Marie Jahoda über die Anmietung eines Banksafes für illegale Papiere1

Wien, 16. November 1936

[Joseph] Buttinger hatte mir die Papiere des illegalen Exekutivkomitees zur Aufbewahrung gegeben. Ich hab damals schon das Gefühl gehabt, daß ich beobachtet werde. [...] ich habe mich unsicher gefühlt. Und ich hab deshalb diese illegalen Papiere genommen und bin zu einer Bank gegangen, um mir ein Safe zu nehmen.

Mathias Greffrath: »Ich habe die Welt nicht verändert.« Gespräch mit Marie Jahoda, in: Die Zerstörung einer Zukunft. Gespräche mit emigrierten Sozialwissenschaftlern. Aufgezeichnet von Mathias Greffrath. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1979 (= das neue buch. 123.), S. 103–144, hier S. 130–131.


So bin ich zur Länderbank gegangen um einen Safe zu nehmen, in dem ich das alles (aufbewahren) konnte. Man hat mich in den Saferaum geführt. Ich habe alle illegalen Berichte und Auseinandersetzungen zwischen [Joseph] Buttinger und den Kommunisten und Buttinger und [Karl Hans] Sailer da hineingegeben und dann sind wir wieder hinaufgegangen. Um die Geschichte zu beenden: Ich hatte immer den Plan gehabt, das unter einem falschen Namen zu tun. Wie ich die Dokumente unterschreiben solltet sagt der Beamte: »Kann ich Ihre Identitätskarte sehen?« – Das war schlecht. So war dieser Safe unter meinem Namen, denn ich konnte nicht mehr davonlaufen. Da war nichts anderes zu tun.

Robert Knight: Interview mit Marie Jahoda am 28. August 1985. Quelle: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Wien.


1 Die Anmietung dieses Safes in der »Zentraleuropäischen Länderbank«, Wien, am 16. November 1936 sollte im Prozess gegen Marie Jahoda eine wichtige Rolle spielen.

© Reinhard Müller -- Graz, im Oktober 2006

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