|
Richard
Nikolaus Coudenhove-Kalergi
das ist bis 1903: Richard Nikolaus Graf
von Coudenhove, 1903–1919: Richard Nikolaus Graf von Coudenhove-Kalergi
geb. Tokio (Tōkyō), am 16. November 1894
gest. Schruns, Vorarlberg, am 27. Juli 1972
Schriftsteller und Politiker, Gründer der
Paneuropa-Bewegung
Richard Nikolaus Graf
Coudenhove, Sohn des Diplomaten und Schriftstellers
Heinrich Johann Marie
Grafen von Coudenhove (seit 1903: Coudenhove-Kalergi; 1859–1906) und der
aus altem japanischem Geschlecht stammenden Maria Thekla Coudenhove,
geborene Mitsu Aoymama (1874–1941), sowie Bruder der Schriftstellerin
Ida Friederike (bis 1919: Gräfin) Coudenhove-Kalergi, verheiratete
Görres (1901–1971), wuchs in Böhmen auf Schloss Ronsperg (Poběžovice,
Tschechische Republik) auf und besuchte die Schulen in Pilsen (Böhmen;
Plzeň, Tschechische Republik) und Brixen (Tirol; Brixen/Bressanone,
Italien), schließlich 1903 bis 1913 das Theresianum in Wien.
Anschließend studierte er Philosophie und Geschichte an den
Universitäten Wien und München und wurde 1917 an der Universität Wien
zum Doktor der Philosophie (Dr. phil.) promoviert. Seit 1917 war er als
Journalist bei österreichischen und deutschen Zeitungen wie
Zeitschriften in Wien tätig, nahm aber 1919 die tschechoslowakische
Staatsbürgerschaft an. 1922 wurde er Mitglied der Freimaurer (Loge
»Humanität«,
Wien).
1915 heiratete Richard
Nikolaus Graf von Coudenhove-Kalergi die Schauspielerin
Ida Roland (1881–1951).
Coudenhove-Kalergi und seine Frau verkehrten unter anderem im Kreis der
Kunstmäzenin
Jenny Mautner
(1856–1938) und deren Mann, dem Großindustriellen
Isidor Mautner (1852–1930),
welcher seit 1925 auch Besitzer der
Textilfabrik Marienthal
war.
1923 gründete
Richard
Nikolaus Coudenhove-Kalergi die »Paneuropa-Union«
mit Sitz in Wien; Ziel war der politische Zusammenschluss der
europäischen Staaten unter Ausschluss der Sowjetunion. Seit 1924 gab er
deren Organ, »Zeitschrift
Pan-Europa«
(Wien–Leipzig), heraus. Er unternahm
Vortragsreisen durch Europa und die
USA und knüpfte zahlreiche internationale Kontakte. Von Anfang an wurde
er in seinen paneuropäischen Aktivitäten von seiner Frau
Ida Roland
unterstützt. 1926 fand der erste Europäische Kongress der
»Paneuropa-Union«
in Wien statt, in dessen Folge es zur Bildung des
»Europäischen
Zentralrats«
aus den Vorsitzenden der nationalen Organisationen kam;
Coudenhove-Kalergi
wurde zum Präsidenten der
»Paneuropa-Union«
gewählt und war auch Vorsitzender der paneuropäischen Kongresse in Wien
1928, Berlin 1930, Basel 1932 und Wien 1935. Im September 1929 kam es
auf Initiative der französischen Regierung zur Paneuropa-Debatte vor dem
Völkerbund-Plenum in Genf / Genève (Genf). Seit 1934 unterstützte
Coudenhove-Kalergi das Ständestaatregime und die Mussolini-Diktatur in
Italien in deren Kampf gegen den Nationalsozialismus.
Richard Nikolaus
Coudenhove-Kalergi flüchtete mit seiner Frau
Ida Roland im
März 1938 über die Tschechoslowakei,
Ungarn, Jugoslawien und Italien in die Schweiz. Hier errichtet er in
Bern das neue Zentrum der
»Paneuropa-Union«,
welches später nach Genf verlegt wurde. 1938 bis 1940 gab
Coudenhove-Kalergi
dessen Zeitschrift,
»Europäische
Briefe«
(Bern, seit 1940 Genf) beziehungsweise
»Lettre
européenne adressée aux membres de l’Union paneuropéenne«
(Berne, seit 1940 Genève), herausgab.
