Walter Wodak
geb.
Wien, am 22. November 1908
gest. Wien, am 25. Februar 1974
Diplomat, Beteiligter an der Marienthal-Studie
Walter Wodak, Sohn des Kaufmanns Jakob Wodak und seiner Frau Emilie,
besuchte das Realgymnasium in Wien, war Mitglied und 1928 Obmann der
Wiener »Vereinigung sozialistischer Mittelschüler«, wo er wohl
Marie Jahoda
(1907–2001) kennen lernte, später Vorstandsmitglied des »Verbands
Sozialistischer Studenten Österreichs«, Mitglied der
»Sozialdemokratischen Arbeiterpartei« (SDAP) und der
»Sozialistischen Jungfront«. Wodak studierte Rechtswissenschaft an der
Universität Wien, wo er 1933 zum Doktor der Rechtswissenschaft (Dr. jur.) promoviert wurde.
In diese Zeit fällt auch Walter Wodaks Mitarbeit beim
Projektteam
der
Marienthal-Studie.
Der damals Dreiundzwanzigjährige führte zwischen November 1931 und Mai
1932 Recherchen in Marienthal durch.
Hauptberuflich war Walter Wodak nach einer kurzen
Gerichtspraxis in der Versicherungsbranche tätig. Sein Hauptinteresse
galt aber der Politik. Nach dem Aufstand zur Verteidigung der Demokratie in Österreich im
Februar 1934 war Walter Wodak Mitglied des Zentralkomitees der politisch
zwischen Kommunisten und »Revolutionären Sozialisten Österreichs« (RSÖ)
positionierten illegalen »Roten Front«, der übrigens auch
Ludwig Wagner
(1900–1963) angehörte, war seit Mai 1934 Mitglied der illegalen
»Kommunistischen Partei Österreichs« (KPÖ) und wirkte als Funktionär am
Aufbau der illegalen »Freien Angestelltengewerkschaft Österreichs« (Fragö) mit
und war Gruppenleiter der Versicherungsangestellten.
1934 heiratete Walter
Wodak in Zagreb, Jugoslawien
(heute Kroatien), Erika Wollak, mit der er zwei Kinder
hatte: Eva Wodak (geb. 1937) und Ivan Wodak (geb. 1938), der sich später
John Wodak nannte.
Im März 1938 flüchtete Walter Wodak nach Frankreich und 1939 nach
Großbritannien. Hier war er zunächst Organisator einer Gruppe des »Austrian
Centre« in Liverpool (Liverpool), wurde nach Auseinandersetzungen mit
den österreichischen Kommunisten wegen des sogenannten
Hitler-Stalin-Pakts – es war dies sein endgültiger Bruch mit den
Kommunisten – im September 1939 Mitglied des
sozialdemokratischen »Austrian Labour Club« und war 1941 bis 1945
Mitglied des »Londoner Büros der österreichischen Sozialisten in
Großbritannien«. Nach einer kurzzeitigen Internierung als so genannter
feindlicher Ausländer trat er im August 1940 als Frewilliger in das Pioneer Corps der
britischen Armee ein, wurde aber 1941 dienstfrei gestellt, um – unter
anderem mit
Marie Jahoda – den von Großbritannien unterstützten Geheimsender »Radio Rotes Wien«
in Woburn (Bedfordshire) zu betreiben. Nach dem Versuch der britischen
Regierung, auf diesen sozialistischen Sender für Österreich Einfluss zu
nehmen, trat er wieder in den Dienst des Pioneer Corps und wurde im
Februar 1942 zum britischen Army Educational Corps in Oxford
(Oxfordshire) und Gloucester (Gloucestershire) versetzt, war seit April
1945 bei der Legal Divison des Britischen Elements der Alliierten Kommission
für Österreich in Köln (Nordrhein-Westfalen) und
seit Mai in Österreich, seit September 1945 in Wien stationiert, kehrte
aber als Verbindungsmann der österreichischen Sozialdemokratie bereits
im November nach London zurück.
Nach seiner Scheidung heiratete Walter Wodak 1944 in
Oxford die Chemikerin Dr. phil.
Erna Franziska Mandel (1916–2003),
die ebenfalls 1938 aus Wien geflüchtet war, und mit der er seit 1939
zusammenlebte.
Aus dieser zweiten Ehe stammt die Tochter Ruth Wodak, verheiratete Engel-Wodak
(geb. London 1950), Sprachwissenschaftlerin und Soziologin. 1950 kehrte
die Familie Wodak nach Wien zurück.
1946 demobilisiert, trat Walter Wodak noch im Februar 1946 in die
»Sozialistische Partei Österreichs« (SPÖ) und – wie der ebenfalls an der
Marienthal-Studie
beteiligte
Karl Hartl
(1909–1979) – in den österreichischen diplomatischen Dienst ein: 1946
bis 1948 Presse- und Sozial-Attaché und 1948 bis 1950 Erster Sekretär
und Geschäftsträger bei der Botschaft in London, 1950 bis 1951 Beamter
und 1951 bis 1953 Legationsrat und Geschäftsträger bei der Botschaft in
Paris, 1953 bis 1954 außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter
Minister und 1954 bis 1959 Botschafter in Belgrad (Beograd / Београд), 1959 bis
1962 Sektionschef im Außenministerium in Wien – zwischendurch 1962 bis
1963 Angestellter der »Arbeiterbank Aktiengesellschaft« für
Entwicklungsfragen –, 1963 bis 1964 wieder im Außenministerium, 1964 bis
1970 außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter in Moskau (Москва).
1970 bis 1974 war Wodak Generalsekretär im Außenministerium in Wien und
wirkte führend an der Gründung des Instituts für Angewandte
Systemanalyse in Laxenburg (Niederösterreich) mit. Wodak begann nun,
sich verstärkt mit wissenschaftlichen Arbeiten zu beschäftigen und wurde Honorarprofessor für Internationale Beziehungen an der Universität
Wien. Die Übernahme eines für die Zeit nach seiner Pensionierung
vorgesehenen Lehrauftrags am Smithsonian Institute in Washington, D.C.,
kam durch den den frühen Tod Wodaks nicht mehr zustande.

Selbstständige
Publikationen von Walter Wodak
● Die Beziehungen
zwischen Ost und West. Vortrag, gehalten am 23. Februar 1971 vor dem
Donaueuropäischen Institut in Wien.
Wien: Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten, Abteilung Presse
und Information [1971], 20 S.
● Ost-West-Beziehungen.
Von der Konfrontation zur Kooperation. Vortrag, gehalten in Bonn am 10.
Januar 1972.
Bonn: Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik 1972, 21 S.
● Diplomatie
zwischen Ost und West. (Vorträge und Aufsätze. Briefwechsel zwischen
Karl Renner und Walter Wodak). Herausgegeben und eingeleitet von Norbert
Leser. Graz–Wien–Köln: Styria 1976 (= Österreichische
Diplomaten.), 235 S.
● Diplomatie zwischen
Parteiproporz und Weltpolitik. Briefe, Dokumente und Memoranden aus dem
Nachlaß Walter Wodaks 1945–1950. Herausgegeben und eingeleitet von
Reinhold Wagnleitner.
Salzburg: Neugebauer 1980 (= Quellen zur Geschichte des 19. und 20.
Jahrhunderts. 3.), VIII, 1012 S.

Über Walter Wodak auf dieser Website
● Große Chronik von
Gramatneusiedl, Marienthal und Neu-Reisenberg:

● Das Projektteam der
Marienthal-Studie:

© Reinhard Müller
Stand:
August 2011
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