[Josef Stoitzner]

75 Jahre Raiffeisen-Lagerhaus Gramatneusiedl 1901–1976.

[Gramatneusiedl: Raiffeisen-Lagerhaus Gramatneusiedl 1976], unpaginiert (40 S.).

Die Veröffentlichung auf dieser Website erfolgt mit freundlicher Genehmigung der RWA Raiffeisen Ware Austria AG, Wien. Beachten Sie das Copyright!

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75

Jahre

Raiffeisen-Lagerhaus

Gramatneusiedl

1901–1976

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Blick vom Leithagebirge

Weit reicht das Auge in das Land,

bleibt auf fruchtbaren Feldern haften.

Im Winde wiegen sich die Ähren schwer,

die in der Sonne golden reifen.

Du bist ein reiches Land,

Dich und Deine tüchtigen Hände

hab’ ich in das Herz geschlossen.

st [d.i. Josef Stoitzner; Anm. R.M.]

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Zum Geleit!

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Leo Höppel

Obmann des

Raiffeisen-Lagerhauses

Gramatneusiedl

Anläßlich des 75jährigen Bestandes des Raiffeisen-Lagerhauses Gramatneusiedl wird diese Festschrift verfaßt. Sie soll die Entwicklung unserer Genossenschaft von der Gründung bis zum heutigen Tag darstellen. Ziel und oberste Aufgabe der Genossenschaft ist es, die Interessen der Mitglieder zu wahren und sie in ihren wirtschaftlichen Belangen zu unterstützen. In der Genossenschaft sehen wir eine echt demokratische Einrichtung, in der der freie und gesunde Bauernstand erhalten und gefördert wird.

Dank der nüchternen Beurteilung der jeweiligen wirtschaftlichen Lage durch die Funktionäre, der Geschäftsführung und der steten Mitgliedertreue ist es in gemeinsamer Arbeit gelungen, die genossenschaftlichen Einrichtungen den Erfordernissen der Zeit anzupassen.

Im Jubiläumsjahr dürfen wir mit Stolz auf das von den Vätern gegründete Werk und Zeichen wahrer Bauerneinigkeit blicken, das ohne der Idee Raiffeisens undenkbar gewesen wäre.

Diese Festschrift soll auch jenen Funktionären, Mitgliedern und Mitarbeitern eine Widmung sein, die ihre Arbeitskraft dem Werden und Wirken unserer Genossenschaft voll zur Verfügung gestellt haben. Ihre Einsatzbereitschaft soll für die Zukunft ein leuchtendes Vorbild sein.

Leo Höppel

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Genossenschaften heute

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Dr. Rudolf Rasser

Generalanwalt

des Österreichischen

Raiffeisenverbandes

Noch nie zuvor war eine Zeitspanne von 75 Jahren von so tiefgreifenden Veränderungen auf nahezu allen Gebieten des Lebens geprägt wie die ersten drei Viertel unseres Jahrhunderts. Politik, Wirtschaft und Technik stellen den Menschen andauernd vor neue Probleme, deren Bewältigung nur durch ständiges Lernen und Anpassen möglich ist.

Um so erfreulicher ist es daher, wenn ein genossenschaftliches Unternehmen, wie das Raiffeisen-Lagerhaus Gramatneusiedl, in dieser bewegten Zeit kontinuierlichen Bestand hat und durch hervorragende Leistungen den Grundsätzen der bäuerlichen Selbsthilfe gerecht wird.

Ging es bei der Gründung der Lagerhausgenossenschaft vor 75 Jahren hauptsächlich darum, ein Gegengewicht zu den konzentrierten Marktkräften, denen der einzelne Landwirt ausgesetzt war, zu schaffen, so ist zu dieser Aufgabe mehr und mehr die Serviceleistung für das Mitglied getreten. Wenn das Raiffeisen-Lagerhaus Gramatneusiedl heute im Spitzenfeld der niederösterreichischen Lagerhäuser zu finden ist, dann ist das der deutliche Beweis dafür, daß Funktionäre und Mitarbeiter die ihnen gestellten Aufgaben klar erkannt und die von der Genossenschaftsidee gesetzten Ziele stets und mit Erfolg angestrebt haben.

Die genossenschaftliche Zielsetzung ist seit der Gründung der ersten Genossenschaften bis in unsere Tage gleich geblieben und heute aktueller denn je: Sie ist das legitime Mittel, die Selbständigkeit des einzelnen, sowohl in materieller als auch in geistiger Hinsicht, zu erhalten und gegen die fortschreitende Tendenz zum Kollektivismus und vor einer Parteidiktatur im Staate abzuschirmen.

Daher helfen die Genossenschaften ihren Mitgliedern bei der Erreichung eines leistungsgerechten Einkommens. Diese Hilfe zur Selbsthilfe strahlt aber weit über den genossenschaftlichen Bereich hinaus. Die staatserhaltende Bedeutung der Landwirtschaft auf den Gebieten der Ernährungssicherung, der Erhaltung eines gesunden Lebensraumes und einer intakten Kulturlandschaft ist ohne die Genossenschaften einfach undenkbar.

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In diesem Sinne darf ich als Generalanwalt des Österreichischen Raiffeisenverbandes und Obmann der Raiffeisen-Zentralkasse das Raiffeisen-Lagerhaus Gramatneusiedl zu seinem Jubiläum beglückwünschen

Rasser

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Ök.-Rat Andreas Maurer

Landeshauptmann

von Niederösterreich

Die Genossenschaftsidee ist in Niederösterreich sehr alt, sie hat sich in einem Ausmaß durchgesetzt, daß unser Bundesland heute als führendes Agrarland Österreichs die mit Abstand größte Zahl an Genossenschaften ebenso wie an Genossenschaftsmitgliedern im Staate aufweist. Eine dieser Genossenschaften ist das Raiffeisen-Lagerhaus Gramatneusiedl, dem ich als Landeshauptmann und als bäuerlicher Mandatar zum 75–Jahr-Jubiläum herzlich gratulieren möchte.

