Carl Jahoda

Heut wollen wir uns einmal vertragen1

Zum 15. April 1919
Musik von Karl Geller

Alle: Heut wollen wir uns einmal vertragen,
Was uns auch sonst recht wohl anstünd.
Du, liebe Mutter, sollst nicht sagen,
Dass wir a ekle Bande sind.
Rosi: Gut, wisst ihr was, wir wollen singen,
Das macht der Mutter ein Pläsier.
Wir wollen ihr ein Ständchen bringen,
Doch müsst ihr Alle folgen mir.
Fritzi: Natürlich Dir, weil du es bist, Schmarren,2
Bitt schön, da singe ich nicht mit.
Wir drei sind doch nicht Deine Narren.
Du bist ja dumm, was jeder sieht.
Edi: Hört's auf zu stänkern, meiner Seel
Sonst hau ich Euch noch krumm und klein.
Mit Fritz gibts immer ein Krakeel,
Er ist ein ekelhaftes Schwein.
Mitzi: Mit Euch ist doch nichts anzufangen,
Verderbts uns immer jede Freud.
Ihr Buben seid doch ekle Rangen.
Komm Rosi, singen wir zu zweit.
Edi: Das kommt davon, Du dummes Tier,
Willst immer spielen die erste Geigen,
Bist eine Patzerin am Klavier,
Und willst dich jetzt als Sängerin zeigen.
Rosi: Was geht das Dich an, Lausbub feister,
Ich kann doch machen was ich will.
Du glaubst, weil Du ein Hilfsfeldmeister,
Muss tanzen ich nach Deinem Spiel?
Mitzi: Wo Rosi Recht hat, hat sie recht,
Du wirst doch dümmer stets statt g'scheiter.
Na, Fritzi, spiel doch nicht so schlecht.
Ihr Esel spielt doch endlich weiter.
Fritzi: Weil Du's sagst, just nicht, blöde Gans,
Wegen Deiner werd ich mich nicht kränken.
Du kannst, na weist Du, was Du kannst,
Du kannst dir 10-mal mehr noch denken.
Alle: Da wir uns nicht vertragen können,

Woran die Anderen nur die Schuld,
So schließen wir, doch wir bekennen,
Zu Deinen Kindern gehört Geduld.


Quelle: Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich, Nachlass Marie Jahoda, Signatur 41/7.2, pag. 4.
© Copyright Anfragen an das Archiv

1 Gedicht anlässlich des 38. Geburtstages von Betty Jahoda, geborene Propst (1881-1967), der Mutter von Marie Jahoda. Vorgetragen wurde es von den Kindern Eduard (Edi), Rosa (Rosi), Marie (Mitzi) und Fritz (Fritzi) Jahoda. Anmerkung Reinhard Müller.
2 Schmarren: eigentlich eine Mehlspeise, hier im übertragenen Sinn »wertloses Zeug«, aber auch »Unsinn«. Anmerkung Reinhard Müller.

© Reinhard Müller -- Graz, im Oktober 2006

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