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Die zweite Einquartierung französischer Soldaten in Gramatneusiedl vom 16. Mai bis 20. November 1809
Eintrag von Anton Schallerl (1780–1862), geschrieben um 1835, in:
Denkbuch d[er] Pfarre Moosbrunn. Band 1, S. 290–291.
Transliteration:
Reinhard Müller.
290
1809 Zweyte
französische Invasion
[…]
Bey weitem zügelloser
betrugen sich die Feinde bey dieser Invasion als bey der
ersten.
[…]
Am 24 May Nachmittags um
2 Uhr kamen von Neusidl [d.i.
Gramatneusiedl;
Anm.
R.M.] herauf [nach Moosbrunn;
Anm.
R.M.] französ[ische] Marodeurs in der Absicht zu
plündern. Unterwegs nahmen sie zwey ihnen unterkommende Nachbarn
gefangen, wollten von ihnen erpressen in welchen Häusern viel zu
bekommen wäre. Schon vor dem Orte fiengen sie an zu schießen. Es
versammelten sich mehrere Einwohner aus Neugierde, zu sehen, was vorgehe
bey der Ortsmühle. Als sie aber die Feinde heranstürmen sahen, ergriffen
sie die Flucht. Die Marodeurs aber gaben auf die Fliehenden Feuer. Der
Mitnachbar Johann Renner vom Hause nro. 45 fiel getroffen bey dem Hause
nro 37 mit dem Ausruf »Ich habe mein Theil« todt zur Erde nieder. Die
Marodeurs aber entfernten sich nun auch. Es wurde darüber die Anzeige an
die Herrschaft Schwadorf gemacht. Am 26. May früh 8 Uhr wurde er vom
Cooperator begraben.
291
Herr Dechant [Matthäus]
Karner wurde mißhandelt Schuh u[nd] Hosenschnallen gewaltthätig
ausgelöset u[nd] zweymal geplündert. Er verließ den Pfarrhof [Moosbrunn;
Anm.
R.M.] u[nd] wohnte in der Mühle. Er konnte sich seit
diesen Zeiten seiner Gesundheit nicht mehr recht erhohlen. Nur dadurch
wurde er vielleicht von einem gewaltsamen Tode errettet, daß einige
Nachbarn in den Pfarrhof eilten u[nd] zwar von rückwärts u[nd] vorgaben,
der Dechant müsse zu einem Sterbend[en] eilen. Es wurden ihm viele
Meubls ruinirt, u[nd] er mußte eine bedeutende Summe verlohren habe[n],
deren Betrag er aber nie angab.
Ein andersmal fiengen
einquartirte Feinde mit der Hauswirthin des Hauses nro. 32 [in Moosbrunn;
Anm.
R.M.] Streithädl an zur Mittags Zeit. Sie entfernten
sich durch den Stadl, aber kaum waren sie fort, so brach im
naheliegenden Stadl Feuer aus u[nd] es brannten die Häuser nro. 32, 33,
34, 31, 30, 10, 11, 12, 13 also 9 Haus, u[nd] von der Mühle
nro. 8 der Stadl und die Stallungen ab.
Zu
Grammatneusidl brachen die Feinde in die
Kirche ein u[nd] raubten einen silbernen Kelch – 1 alten Kruzfixum
vergoldten unbrauchbaren Kelch – 1 Monstranze von Gürtler Arbeit. 1 Kreuzpentikl –
1 Schiffl von Messing 3 ordinare Alben – 3 Humeralien – 5 purificatorien –
4 weiße Altartücher – 3 Kirchenthüren wurden ruinirt, u[nd] eine
Kirchenlade in der Sakristey – die Orgel verwüstet u[nd] die Armen bixn,
6 P[fund] weißes Wachs geraubet. In summum in Schätzungswerth ohne
Monstranz u[nd] Kelch 403 583 f[lorin] B[anko] Zettl, oder 291 f
30 kr[euzer] Silbergeld u[nd] der Silberzwanziger galt 40 kr Bancozettl.
Sie begingen überhaupt arge Excesse.
Faksimile:
290,
291.
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