In Niederösterreich gab es bereits 1886 in Mühldorf bei Spitz die erste genossenschaftliche Spar- und Darlehenskasse, und man kann ohne Übertreibung sagen, daß viele Probleme des Bauernstandes ohne die Mithilfe der Lagerhaus- ebenso wie der Geldgenossenschaften nicht hätten gemeistert werden können. Leider hat die wirtschaftliche Rezession der beiden vergangenen Jahre auch vor den Lagerhäusern nicht halt gemacht, denn die Erfolge des Vorjahres lagen unter dem Durchschnitt früherer Jahre. Noch einen Aspekt möchte ich im Zusammenhang mit dem Genossenschaftswesen betonen: die Raiffeisen-Organisation hat auch einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, daß unser Land trotz schwerster Entwicklungshemmnisse nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und dem Abzug der Besatzungsmacht rasch aufgebaut werden konnte und auch im industriellen Bereich zu den führenden Bundesländern aufgeschlossen hat. Mit tatkräftiger Unterstützung der Raiffeisen-Genossenschaften ist es gelungen, daß die Infrastruktur Niederösterreichs vor allem auch im ländlichen Raum entscheidend verbessert werden konnte. So wurde von den Genossenschaften auch ein wichtiger gesellschaftspolitischer Auftrag erfüllt.

All diese Vorzüge und Funktionen wurden vom Raiffeisen-Lagerhaus Gramatneusiedl in den 75 Jahren seines Bestehens immer in hervorragender Weise erfüllt. Dazu möchte ich der Genossenschaft herzlich gratulieren, die Gratulation gilt allen Mitgliedern ebenso wie der Leitung dieses Lagerhauses. Bei der Erfüllung ihrer so wichtigen und immer umfangreicher werdenden Aufgaben wünsche ich dem Raiffeisen-Lagerhaus Gramatneusiedl auch für die Zukunft den besten Erfolg.

Maurer

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Ök.-Rat Matthias Bierbaum

Präsident der n.ö.

Landes-Landwirtschaffskammer

Trotz einer weitgehenden Industrialisierung ist Niederösterreich das Agrarland unserer Heimat geblieben. Die Produktionskraft unserer Landwirtschaft hat in den letzten Jahren ein Ausmaß erreicht, das uns nicht nur die Selbstversorgung zum Beispiel bei Brotgetreide in vollem Umfang gewährleistet, sondern darüber hinaus auch Exporte ermöglicht. Wenn man sich an die Zeit vor etwa 40 Jahren zurückerinnert, in denen insbesondere bei Qualitätsweizen eine weitestgehende Abhängigkeit vom Ausland gegeben war, kann man die Leistungen unserer Bauernschaft erst richtig einschätzen.

Eines der Gebiete, aus denen diese Getreide-Qualitätsproduktion stammt, ist das Wiener Becken, in dem auch Gramatneusiedl liegt, und es ist selbstverständlich, daß gerade hier für die Vermarktung ein genossenschaftliches Zentrum mit einem Raiffeisen-Lagerhaus geschaffen wurde. Es ist eines der ältesten Lagerhäuser, das wir in Niederösterreich haben und das heuer sein 75jähriges Jubiläum begehen kann.

Mit einem Silo-Lagerraum von 18.000 Tonnen und einem sonstigen Lagerraum von 16.000 Tonnen weist gerade dieses Lagerhaus eine beachtliche Größe auf, und wenn man sich den Umsatz von 208 Millionen Schilling vergegenwärtigt, erkennt man die große wirtschaftliche Bedeutung dieser genossenschaftlichen Einrichtung.

Es sind aber nicht die Umsatzzahlen allein, die das Wesen der Genossenschaft ausmachen. Wenn wir heute auch nur mehr vom Hörensagen wissen, wie groß die Not unserer Vorfahren war, ehe sie zur Selbsthilfe griffen und die ersten landwirtschaftlichen Genossenschaften gründeten, bleibt die Idee [Wilhelm] Raiffeisens und des Zusammenstehens heute so aktuell wie damals.

War die Gründung der ersten Lagerhäuser die Voraussetzung für eine echte wirtschaftliche Befreiung des Bauernstandes, hat heute die Raiffeisen-Organisation eine ähnliche Aufgabe zur Existenzsicherung des Berufsstandes zu leisten. Heute geht es darum, in unmittelbarem Zusammenwirken mit der bäuerlichen Interessenvertretung agrarpolitische Instrumente zu schaffen, die dazu dienen, dem Bauern einen gerechten Preis für die Produkte seiner Arbeit zu sichern. Es geht schließlich auch darum, durch neue Formen

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der Zusammenarbeit etwa auch im überbetrieblichen Bereich die Produktionskosten zu senken und gemeinsam das technische Angebot zu nutzen.

Bierbaum

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Ök.-Rat Ing. Karl Hofstetter

Obmann des Verbandes

ländlicher Genossenschaften

in Niederösterreich

Die landwirtschaftlichen Lagerhausgenossenschaften im Osten Niederösterreichs sind ein Musterbeispiel dafür, was die Bauernschaft zu leisten imstande ist, wenn sie einig und geschlossen ein festgelegtes Ziel anstrebt. Im Laufe der Geschichte des Raiffeisen-Lagerhauses Gramatneusiedl ist das Ziel immer das gleiche gewesen, nämlich, zur wirtschaftlichen Besserstellung der Mitglieder beizutragen. Die Methodik, das Ziel zu erreichen, hat sich natürlich gewandelt. Heute ist das Raiffeisen-Lagerhaus Gramatneusiedl ein Wirtschaftsunternehmen des ländlichen Raumes, das eine Fülle von Dienstleistungen anzubieten hat.

Gerade auf dem Dienstleistungssektor zählt das Lagerhaus Gramatneusiedl zu den Pionieren im landwirtschaftlichen Genossenschaftswesen, vor allem beim Pflanzenschutz und bei der Düngung, aber auch auf dem Gebiet der Tierhaltung und Fütterung.

Wenn im Jahr 1976 erstmals in der dreißigjährigen Nachkriegsgeschichte der österreichischen Getreidewirtschaft namhafte Exporte möglich waren, dann ist dies zum guten Teil der Arbeit der Raiffeisen-Lagerhäuser zuzuschreiben. Die Raiffeisen-Lagerhäuser sind es, die die neuesten Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis in die Tat umsetzen. So ist das Raiffeisen-Lagerhaus Gramatneusiedl ein Betrieb, der vor allem bei der Erprobung neuer Getreidesorten stark engagiert ist. Gramatneusiedl zählt auch zu jenen Raiffeisen-Lagerhäusern, die die Saatgutvermehrung auf genossenschaftlicher Basis seit Jahrzehnten mit bestem Erfolg durchführen.

Als Obmann des Verbandes ländlicher Genossenschaften Niederösterreichs möchte ich allen Mitgliedern, Funktionären und Dienstnehmern gratulieren, daß sie in gemeinsamer Arbeit ein genossenschaftliches Unternehmen geschaffen haben, das vorbildlich ist. Möge dieser gute Geist der Zusammenarbeit auch in Hinkunft das Genossenschaftsleben prägen.

