H[annes] Stekl

Mautner, Isidor

in: Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Herausgegeben von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, redigiert von Eva Obermayer-Marnach. VI. Band: [Maier] Stefan – Musger August. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1975, S. 164–165.

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Österreichisches

biographisches Lexikon

1815–1950

Herausgegeben von der

Österreichischen Akademie der Wissenschaften

redigiert von Eva Obermayer-Marnach

VI. Band

[Maier] Stefan – Musger August

Wien 1975

Verlag der

Österreichischen Akademie der Wissenschaften

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Mautner Isidor, Industrieller. * Nachod (Náchod, Böhmen), 7.10.1852; † Wien, 13.4.1930. Sohn des Vorigen [d.i. Isaac Mautner; Anm. R.M.], Vater der beiden Folgenden [d.s. Konrad Mautner (siehe dort) und Stephan Mautner (siehe dort); Anm. R.M.]; trat 1867 in das Unternehmen seines Vaters Jsaac M., wo er auch seine Ausbildung erhalten hatte, ein. 1881–95 betrieb er mit seinen Schwägern in Nachod die Baumwollspinnerei Wärndorfer–Benedict–M[autner], welche sich nach dem Ankauf der Günselsdorfer Fabrik (N[ieder]Ö[sterreich], gegründet 1851) zu einem Großbetrieb entwickelte (1897: c[irk]a 63.000 Spindeln). Begünstigt durch die Industrieförderungsgesetze, gründete M. 1893 in Rosenberg ([d.i. Ružomberok; Anm. R.M.] Slowakei) die »Magyar textilipar r.t.« (Ung[arische] Textilindustrie A[ktein] G[esellschaft]), die zum größten Textilunternehmen der Monarchie heranwuchs. Die Anzahl der Spindeln stieg bis 1913 auf 160.000, die Beschäftigtenzahl auf 5.000, der Wert der Jahresproduktion wurde auf 25 Millionen Kronen geschätzt. 1905 wandelte M. die von seinem Vater ererbten Betriebe mit Finanzhilfe der Bodencreditanstalt in die »Österreichische Textilwerke AG« um, deren Exporte bis nach Südamerika und Ostasien gingen. 1912 gründete er die »Vereinigte österreichische Textilindustrie AG«, welche als eine Art Holdingges[ellschaft] auch formal noch selbständige Betriebe in NÖ (Günselsdorf, Neunkirchen, Sollenau, Nadelburg, Pottenstein), St[eier[m[ar]k (Pragwald [d.i. Prebold, Slowenien; Anm. R.M.]), Böh-

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men (Brodetz [d.i. Brodec, Tschechische Republik; Anm. R.M.], Tetschen [d.i. Český Těšín, Tschechische Republik; Anm. R.M.), Krain (Littai [d.i. Litija, Slowenien; Anm. R.M.], Laibach [d.i. Ljubljana, Slowenien; Anm. R.M.]) und dem Küstenland (Monfalcone) umfaßte und zu den größten Industriekonzernen Österr[eich]-Ungarns zählte. Vor dem Ende des Ersten Weltkrieges war M. Chef von 42 Fabriken mit etwa 650.000 Spindeln und ca. 23.000 Beschäftigten. Nach 1918 erwarb M. die Aktienmehrheit der Trumau-Marienthaler Spinnereien und Webereien, die jedoch nach schweren Finanzkrisen im Zuge der Textilindustrierezession und des Zusammenbruches der »Neuen Wiener Bankgesellschaft«, deren Präs[ident] sein Sohn Stephan M[autner] (s[iehe] d[ort]) war, 1929 endgültig stillgelegt wurden. Als allg[emein] anerkannter Fachmann war M. im Vorstand und Schiedsgericht der Bremer Baumwollbörse. Vielfach geehrt und ausgezeichnet, u[nter] a[nderem] ab 1930 Kommerzialrat.

L[iteratur]: N[eue] Fr[eie] Pr[esse] vom 14.4., 15.4. und 16.4., N[eues] W[iene]r Tagbl[att] vom 19.4.1930; Die Industrie, 1930, n[ummer !] 16, S. 10; Die geistige Elite Österr[eichs], red[igiert] von M[arcell] Klang, 1937; Großind[ustrielle] Österr[eichs], Bd. 4, S. 250 ff.; A[lexandre] Rejtö [d.i. Sándor Rejtő; Anm. R.M.], L’industrie texile en Hongarie, in: Wirtschaftliches und Kulturelles aus Ungarn, Vorträge des 7. Internationalen Wirtschaftskurses, Budapest, 1913; I[ván] T[ibor] Berend – G[yörgy] Ránki, The Development of the Manufacturing Industry in Hungary (1900–44), 1960, S. 22.

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