1939 emigrierte
Richard
Nikolaus Coudenhove-Kalergi mit seiner Frau
Ida
Roland nach Frankreich, dessen Staatsbürgerschaft er 1939
annahm. Paris wurde neuer Sitz des
Zentrums der
»Paneuropa-Union«.
Er arbeitete eng mit
Otto Habsburg-Lothringen
(1912–2011) zusammen und beteiligte sich am Versuch,
eine österreichische
Exilregierung in Paris zu bilden.
Im Juni 1940 flüchtete
Richard
Nikolaus Coudenhove-Kalergi mit seiner Frau
Ida
Roland
über Spanien und Portugal,
wo er kurzzeitig in Lissabon (Lisboa) lebte, in die USA, wo er sich in
New York (New York) niederließ. Er arbeitete
mit den österreichischen Legitimisten
(Monarchisten) und Vertretern des Ständestaates zusammen, führte aber
auch Verhandlungen mit Vertretern der österreichischen Sozialdemokratie.
1941 versuchte er vergebens, eine österreichische Exilregierung unter
seinem Vorsitz zu bilden, im Herbst 1941 verfasste er die Denkschrift
»Austrian
Independence in the Light of the Atlantic Charter«.
1941 bis 1944 war
Coudenhove-Kalergi
Lecturer (Lehrbeauftragter) und Leiter eines
neugegründeten Forschungsseminars zur europäischen Nachkriegsföderation,
1944 bis 1946 Professor für Geschichtswissenschaft an der New York
University. Im März 1943 fand der 5. Paneuropa-Kongress in New York
statt. Unmittelbar nach Kriegsende unternahm er eine Propagandareise für
die
»Paneuropa-Union«
durch die USA, 1946 durch Europa.
1946 ließ sich
Richard
Nikolaus Coudenhove-Kalergi mit seiner Frau
Ida
Roland in der Schweiz nieder. Hier gründete er 1947 die
»Europäische
Parlamentarier-Union«,
deren Generalsekretär er wurde. 1952 fusionierte er die »Europäische
Parlamentarier-Union«
mit der
Parlamentarischen
Gruppe der
»Europäischen
Bewegung«
zum Parlamentarischen Rat der
»Europäischen
Bewegung«
und wurde deren Generalsekretär sowie einer der Ehrenpräsidenten und
1954 – als einziger Nichtparlamentarier – Mitglied auf Lebenszeit. Die
in den Jahren 1952 bis 1954 reorganisierte
»Paneuropa-Union«
hatte zunächst ihren Sitz in Basel, seit 1965 in Brüssel (Bruxelles).
Aus Protest gegen die Unterstützung der Präsidentschaftskandidatur von
François Mitterand (1916–1996) durch die
»Europäische
Bewegung«
legte er seine Ehrenpräsidentschaft nieder. In den letzten Lebensjahren
stand Coudenhove-Kalergi
der
europapolitischen Konzeption des Rechtskonservativen Franz Josef Strauß
(1915–1988) nahe.
Richard Nikolaus
Coudenhove-Kalergi
heiratete 1952 Alexandra Bally, geschiedene Gräfin von Tiele-Winkler
(1896–1968), mit der er das Adoptivkind Alexander Coudenhove-Kalergi
hatte. Richard Nikolaus
Coudenhove-Kalergi
heiratete 1969 Melanie Hoffmann-Benatzy, geborene Donath
(1909–1983).

Selbstständige Publikationen von Richard
Nikolaus Coudenhove-Kalergi
● Die Objektivität als
Grundprinzip der Moral.
Philosophische Dissertation, Universität Wien 1917 (Maschinenschrift).
● Ethik und Hyperethik.
Leipzig: Der Neue Geist, Reinhold 1922, 125 S.
● Adel.
Leipzig: Der Neue Geist, Reinhold 1922 (= Der neue Geist. 32–33.), 43 S.
● Apologie der Technik.
Leipzig: Der Neue Geist, Reinhold 1922 (= Der neue Geist. 41–44.), 71 S.
● Pan-Europa.
Wien: Pan-Europa 1923, XI, 167 S.
● Krise der
Weltanschauung.
Wien: Pan-Europa. 1923, X, 145 S.
● Pazifismus.
Wien–Leipzig: Pan-Europa 1924, 41 S.