Hofstetter

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Dipl-Ing. Heinrich Lunacek

Generaldirektor des

Verbandes

ländlicher Genossenschaften

in Niederösterreich

Man sollte meinen, daß die Bauern am Stadtrand von Wien seit jeher beim Absatz ihrer Produkte keine Schwierigkeiten hatten, und doch fällt die Gründung des Raiffeisen-Lagerhauses Gramatneusiedl in eine Zeit, wo auch die Bauern in unmittelbarer Nähe der k[aiserlich] k[öniglichen] Residenzstadt Wien mit Absatzschwierigkeiten konfrontiert wurden. Die Geschichte Gramatneusiedls ist gewissermaßen die Geschichte des Verhältnisses zwischen Stadt und Land, zwischen Produzenten und Konsumenten.

Heute ist das Raiffeisen-Lagerhaus Gramatneusiedl ein begehrter Partner in der Versorgung der Bundeshauptstadt Wien. Eine leistungsfähige Mühle liefert dank der ausgezeichneten Getreidequalität des pannonischen Raumes hervorragende Produkte für die Bäcker der Stadt. Diese Spitzenstellung konnte nur durch Fleiß, zähe, unermüdliche Arbeit und durch das Können aller Mitglieder, Funktionäre, der Geschäftsführung und Mitarbeiter erreicht werden.

Das Raiffeisen-Lagerhaus Gramatneusiedl ist ein Musterbeispiel dafür, wie wichtig die Arbeit der landwirtschaftlichen Genossenschaften im Interesse der Ernährungssicherung der Bevölkerung ist. Eine wissenschaftliche Studie hat ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Ernährung der Bundeshauptstadt Wien ohne die Tätigkeit der umliegenden Raiffeisen-Lagerhäuser unmöglich wäre.

Als Generaldirektor des Verbandes ländlicher Genossenschaften in Niederösterreich beglückwünsche ich das Raiffeisen-Lagerhaus Gramatneusiedl herzlichst zum Jubiläum und schließe den Wunsch an, daß die Arbeit zum Wohle der Mitglieder und im Interesse der österreichischen Volkswirtschaft auch in Hinkunft vom Erfolg begleitet sein möge.

Lunacek

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Vom Werden unserer Genossenschaft

Um die Jahrhundertwende drängte die wirtschaftliche Not des Bauernstandes zu einer Lösung. Der Bauer konnte sich mit seinem Einzelangebot auf dem Markt nicht behaupten. Seine Erzeugnisse unterlagen der Spekulation und der nicht einheitlichen Preisbildung. Wie oft kam es vor, daß der Bauer weite Wegstrecken zurücklegen mußte, bis er für sein Getreide einen annehmbaren Preis erzielte. Beim Einkauf der notwendigen Betriebsmittel widerfuhr ihm das gleiche Schicksal. Diese Umstände trugen zur fortschreitenden Verschuldung bei und führten des öfteren in eine ausweglose Situation.

Die Idee der Selbsthilfe, wie sie Friedrich Wilhelm Raiffeisen in Deutschland praktiziert hatte, fand auch im österreichischen Raum eine schnelle Verbreitung. Rasch folgten die Gründungen der Spar- und Darlehenskassen. Die Wertschätzung ihrer Tätigkeit wie auch des genossenschaftlichen Zusammenschlusses führte 1898 zur Gründung der ersten Landwirtschaftlichen Genossenschaft in Pöchlarn.

Soweit aus Protokollen des Landwirtschaftlichen Casinos in Gramatneusiedl zu entnehmen ist, wurde für 25. März 1899 eine Großversammlung einberufen, um die Gründung eines Lagerhauses zur Diskussion zu stellen. Aus 15 Gemeinden kamen die Wirtschaftsbesitzer. Der Referent und spätere Gründungsobmann Carl Molzer forderte die Bauern auf: »sich nunmehr wirtschaftlich zu organisieren, weil der Zwischenhandel einen immer stärker werdenden Kapitaleinfluß ausübt. Zur Standortfrage wird erklärt, daß Gramatneusiedl ein wichtiger Eisenbahnkreuzungspunkt und auch der Mittelpunkt des besseren Bodens ist. Der Bau eines Lagerhauses entfiele, wenn dem Fruchthändler [Moritz] Reif für sein erst jüngst errichtetes Lagerhaus ein Kaufangebot gestellt würde. Wenn alle Ortschaften zusammenstehen, so müßte der Geldbetrag aufgebracht werden. Der nö. Landesausschuß, in dessen Förderungsprogramm die Genossenschafts-

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gründungen liegen, wird ein unverzinsliches Darlehen und eine Subvention zur Verfügung stellen.« Bis zur Gründung der Genossenschaft verstrichen noch zwei Jahre, wovon sich die langanhaltenden Kaufgespräche ableiten lassen.

Am 6. April 1901 wurde die neue Genossenschaft mit dem Firmenwortlaut »Landwirtschaftliche Genossenschaft in Gramatneusiedl, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung« im Handelsgericht Wien eingetragen. Das bestellte Comitée unter Führung des gewählten Obmannes Carl Molzer, Adolf Alten-

[Faksimile des nachfolgenden Protokollauszugs]

Protokollauszug über die am 8. März 1899 abgehaltene Versammlung des »Landwirtschaftlichen Casinos Gramatneusiedl«.

zu Punkt 4: Die Landwirtschaftliche Genossenschaft.

Herr Liebhart stellt den Antrag, der Obmann sei aufzufordern, die umliegenden Casinos zu einer Besprechung bezüglich Errichtung eines Lagerhauses in Gramatneusiedl einzuladen. Nach einer langen Debatte, an der, sich hauptsächlich der Antragsteller, der Obmann, Herr Biberhofer und H. Molzer beteiligten, wird folgender Beschluß gefaßt: Am Sonntag, den 26. März l[aufenden] J[ahres] 2 Uhr nachmittags sei im Gemeindegasthause zu Gramatneusiedl eine öffentliche Vereinsversammlung abzuhalten. Zu dieser Versammlung werden die Mitglieder der Casinos, resp. die Wirtschaftsbesitzer folgender Gemeinden eingeladen: Moosbrunn, Mitterndorf, Reisenberg, Seibersdorf, Ebergassing, Wiener-Herberg, Rauchenwarth, Velm, Götzendorf, Pischelsdorf, Himberg, Mannersdorf, Sommerein, Hof, Au und Gutenhof. Über Ersuchen des Casinos erklärt sich H. Molzer bereit, die Debatte über die Errichtung eines Lagerhauses in Gramatneusiedl durch eine Einleitung zu eröffnen.

