Carl Jahoda

17. November 1917

Juli / August 1922
Menschen im Gedränge,
und in der Enge
greift ein Dieb in ihre Taschen,
ohne dass sie ihn haschen,
und wie schon viele Leute
des Diebes Beute,
da schöpfen Verdacht sie.
Der Nachbar zur Linken,
so will ihnen dünken,
und sie sagens unverhohlen,
er hätt' sie bestohlen.

Der setzt sich kräftig zur Wehre,
denn außer der Ehre
ist ihnen im Gedränge nichts geblieben,
selbst ein Opfer von Dieben.
Und ein Gezänk und ein Geschrei
und Ruf nach Polizei,
entsteht allseits eine Schlägerei,
und der Dieb ist auch dabei,
und bewegt sich in ihrer Mitte
und sagt immer »bitte«.
Ich glaub, dass es jener war,
der dort steht mit dem schwarzen Haar,
dann zeigt er auf einen mit dickem Bauch,
der stahl auch.

Und diesem weist er das Bäuerlein,
das sei der Dieb nur ganz allein.
Sie fahren sich an den Kragen
und schlagen,
ein jeder, den für den Dieb er hielt,
der indeß ruhig weiterstiehlt.


Quelle: Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich, Nachlass Marie Jahoda, Signatur 41/7.2, pag. 6.
© Copyright Anfragen an das Archiv

© Reinhard Müller -- Graz, im Oktober 2006

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