, wie auch zur Kritik der empirischen Sozialforschung. Methodisch prägte der Gegensatz von Herrschaft und Befreiung all seine Arbeiten, wie unterschiedlich sie thematisch auch waren. Unermüdlich forderte Heinz Steinert Reflexion ein, Reflexion der gesellschaftlichen Verhältnisse ebenso wie Reflexion des eigenen Tuns, der eigenen Arbeits- und Wirkungsbedingungen wie der von ihm als hochproblematisch eingeschätzten Entwicklungen an den Universitäten. In seiner eigenen Auseinandersetzung mit der Kritischen Theorie fokussierte Heinz Steinert stets auf die Denkmodelle der Befreiung, die es in der theoretischen Praxis kritischer Theoretiker*innen zu rekonstruieren gilt. Nicht Musealisierung kritischen Denkens oder Fragen nach einer instrumentellen „Brauchbarkeit“, weder Götzenverehrung noch der in Familienromanen kritischer Theorie so beliebte Versuch, Vergessene zu „Klassikern“ zu erheben, „gerade nicht Traditionspflege, sondern Weiterarbeit an den Fragen und am Instrumentarium“, wie er es formulierte, standen daher auch im Zentrum unseres Symposiums. Die Auseinandersetzung mit dem Steinert‘schen Werk sollte vielmehr zum kritischen Weiterdenken anregen.
AGSÖ, Signatur 77: Teil-Nachlass Heinz Steinert
Im Symposium wurden die wichtigsten Themenkreise des Werks von Heinz Steinert reflektiert und zur Diskussion gestellt. Die Leitfragen aller Panels waren: Welche Aussagen hat Heinz Steinert getroffen? Woran können und sollen wir anknüpfen? Welche kritischen Einwände ergeben sich? Im Symposium wurden sowohl Kenner*innen des Werks von Heinz Steinert eingebunden, als auch dazu eingeladen, an den Arbeiten von Steinert anzuknüpfen, um sie für eigene Fragestellungen fruchtbar zu machen.
Das Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich (AGSÖ) war über Andreas Kranebitter im Vorbereitungskomitee von Anfang an aktiv beteiligt. Das Symposium wurde gemeinsam mit der Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung (AkG), dem Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien, dem Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie (IRKS) und dem Institut für Soziologie der Universität Wien organisiert und von zahlreichen Fördergebern gefördert. Alle Informationen zum Programm finden sich auf der Symposiumswebsite, die live mitgeschnittenen Videos aller Panels auf einer eigens vom AGSÖ eingerichteten Youtube-Seite.
Das AGSÖ hat im Zuge der Vorbereitungen auch den Teil-Nachlass Heinz Steinerts übernommen und wird ihn unter Signatur 77 in Kooperation mit dem Archivzentrum der Goethe-Universität Frankfurt am Main, die ebenfalls einen Teil-Nachlass Steinerts aufbewahrt, erschließen und der Öffentlichkeit zugänglich machen.