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bacher, Anton Baumann und Franz Wittner, erwarb am 10. Juni 1901 um 130.000 Kronen das Reif-Objekt, das zur Heimstätte der Genossenschaft wurde.

Wenn auch die Anfangserfolge Zuversicht versprachen, traten sehr bald Sorgen ernster Natur auf, die an den Fundamenten der Genossenschaft rüttelten. Maßgebend in der Auseinandersetzung war die Konkurrenzierung mit den Fruchthändlern und der negative Einfluß auf die Mitglieder in bezug auf die eingegangene Haftung. In dieser Zeitspanne 1904 bis 1906 bestand der ernste Vorsatz, die Genossenschaft wieder aufzulösen. Die Gegner versuchten mit aller Macht, den Selbsthilfegedanken zum Auslöschen zu bringen. Die Bewährungsprobe erfaßte nicht nur unsere Genossenschaft, sondern auch die bestehenden.

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Während des Ersten Weltkrieges war unsere Genossenschaft eine Übernahmstelle der Kriegsgetreide-Verkehrsanstalt.

1925 erfolgte die Gründung der Raiffeisenkasse in Gramatneusiedl, die in den Räumlichkeiten des Lagerhauses ihre erste Tätigkeit entfaltete. Das Zusammenwirken beider Genossenschaften hat damals wie heute zum Vorteil der Bauernschaft beigetragen.

Auf Grund der guten Umsätze erfolgte 1930 eine Anlagenerweiterung. Die Mitgliederzahl stieg auf 1000 an. 1939 kommt es zum Verkauf der Trumauer-Marienthaler Baumwollspinnereifabrik AG in Gramatneusiedl. Unsere Genossenschaft erwirbt rund 16.000 m2 Grundfläche mit den dazugehörigen Objekten und ein E-Werk mit einer durchgehenden Stromerzeugung von 80 KW. Die erzeugte Energie deckt heute ein Viertel des Strombedarfes. Nach einer weitreichenden Sanierung der Gebäude, die zur Getreideeinlagerung vorgesehen waren, erfolgte 1940 die Übersiedlung des Lagerhausbetriebes nach Marienthal. In großzügiger Weise wird die erste Landmaschinenwerkstätte in Betrieb genommen. Um den Ankauf und Ausbau der Liegenschaft Marienthal hat sich der langjährige Geschäftsführer und spätere Direktor des Verbandes, Michael Reiner, sehr verdient gemacht.

Leider fielen alle Objekte den Kriegshandlungen 1945 zum Opfer und alle vorher aufgewendete Mühe versank in Schutt und Asche. Die Genossenschaft hatte schwere Schäden an den Betriebsanlagen, aber auch Warenverluste zu beklagen.

Das Vorstandsmitglied Franz Schorn, Gramatneusiedl, wurde im Juni 1945 zum öffentlichen Verwalter bestellt und am 21. Oktober 1945 zum neuen Obmann gewählt. Ihm oblag es, sofort mit dem Wiederaufbau zu beginnen. Tatkräftige Unterstützung gewährte ihm der heute schon verewigte Geschäftsführer Leopold Stöckl. Binnen kurzer Zeit gelang es, die meisten Kriegsschäden zu beheben und wichtige Anlagen wieder in Betrieb zu setzen. Die Schäden in der Werkstätte konnten erst 1951 beseitigt werden. Aus dem Fonds der Interessengemeinschaft der Lagerhäuser floß unserer Genossenschaft eine finanzielle Hilfe zur Abdeckung der Wiederaufbauarbeit zu.

Mit Beginn der fünfziger Jahre setzte eine Technisierungswelle in der Landwirtschaft ein, die sehr rasch den Mähdrescher brachte. Der Mähdrescher führte zur spontanen Getreideanlieferung. Keine der Genoss-

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[Foto Lagerhaus am Bahnhof Gramatneusiedl]

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senschaften besaß einen ausreichenden Lagerraum noch entsprechende Übernahmseinrichtungen. 1955 wird von den Verwaltungsorganen der Beschluß zum ersten Silobau in Gramatneusiedl gefaßt. Weil auch die Eigenmittel fehlten, griff der Obmann zur Selbsthilfe und rief die Mitglieder zur Anlehenszeichnung auf. Überall setzte sich die Erkenntnis durch, daß der Lagerraum und die Übernahmsleistung entscheidend für eine klaglose Übernahme ist. Der Verband ergriff die Initiative für ein umfangreiches Silobauprogramm. Mit einem großen Kapitalaufwand wurde die Lagerraumbeschaffung bis in die jüngste Zeit betrieben. In diese Zeit fällt auch die bedeutendste Ausbauphase der getreideübernehmenden Lagerhäuser. Auch unsere Genossenschaft war intensiv beschäftigt, den erforderlichen Lagerraum zu gewinnen. Umfangreiche Grundkäufe waren die Vorstufe. 1961 erfolgt der Silobau in Himberg, 1965 wird ein zweiter Silo in Gramatneusiedl errichtet und 1969 kommt der Silobau in Mannersdorf an die Reihe. Unserer Genossenschaft steht heute folgender Getreidelagerraum zur Verfügung:

 

in Tonnen

Silo

Hallen

Betrieb

Gramatneusiedl

8.000

5.300

 

Himberg

4.500

2.500

 

Mannersdorf

5.000

1.700

 

 

17.500

9.500

Von dem insgesamt 27.000 Tonnen großen Lagerraum sind zu jeder Ernte 2000 Tonnen für das Mühlengetreide gebunden. Unsere Trocknungsanlagen besitzen eine Stundenleistung von 36 Tonnen. Die Kosten der vorangeführten Investitionen belaufen sich auf 60 Millionen Schilling.

An dieser Stelle soll das langjährige und verdienstvolle Wirken des Obmannes Ökonomierat Franz Schorn anerkennend hervorgehoben werden. Er bekleidete die Obmannstelle von 1945 bis 1969 und hat einen wesentlichen Anteil an dem vollzogenen Investitionsprogramm. Er war ein Mann der Tat und stand den Mitgliederinteressen stets aufgeschlossen gegenüber. An seiner Seite stand ein langjähriger Weggefährte, Ökonomierat Franz Hillinger, der in schwerster Zeit auf ein Jahr die Obmannstelle innehatte und ein großer Befürworter der Lagerraumbeschaffung war.

