[Peter Langer]

Vom Spekulationsobjekt zum Marienthal-Museum

in: NÖN (Sankt Pölten) vom 2. Juli 2008, S. 39.

Die Veröffentlichung auf dieser Website erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Peter Langer, Schwechat. Beachten Sie das Copyright!

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Großer Bahnhof zum lang ersehnten Spatenstich für das Vorzeigeprojekt in Gramatneusiedl: Brigitta Hofbauer, Peter Krawagna, Erich Klein, Altbürgermeister Klaus Soukup, Michaela Kremsner Hans Knoll, Gerhard Razborcan, Leo Zolles, Hannes Fazekas und Erwin Kinger. FOTO: LANGER

Spatenstich / Ein moderner Wohnbau und ein Marienthal-Museum sind anstelle des desolaten Altgebäudes im Entstehen.

Vom Spekulationsobjekt zum Marienthal-Museum

GRAMATNEUSIEDL / Ein Sieg der hart erkämpft ist darf auch gebührend gefeiert werden. Und das taten vorige Woche dann auch die Gemeinde Gramatneusiedel [!] und die Siedlungsgenossenschaft Neunkirchen gemeinsam mit zahlreichen Gramatneusiedler Einwohnern.

Endlich sei der »Schandfleck« an der Hauptstraße 64 beseitigt. Das desolate – seiner umgangssprachlichen Bezeichnung alle Ehre machende – »Altgebäude« wurde fast zur Gänze abgerissen.

Nach jahrelangen juristischen Verfahren mit dubiosen Spekulanten, die den Bewohnern Sanierungen versprachen, welche die Mieter zwar vorfinanzierten, die aber nie stattfanden, konnte die SG Neunkirchen sämtliche Wohnungen erwerben, so Hans Knoll von der SG Neunkirchen.

»Es war ein harter Kampf. Und gerne hätten wir das ganze Gebäude erhalten, aber der Zustand war einfach zu schlecht.«

So bleibt nur ein kleiner Teil des historischen Wohnbaus erhalten, der saniert und in einen neuen, modernen Wohnkomplex integriert wird.

Dieser Bau sei auch Teil seiner Familiengeschichte erzählt Bürgermeister Leo Zolles, denn »dort haben meine Großeltern gewohnt und meine Mutter ist dort aufgewachsen.«

Die Jungen würden den Platz nur als Schandfleck kennen und gar nicht wissen, dass dieser Teil der, durch die Jahoda-Studie bekannt gewordenen Marienthalsiedlung einmal lebendiges Kommunikationszentrum und einer der wichtigsten Plätze der Arbeitersiedlung war.

Gute Stimmung beim Abbruch- und Spatenstichfest.

Reinhard Müller erläutert Sepp Leitner Details zu Marienthal.

Museum: Alter Consum­Markt wird rekonstruiert

Dieser Umstand veranlassten Gemeinde und Siedlungsgenossenschaft zu einem weiteren aufsehenerregenden Projekt. Der in der Mitte des alten, u-förmigen Wohnhaus gelegene Consum-Markt soll originalgetreu wieder aufgebaut werden und in Zukunft als Museum und Infozentrum dienen.

Begeistert über den Mut und die Initiative von Gemeinde und Siedlungsgenossenschaft zeigt sich Marienthal-Experte Reinhard Müller vom Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich: »Dieses Gebäude stellt einen Meilenstein der Arbeitergeschichte dar. Mit diesem Projekt wird gleichzeitig Geschichte erhalten und moderner Wohnbau ermöglicht.[«]

Der Consum-Verein war Anfang des 20. Jahrhunderts ein wichtiges Zentrum für das Leben in der Arbeitersiedlung. FOTO: ASGÖ, GRAZ

DIE DATEN

An der Hauptstraße 64 entstehen durch Sanierung eines verbleibenden historischen Wohnhaus [!] und der Errichtung eines neuen Traktes eine Niedrigenergie-Wohnhausanlage mit:

● 28 Wohneinheiten

● 56 bis 81 Quadratmeter Wohnnutzfläche, teil mit Balkon oder Eigengarten.

● Kontrollierte Wohnraumlüftung

● Zentralheizungsanlage mit Pelletskessel

● Eigenmittelbeitrag ab ca. 16.000 Euro

● Miete ab ca. 390 Euro, inklusive Betriebskosten Garage)

● Geplante Bauzeit ca. 16 Monate

wwwsgn.at