● Das pan-europäische
Manifest.
Wien–Leipzig: Pan-Europa 1924 (= Pan-Europa. 1. Band. 1.), 19 S.
Umschlagtitel: Eröffnungsnummer der Zeitschrift Pan-Europa.
● Paneuropa und
Völkerbund. Gesprochen auf den internationalen Weltfriedenskongress in
Berlin.
Wien–Leipzig: Pan-Europa 1924 (= Pan-Europa. 1. Band. 6.), 23 S.
● (Herausgeber &
Redakteur) Zeitschrift Pan-Europa (seit 1925: Pan-Europa).
● Herausgeber: R. N. Coudenhove-Kalergi (Wien–Leipzig), 1.–14. Jg. (1924–1938). 1934
und 1936 mit Sonderausgaben unter dem Titel: Paneuropa-Wirtschaftshefte.
● Praktischer Idealismus.
Adel – Technik – Pazifismus.
Wien–Leipzig: Paneuropa 1925, VI, 191 S.
● [Josef] Popper-Lynkeus.
Der Mann und sein Werk.
Wien: Löwit 1925, 31 S.
● Kampf um Paneuropa.
Wien–Leipzig: Paneuropa 1925–1928, 3 Bände:
1. Band:
Aus dem
1. Jahrgang von Paneuropa.
1925,
172 S.
2.
Band: 1926, 185 S.
3. Band:
1928, 204 S.
● Held oder Heiliger.
Wien–Leipzig: Paneuropa 1927, 240 S. Enthält: Held oder Heiliger. –
Geographische Elemente der europäischen Seele. – Historische Elemente
der europäischen Seele. – Dimensionen der europäischen Seele. – Verfall
der europäischen Moral. – Der moderne Immoralismus. – Gefahren des
Immoralismus. – Sittliche Erneuerung. – Mann und Frau. – Das große Ziel.
● Paneuropa, die
europäische Seele. Wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Fakultät der
Universität Köln.
Leipzig: Gloeckner 1928 (= Kölner Vorträge. 3. Band. 3.), 27 S.
● …Weltfriede?
Wien–Leipzig: Paneuropa [1928] (= Paneuropa. 4. Band. 4.), 26 S.
● (Anonym) Was will
Paneuropa? Wien–Leipzig: Paneuropa [1928], 14 S.
● (Herausgeber)
Heinrich Graf von Coudenhove-Kalergi: Das Wesen des
Antisemitismus. Eingeleitet durch Antisemitismus nach dem Weltkrieg, von
R[ichard] N[ikolaus] Coudenhove-Kalergi. Wien–Leipzig: Paneuropa
1929, 284 S. Der Text von Heinrich Graf von Coudenhove-Kalergi zuerst
Berlin 1901.
● Die
europäische Seele. Rede gehalten in Zürich am 8. Dezember 1929.
Zürich/Leipzig: Verlag des Lesezirkels Hottingen/Hoffmann 1929 (= Zürcher Vorträge zur Zeitgeschichte. 3.), 22 S.
● Los vom Materialismus!
Leipzig–Wien: Paneuropa [1931], 234 S.
● Gebote des Lebens.
Leipzig–Wien: Paneuropa [1931], 61 S.
● [Iosif
Vissarionovič] Stalin & Co.
Leipzig–Wien: Paneuropa 1931, 56 S.
● Paneuropa ABC.
Leipzig–Wien: Paneuropa [1931], 32 S.
● La Lutte
pour l’Europe 1931.
Vienne [Wien]: Editions Paneuropéennes [1931], 106 S.
● Paneurope.
Questions et réponses.
Vienne [Wien]: Editions Paneuropéennes [1931], 31 S.
● Deutschlands
europäische Sendung.
Wien–Leipzig: Paneuropa [1931], 22 S.
● Revolution durch
Technik.
Wien–Leipzig: Paneuropa [1932], 101 S.
● Paneuropa und die
Weltkrisis. Vortrag.
Laupen bei Bern: Polygraphische Gesellschaft 1932, 28 S.
● Österreichs europäische
Sendung.
Wien: Paneuropa [1933], 24 S.
● Die Schweiz in Gefahr!
Leipzig–Wien: Paneuropa [1933], 24 S.
● Judenhass von heute.
Wesen des Antisemitismus.
Wien–Zürich: Paneuropa 1934, IV, 332 S.