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Raiffeisen-Lagerhaus Gramatneusiedl im Dienste der Mitglieder

Die kleine Schar der Gründungsmitglieder hat viel Mut und Tatkraft bewiesen, die Genossenschaft in Gramatneusiedl ins Leben zu rufen. Wir alle sind jenen Männern zu Dank verpflichtet, die den Geist ihrer Zeit erfaßt und den Grundstein für unseren heutigen Lagerhausbetrieb gelegt haben. In der Not setzte sich die Erkenntnis durch, daß dort, wo die Kräfte des Einzelnen zu schwach sind, die vereinte Kraft der vielen Kleinen und wirtschaftlich Schwachen um vieles mehr zu leisten vermag. Ebenso stark war der Glaube an den Fortbestand der Genossenschaft, als die Krisenjahre hereinbrachen. Mitglied und Funktionär standen zu ihrem Wort und ließen sich in ihrer Überzeugung nicht beirren. Jede Zeit hat ihre tatkräftigen Männer! Waren sie nicht auch im Jahre 1945 tätig, als aus den Trümmern nur gähnende Leere klaffte? Neue Fundamente wurden errichtet und Stein auf Stein gesetzt. Die harte Arbeit des Wiederaufbauens war dem Geist der Zusammenarbeit förderlich. Die Kontakte der Mitglieder zur Genossenschaft verstärkten sich. Durch das Entstehen der Filial- und Nebenbetriebe wurden die Beziehungen zwischen Mitglied und Genossenschaft intensiviert. Durch den Einkauf saisonaler Betriebsmittel, durch die Beanspruchung einer Dienstleistung, in der Pflanzenschutzberatung, während der Erntelieferung bestehen heute mehr Kontakte zur Genossenschaft als je zuvor.

In der so wichtigen Aufbauphase mußten neue Dimensionen in den Betriebsanlagen gesetzt werden. Die Lagerraumbeschaffung und die maschinelle Einrichtung mußte in knapp zwei Jahrzehnten geschaffen werden. Daß die Genossenschaft Gramatneusiedl eine so hohe Ausbaustufe erreicht hat, darf mit Anerkennung auf das Zusammenwirken der Funktionäre und Mitglieder zurückgeführt werden.

Nicht zuletzt dürfen die Leistungen unserer Mitarbeiter, und hier besonders die der langjährigen, eingefügt werden, ganz gleich, welchen Arbeitsplatz sie einnehmen. Täglich werden ihnen Aufträge erteilt, die bearbeitet und ausgeführt werden müssen. Nicht jeder Auftrag ist leicht zu erledigen, aber er darf im Interesse der Mitgliedschaft nicht unerledigt bleiben. Diese Unzahl der kleinen Leistungen sind jene Beiträge, die unserer Genossenschaft zum heutigen Stand und Ansehen verholfen haben.

Der Inhalt unserer genossenschaftlichen Tätigkeit soll nicht in der Größe der Betriebsanlagen oder an den erzielten Umsätzen gemessen werden, sondern im Bestreben zur Existenzsicherung aller Mitglieder beitragen.

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Betrieb Gramatneusiedl

Trotz guter Umsatzentwicklung reichten die Räumlichkeiten und das Betriebsareal bis nach dem Zweiten Weltkrieg aus. Mit der Rückführung des Lagerhausbetriebes von Marienthal in die Bahnstraße wurde die Lagerraumfrage immer akuter. Um so mehr, als der Mähdrusch zum ersten Silobau drängte, mußte die Betriebserweiterung in einem Zuge gelöst werden. Der Grundstückserwerb schuf die Voraussetzung, die folgenden Baulichkeiten wieder an die Schiene zu bringen. Die Bundesbahn ist auch heute noch für unsere Genossenschaft ein sehr wichtiger Verkehrsträger. 1955 bis 1957 wird der erste Getreidesilo und eine zweigeschossige Halle errichtet, die auch die Schroterei- und Mischereianlage aufgenommen hat. Die Schrotereianlage hat direkten Siloanschluß, wie auch der Mühlenbetrieb durch ein Förderband angeschlossen ist. Vom Jahre 1965 liegt ein Vorstandsbeschluß vor, der den Ausbau des Zentralbetriebes zum

[Zwei Fotos]

Links: Getreidesilo und Mehlsilo von der Hofseite

Oben: Das Verwaltungsgebäude

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Ziele hat. Zu diesem Investitionsprogramm zählen der zweite Silobau mit 5500 Tonnen Fassungsraum, eine weitere Lagerhalle und die Errichtung eines Verwaltungsgebäudes. Die neuerlich erworbenen Grundstücke gestatten großzügige Freilagerplätze für die Baustoffe und eine geräumige Verkehrsfläche.

Das Verwaltungsgebäude liegt im Zentrum des Betriebes und gewährt eine Hofübersicht in Ost-West-Richtung. In seinem Innern beherbergt es die Kassa, Buchhaltung, an der Westseite den Sitzungssaal und im ersten Stock zwei Dienstwohnungen.

Mit Einführung der Mehrwertsteuer reifte der Entschluß, den Warenverkauf über einen Singer-Fakturierautomaten anzuweisen. Der gleiche Anweisungsdienst kam auch in den Filialen Himberg und Mannersdorf zur Einführung. Der Automat liefert einen Lochstreifen, der als Datenträger im Raiffeisen-Rechenzentrum ausgewertet wird. Mit der zusätzlichen Eingabe des Wareneinganges erhalten wir eine betriebsweise abgeschlossene Warenbuchhaltung. Ein Kienzle-Kleincomputer bestreitet die Kontokorrent- und Finanzbuchhaltung. Gerade in dieser Einrichtung erblicken wir eine echte Rationalisierung der administrativen Aufgaben für den Gesamtbetrieb.

1975 wird ein Schau- und Verkaufsraum an der vorbeiführenden Straße für den Zweck der Sortimentausweitung errichtet. Im gleichen Jahre wird auch die angrenzende Liegenschaft Weintögl erworben, die mit ihrer Straßenfront einem weiteren Verkaufsbetrieb eine Chance eröffnet.

Im Hof fällt die neue Tankstelle ins Auge, die inmitten der beiden Fahrbahnen verlegt wurde.

[Zwei Fotos]

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Betrieb Himberg

Um den entfernten Mitgliedern lange Wartezeiten in dem Zentralbetrieb zu ersparen, wurde im Jahre 1936 in der Raabmühle, Himberg, eine Verkaufsstelle eingerichtet. Umfangreiche Sanierungsarbeiten am Mühlengebäude brachten nicht den erhofften Lagerraum. In der Erntezeit 1960 stürzte eine Mauer ein und die ausfließende Frucht begrub ein Mitglied und einen Dienstnehmer, die beide mit Verletzungen davonkamen. Dieses Ereignis war der Anlaß, einen neuen Standort beim Bahnhof zu wählen, der genügend Platz für eine allfällige Ausweitung bot. 1961 wird mit dem Neubau des 4500 Tonnen großen Getreidesilos, der Lagerhalle und des Verwaltungsgebäudes begonnen. Mit Anerkennung muß die beachtliche Anlehenszeichnung der Mitglieder für den Silobau in Himberg hervorgehoben werden. 1969 wird die Werkstätte und 1973 eine Lager- und Düngerhalle in einer weiteren Ausbaustufe errichtet.

