Plünderungen und Vergewaltigungen in
Gramatneusiedl im April und Mai 1945
Eintrag von
Leopold Eder (1899–1963) in: Denkbuch der Pfarre Moosbrunn.
Band 2, S. 133–134.
Transliteration:
Reinhard Müller.
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Der »Kriegsgräuel 1945«.
Die Verwüstungen durch Bombenangriffe und Kriegsgeschehnisse aller Art waren wohl recht böse; ebenso die allenthalbe Ausraubung der Häuser durchs ganze Land: Alle Gattungen der Haustiere wie Pferde, Rinder, Schweine, Schafe, Geflügel etc. mußten daran
glauben, dies besorgte zumeist die russische Armee. Manche Besitzer waren sehr arg betroffen: Kein Pferd, kein Schwein, usw., manche kamen besser, andere wieder, besonders was Rinderbestand belangte, gut durch. In den Häusern selbst war überall alles von oben bis unten umgekehrt, alles durcheinander,
vieles ausgestohlen: Kleider, Wäsche, Wertsachen, Geld, Maschinen, Gegenstände aller Art, überall wurde darnach gesucht u[nd] gegraben und manches Versteck entdeckt im Keller, Hof, Garten. Ausländer u[nd] Ortsbewohner (!) raubten und stahlen um die Wette. Ebenso gingen viele Vorräte an Lebensmitteln
verloren. Daß Soldaten im Kriege »leben« wollen, daß eine Armee viel braucht u[nd] daß viel mutwillig verurasst wird, das alles ist »alter Kriegsbrauch«,
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der »Kriegsgräuel 1945« aber bestand in der Massenvergewaltigung und Massenschändung des weibl[ichen] Geschlechtes vom Kindesalter bis zum Greisenalter, fortgesetzt auch nach dem Kriegsende noch durch einige Zeit. Bei Nacht u[nd] auch bei Tag wurden Frauen
u[nd] Mädchen gesucht und mißbraucht, in Kellern, Wohnungen, im Freien, ein Soldat übergab sie dem andern, die Offiziere waren nicht besser, es geschah unverhüllt vor aller Öffentlichkeit, vor Vater und Mutter. Zur Ehre und um der Gerechtigkeit willen soll es nicht verschwiegen sein: Der bessere Teil
der russischen Soldaten u[nd] Offiziere schämte sich, gab seinem Abscheu mehrmals Ausdruck!! Massenerkrankungen waren die Folge. Diese schandbaren Dinge sind zwar in der Kriegsgeschichte auch keine Neuigkeit, sind aber in den letzten Kriegen Europas in solchem Umfang nicht verzeichnet. Das gab der
»Befreiung« eine besondere Note; denn hohe Prozentsätze des weibl[ichen] Geschlechtes erlitten diese Schmach.
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