● Europa erwacht!
Zürich–Wien: Paneuropa 1934, 295 S. & 32 Tafeln.
● Plan
Coudenhove-Kalergi pour la réforme de la Société des Nations.
Vienne [Wien]: Union Paneuropéenne [1934], 8 S.
● Europa ohne Elend.
Ausgewählte Reden.
Paris–Wien–Zürich: Paneuropa 1936, 91 S.
● Judenhass!
Wien: Paneuropa 1937, 100 S.
● (Herausgeber)
Schweizer National- und Ständeräte zum Programm der Paneuropa-Union /
L’Opinion de Conseillers Nationaux et de Conseillers des Etats sur le
programme de l’Union Paneuropéenne. (Herausgegeben von R[ichard]
N[ikolaus] Coudenhove-Kalergi.
Zürich–Wien: Paneuropa
[1937], IV, 28 S.
● Totaler Staat – totaler
Mensch.
Glarus: Paneuropa
1937, IV, 193 S. Später unter dem Titel:
Totaler Mensch –
totaler Staat.
● Kommen die
Vereinigten Staaten von Europa?
Glarus: Paneuropa [1938], IV, 113 S.
● (Herausgeber)
Europäische Briefe. Herausgeber: Coudenhove-Kalergi (Bern, seit 1940
Genf), 25 Nummern (1938–1940).
● (Herausgeber)
Lettre européenne adressée aux membres de l’Union paneuropéenne
(Berne, seit 1940 Genève), 32 Nummern (1939–1940).
● Crusade
for Pan-Europe. Autobiography of a man and a movement.
New York, N.Y.: Putman 1943, viii, 318 S.
● Kampf um Europa. Aus
meinem Leben.
Zürich: Atlantis 1949, 308, 12 S.
● Ida Roland
in memoriam.
London: Phaidon 1951, 45 S.
● (Mit
William
Emmanuel Rappard)
Europa. Großmacht oder Kleinstaaterei. Sammelband als Handbuch über den
geistigen und politisch-wirtschaftlichen Bestand Europas. Herausgeber:
Edgar Stern-Rubarth. (Kartenzeichnungen: Erich Funke).
Bielefeld:
Eilers 1951, 295 S. Enthält: Richard N[ikolaus] Coudenhove-Kalergi:
Europäertum als Paneuropa. – William E[mmanuel] Rappard: Die Europafrage
für den neutralen Schweizer.
● Die europäische Mission
der Frau.
Zürich: Thomas [1953], 43 S.
● Der
Gentleman.
Zürich: Thomas [1953], 28 S.
● Mutterland
Europa.
Zürich: Thomas [1953], 29 S.
● Die europäische
Nation.
Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt 1953, 164 S.
● Vom Ewigen Krieg zum
Großen Frieden. Göttingen–Berlin–Frankfurt am
Main: Musterschmidt
1956, 280 S.
● Krieg oder
Frieden? Vortrag.
Düsseldorf: Industrieklub [1957], II, 12 S.
● Eine Idee erobert
Europa.
Meine Lebenserinnerungen. Wien–München–Basel: Desch
1958, 366 S. & 8 Bl.
Abbildungen. Zuerst englisch unter dem Titel: An idea conquers the world.
London 1953. Erweiterte Auflage 1966 unter dem Titel:
Ein Leben für Europa.
Meine Lebenserinnerungen. 2.,
veränderte und erweiterte Auflage.
● Zum
Deutschlandplan der SPD. Offener Brief an die Mitglieder der
Sozialdemokratischen Fraktion des Deutschen Bundestages.
Basel: Paneuropa-Union 1960 (= Paneuropa-Union. Gegründet 1924.),
unpaginiert (4 S.).
● Geschichte der
Paneuropabewegung 1922 bis 1962.
Basel–Wien: Paneuropa-Union 1962, 37 S.
● Die Wiedervereinigung
Europas. Wien–München: Herold
1964, 112 S.
● Pan-Europa 1922 bis
1966. Wien–München: Herold
1966, 139 S.
● Für die
Revolution der Brüderlichkeit.
Zürich: Die Waage 1968 (= Essenz + Evidenz.), 35 S.
● Weltmacht Europa. Stuttgart: Seewald
1971, 195 S.
© Reinhard Müller
Stand:
Juli 2011
 |