[Zwei Fotos]

Links: Silo und Halle in Himberg

Oben: Die Raabmühle, 1950 erworben und 1972 an die Gemeinde Himberg verkauft

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Betrieb Mannersdorf / Leithagebirge

Der Filialbetrieb öffnete 1936 in der Gubiermühle seine Pforten. Wegen Platzmangels kam es 1949 zur Übersiedlung in den neuen Holzbau am Bahnhof. Zu spät bot sich ein Grundkauf an, der diesen Bau erübrigt hätte. Schon 1958 wird ein Hallenbau begonnen, der die Lagerraumnot für Bedarfsartikel beenden sollte. Die Getreideernte in Mannersdorf verlangte vom Lieferanten und Obernehmer den höchsten Einsatz. Mit Förderbänder [!] und Gebläse wurde das Getreide in die Waggons und Lastkraftwagen verladen. Lange Wartezeiten waren für das Mitglied auf dem Programm. 1969 setzte der Silobau in Mannersdorf ein und im gleichen Zuge der Filialausbau. Hiefür war ein Kostenaufwand von 21 Millionen Schilling erforderlich. Seit dem Bestehen des 5000–Tonnen-Getreidesilos verzeichnen wir jährliche Umsatzsteigerungen. Die Filiale Mannersdorf betreut die Abgabestellen Hof und Sommerein.

[Drei Fotos]

Links: Filiale Mannersdorf, Silo und Halle

Mitte und rechts: Abgabestelle Hof und Sommerein

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Betrieb Mühle

Schon das nachhaltige Bestreben der Gründungsmitglieder gab den Ausschlag, einen Mühlenbetrieb im Getreideanbaugebiet zu errichten. 1926 ging die Roggenmühle als Lohnmühle in Betrieb. 1935 nach dem zweiten Umbau fiel die Entscheidung für die Handelsmüllerei. 1955 wurde die Vermahlungsleistung weiter erhöht und die Pneumatik als Förderelement eingebaut.

Die Mühle hatte im Laufe der Jahre ihre Marktposition gesichert. Der Mehlabsatz verlagerte sich in der Mehrheit in die Bundeshauptstadt und in das südliche Niederösterreich. Die scharfe Konkurrenzierung der Mühlen führte 1958 zum unterpreisigen Verkauf der Mehle, bis endlich das Mühlengesetz eine Kontingentierung brachte. Das Vermahlungskontingent mit den in den letzten Jahren zugekauften erreichte 5600 Tonnen pro Jahr. Infolge des beachtlichen Kontingentes steht unser Mühlenbetrieb im Rang der Industriemühlen. Im Geschäftsjahr 1968/69 er-

[Vier Fotos]

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folgte nochmals ein entscheidender Umbau, durch den die tägliche Vermahlung auf 420 dz Weizen und 240 dz Roggen gesteigert werden konnte. Das kombinierte Vermahlungssystem wurde fallengelassen und die Trennung der Roggenmühle von der Weizenmühle vollzogen.

Mit dem Mehlsilobau im Jahre 1974 haben wir einen Lagerraum gewonnen, der 600 Tonnen oder das Eineinhalbfache der Monatsvermahlung erreicht. Im Losetransport liefern wir 60 Prozent des erzeugten Mehles an Bäckereibetriebe, die eine gleichbleibende Qualität fordern; damit die Brot- und Semmelerzeugung ohne Störung abrollt. Eine wertvolle Hilfe ist unser eingerichtetes Labor, in dem die Mehle laufend auf ihre teigphysikalischen Eigenschaften untersucht werden.

Als Lohnmüller begannen unsere Väter vor 50 Jahren. Zur 75–Jahr-Feier stellt sich ein nach dem letzten Stand der Müllereitechnik ausgereifter Betrieb vor.

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Die Werkstätten

Die einsetzende Mechanisierung in der Landwirtschaft machte es erforderlich, sich der anfallenden Reparaturen anzunehmen. Den Genossenschaften fiel ein neuer Auftrag zu: Werkstätten zu errichten. Unsere Genossenschaft begann schon 1939, in Marienthal eine Werkstätte zu eröffnen. Es war die erste Landmaschinenwerkstätte innerhalb der Raiffeisen-Organisation von Niederösterreich. Im Einvernehmen mit dem Verband ländlicher Genossenschaften wurde die Werkstätte schon in größerem Ausmaß, als für den eigenen Betrieb notwendig war, in Betrieb genommen. Die gekauften Objekte der ehemaligen Marienthaler Hanf- und Wollspinnerei boten genügend Platz. Die Nachbargenossenschaften erklärten sich vereinbarungsgemäß bereit, alle Großreparaturen anzuliefern, so daß sich bald eine gutgehende Werkstätte ab-

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1945: Die zerstörten Objekte in Marienthal

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zeichnete. Im Werkstättenbetrieb Gramatneusiedl liegen Gewerbescheine für das Landmaschinenmechanikergewerbe seit 1939 und für das Kraftfahrzeugmechanikergewerbe seit 1954 vor. Für die Steyr-Werke sind wir seit 1948 Vertragswerkstätte. Ein Verkaufsabkommen berechtigt uns zum Verkauf von Steyr-Traktoren. Dem eigenen Maschinenhandel sind unsere Werkstätten eine feste Stütze im Verkauf. Der Transport der Landmaschinen auf offener Straße ist heute wie damals keine leichte Sache. Deshalb entschlossen sich die Funktionäre 1955, eine Werkstätte in Himberg und 1958 in Mannersdorf in Betrieb zu nehmen. Beide Werkstätten werden heute in neuerbauten Hallen betrieben.

Unsere Werkstätten haben jede für sich ein Ersatzteillager in guter Sortierung. Fernschreiber und direkte Abholung dienen der prompten Ersatzteilbeschaffung.

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Werkstätte Himberg

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Werkstätte Mannersdorf

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Die technische Ausstattung der Werkstätten ist zufriedenstellend. Seit Jahren führen wir auch Reparaturen an Starter, Lichtmaschinen und Einspritzpumpen mit bestem Erfolg durch. Die langjährige Praxis hat uns berechtigt, den BOSCH-AGRARDIENST anzustreben. Seit Juli 1975 zählen wir zu den anerkannten und vertraglichen Bosch-Werkstätten. Die Anschaffungen eines Bosch-Einspritzpumpenprüfstandes und Schnelltesters erlauben eine zuverlässige Reparaturausführung.

Laut Vorstandsbeschluß liegt der Auftrag vor, in Gramatneusiedl eine Landmaschinen- und Kfz-Reparaturwerkstätte zu planen. Das derzeitige Werkstättengebäude entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen. Wenn auch die Werkstätte Gramatneusiedl als letzter Betrieb in die Erneuerungsphase eintritt, so darf sie in der Planung und Ausführung alle jene baulichen und technischen Vorzüge erwarten, die ihr in Ansehung als Erstwerkstätte in der Organisation zukommt.

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Dienstleistungsbereich Getreide

Während der Erntezeit herrscht Hochbetrieb an den Übernahmsgossen. Mit hydraulischen Hebebühnen werden die Anhänger an einer Seite angehoben. Das Getreide fließt in die Gosse und wird in den Silo befördert. Die große Arbeitsbreite der Mähdrescher verlangt nur kurze Wartezeiten bei der Getreideanlieferung. Auf die Druschleistung muß die Übernahmskapazität abgestimmt werden.

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Dienstleistungsbereich Treibstoffe

Die stark einsetzende Motorisierung nach dem Zweiten Weltkrieg brachte auch die Frage der Treibstoffversorgung. Im Jahre 1949 wurde im Zentralbetrieb Gramatneusiedl die erste Tankstelle errichtet. Ihr folgten weitere Tankstellen in Pischelsdorf, Mannersdorf, Himberg, Sommerein, Hof, Velm und Moosbrunn, die in den Jahren 1968 bis 1970 auf Schlüsseltankstellen umgebaut wurden. Weitere Schlüsseltankstellen kamen in Mitterndorf und Rauchenwarth. Der Vorteil der Schlüsselanlagen liegt im unabhängigen Treibstoffbezug der Mitglieder während der Tag- und Nachtzeit. In jenen Orten, wo keine Tankstelle besteht, sind die Mitglieder mit Haustankanlagen versorgt, die mit eigenem Tankwagen befüllt werden. Die Genossenschaft hat drei Tankwagen für Diesel- und Heizöl in Betrieb. Der Tanklagerraum der Genossenschaft hat sich durch den Ausbau des Tankstellennetzes und der Haustankanlagen auf 330.000 Liter erhöht. Diese Maßnahme hat sicherlich in den letzten Jahren zur besseren Treibstoffversorgung beigetragen und die Treibstoffkrise konnte leichter überwunden werden:

[Drei Fotos]

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Dienstleistungsbereich Düngung und Pflanzenschutz

Die empfindlichen Preiserhöhungen der Handelsdünger in den letzten Jahren führten zur Überlegung, die lose Düngereinlagerung zu praktizieren. In der Filiale Mannersdorf bot sich ein Provisorium zur Einlagerung an, das auch heute noch beibehalten wird. Die überraschend hohe Nachfrage bei losem Dünger – sie liegt heute bei 80 Prozent – stärkte unsere Bemühungen und führte kurzerhand zur Erweiterung des losen Düngerlagers auf alle Betriebe. Die Gesamtinvestitionen liegen bei vier Millionen Schilling. Der Vorteil des Mitgliedes liegt in der Säckeeinsparung, im Einkauf zur günstigsten Voreinlagerungszeit, im Wegfall der Säckemanipulation, in der Auslagerung zur Bedarfszeit. Der innerbetriebliche Nutzen kann im Einmannbetrieb während der Ein- und Auslagerung gesehen werden.

Unsere Zielsetzung ist die geschlossene Arbeitskette von der Düngerhalle bis zur Ausbringung unter Wegfall jeder Schaufelarbeit. Die Verwirklichung bringt der Großflächenstreuer im Einzel- oder Gemeinschaftsbesitz. Der überbetriebliche Einsatz eines Großflächenstreuers wie auch der eines Containers hat echte Zukunftschancen.

Der Pflanzenschutz hat seit Beginn in unserer Genossenschaft eine Vorrangstellung eingenommen. Heute steht die Beratung an erster Stelle.

Jährlich kommen neue Pflanzenschutzmittel in den Verkehr, deren Anwendungsbereich, Konzentration, Spritztechnik und Zeitpunkt der Ausbringung einer fachlichen Auskunft bedarf.

[Zwei Fotos]

Loser Dünger in der Halle

und die Beladung der Fahrzeuge

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Dienstleistungsbereich Baustoffe

Die Grundbaustoffe sind schon viele Jahre in unserem Verkaufsprogramm. Durch die allgemeine Bautätigkeit lag der Gedanke nahe, alle Baustoffe vom Keller bis zum Dach auf Lager zu nehmen. Ausreichende Lagerplätze sind in allen Betrieben vorhanden, so daß die Sortimentausweitung optisch gut gereiht ist. Im Zentralbetrieb besitzen wir für die Baunebenstoffe eine geräumige Baustoffhalle. Zur Baustelle besteht enger Kontakt und dem Bauherrn wird die Beratung angeboten.

[Drei Foto]

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Dienstleistungsbereich Mischfutter

Auf den Mischfuttersektor kann unsere Genossenschaft auf eine 40jährige Tätigkeit zurückblicken. Mischfutter wurde schon 1937 in Gramatneusiedl und Himberg nach bestimmten Rezepturen rationell hergestellt.

Die gute Qualität des Mischfutters war weithin bekannt, so daß Futtermischungen im Auftrag des Verbandes an eine Reihe von Genossenschaften zur Auslieferung kamen. Erst mit der Inbetriebnahme des WÖV-Mischfutterwerkes in Pöchlarn ging die eigene Erzeugung zurück. Die Veredlungswirtschaft in den Mitgliederbetrieben hat heute einen sehr hohen Stand erreicht, die einen enormen Futterbedarf zur Folge hat. So übernehmen wir zu jeder Ernte auf das Depot der Mitglieder über 4000 Tonnen Futtergetreide, das während des Jahres verschrotet, mit Eiweißkonzentrat oder mit Eiweißträger nach eigener Rezeptur vermischt wird. Diese leistungsfähigen Schroterei- und Mischereianlagen sind in allen drei Betrieben installiert.

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Funktionäre im Jubeljahr

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1. Reihe (v[on] li[nks] n[ach] re[chts]): Böhm Johann, Vorsitzender des Aufsichtsrates, Himberg; Steindl Josef, Obmannstellvertreter, Ebergassing; Höppel Leo, Obmann, Pellendorf; Dipl.-Ing. Stoitzner Josef, Direktor, Gramatneusiedl; Fürst Johann, Obmannstellvertreter, Velm; Hillinger Robert, Aufsichtsrat, Rauchenwarth; Schlösinger Franz, Aufsichtsrat, Reisenberg; Ing. Zöchmeister Jakob, Aufsichtsrat, Velm. 2. Reihe: Baumann Johann, Vorstandsmitglied, Moosbrunn; Sperber Johann, Aufsichtsrat, Wiener-Herberg; Stechauner Friedrich, Vorstandsmitglied, Rauchenwarth; Bauer Josef, Aufsichtsrat, Mannersdorf/L.; Hartl Theodor, Vorstandsmitglied, Reisenberg; Wittner Otto, Vorstandsmitglied, Gramatneusiedl; Andrä Franz, Vorstandsmitglied, Zwölfaxing. 3. Reihe: Karner Leopold, Vorstandsmitglied, Mannersdorf/L.; Müller Franz, Aufsichtsrat, Neu-Reisenberg; Gall Josef, Aufsichtsrat, Pischelsdorf; Brauneder Josef, Aufsichtsrat, Gramatneusiedl; Grassl Ernst. Aufsichtsrat, Moosbrunn; Novotny Friedrich, Aufsichtsrat, Gramatneusiedl; Hofschneider Franz, Vorstandsmitglied, Mitterndorf / F. 4. Reihe: Schaufler Engelbert, Aufsichtsrat, Mannswörth; Griesmüller Alfred, Aufsichtsrat, Gramatneusiedl; Wolf Rudolf, Aufsichtsrat, Pischelsdorf; Schmid Franz, Aufsichtsrat, Himberg; Tatzber Johann, Aufsichtsrat, Sommerein/L.; Teizer Johann, Vorsitzender-Stellvertreter des Aufsichtsrates, Pischelsdorf.

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Belegschaft im Jubeljahr

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1. Reihe (v. li. n. re.): Fabschitz Matthäus, Landmaschinenmechaniker; Glatzl Rosa, Bedienerin; Novotny Friedrich, Magazineur; Hietz Franz, Landmaschinenmechaniker; Ing. Hirschler Karl, Filialleiter; Schneider Siegfried, Obermüller; Bayer Mathias, Oberbuchhalter; Biberhofer Leopold, Werkstättenleiter; Dir. Dipl.-Ing. Stoitzner Josef, Geschäftsführer; Brunnthaler Hermann, Filialleiter; Issowitsch Johann, Maschinenvertreter; Hofer Alois, Werkstättenleiter; Siegl Hermann, Werkstättenleiter; Biberhofer Georg, Magazineur. 2. Reihe: Krebs Manfred, Landmaschinenmechaniker; Schreiber Rudolf, Lehrling; Müller Franz, Lohnbuchhalter; Kamerer Bruno, Lehrling; Solnitzky Gustav, Betriebselektriker; Maurer Rosa, Buchhalterin; Malicek Maria, Paketiererin; Buchegger Magdalena, Buchhalterin; Liegenfeld Maria, Buchhalterin; Mykytycz Gertrude, Paketiererin; Deutsch Maria, Bedienerin; Püff Johann, Kraftfahrer; Schallerl Wilma, Werkstättenverrechnerin; Bayer Alfred, Manazineur; Herrmann Josef, Landmaschinenmechaniker; Tobler Leopold, Kraftfahrer. 3. Reihe: Taferner Franz, Landmaschinenmechaniker; Grießler Josef, Müller; Wolf Oskar, Kfz-Mechaniker; Mayer Elisabeth, Buchhalterin; Kummer Walter, Untermüller; Stummer Franz, Werkstättenverrechner; Molnar Stefan, Einkäufer; Rödler Josef, Werkstättenverrechner; Baumann Peter, Buchhalter; Schottner Leopold, Werkstättenverrechner; Laufenböck Josef, Kassier; Schmalzl Franz, Kassier; Hartl Johann, Magazineur. 4. Reihe: Stachelberger Franz, Lagerarbeiter; Auer Franz, Lagerarbeiter; Gassner Leopold, Lagerarbeiter; Gretsch Josef, Silomeister; Tobler Ernst, Lehrling; Roth Raimund, Lehrling; Hietz Karl, Lehrling; Solgat Slavko, Schweißer; Böhm Johann, Landmaschinenmechanikermeister; Draschkowitz Kurt, Baustoffvertreter; Zartl Johann, Magazineur; Kienl Andreas, Hilfskassier; Griesmüller Alfred, Kassier. 5. Reihe: Slatner Johann, Lagerarbeiter; Kolber Josef, Lehrling; Kandler Andreas, Landmaschinenmechaniker; Hechinger Hermann, Landmaschinenmechaniker; Sulzgruber Walter, Landmaschinenmechaniker; Biberhofer Alfred, Landmaschinenmechanikermeister; Prouza Otto, Magazineur; Gaupmann Herbert, Landmaschinenmechaniker; Hof Klaus, Lehrling; Kögl Josef, Kfz-Mechaniker; Jerger Franz, Lehrling. 6. Reihe: Jäger Michael, Müller; Kargl Franz, Müller; Radojevic Dusan, Lagerarbeiter; Weiss Georg, Mitfahrer; Nießler Herbert, Kraftfahrer; Wolf Rudolf, Magazineur; Bloderer Karl, Mitfahrer; Hartl Johann, Kraftfahrer; Laschober Johann, Kraftfahrer; Schmid Franz, Silomeister.

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Obmänner der Genossenschaft:

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1904–1913

Stefan Dienstl, Ebergassing

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1901–1904

Carl Molzer, Gramatneusiedl

 

1913–1938

Ökonomierat

Matthias Spiegelgraber,

Gramatneusiedl

1938–1944

Josef Stöckel,

Himberg

1944–1945

Ökonomierat Franz Hillinger, Ebergassing

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1945–1968

Franz Schorn,

Gramatneusiedl

seit 1969

Leo Höppel,

Himberg-Pellendorf

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Geschäftsführer der Genossenschaft ab 1914:

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1914–1929

OV Anton Wiedermann

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1929–1946

Dir. Michael Reiner

1946–1961

OV Leopold Stöckl

1961–1966

Dir. Dipl.-Ing. Dr. Josef Eppensteiner

ab 1967–

Dir. Dipl.-Ing. Josef Stoitzner

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