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Ernst Lothar
das ist bis 1910 Ernst Lothar Sigismund Müller
geb. Brünn, Mähren (heute Brno, Tschechische Republik), am 25.
Oktober 1889
gest. Wien, am 30. Oktober 1974
Schriftsteller, Regisseur und
Theaterdirektor
Ernst Lothar, Sohn
eines Rechtsanwalts und Bruder des Schriftstellers und Dramaturgen Hans
Müller-Einigen (d.i. Hans Müller; 1882–1950), besuchte das Gymnasium in
Brünn und Wien, wo er auch die Matura ablegte; bereits während seiner
Gymnasialzeit war Ernst Lothar schriftstellerisch tätig. Anschließend
studierte er Rechtswissenschaften an der Universität Wien, wo er 1914
zum Doktor der Rechte (Dr. jur.) promoviert wurde. Schon damals
veröffentlichte er erste schriftstellerische Arbeiten unter Pseudonym.
1914 kurz zum Kriegsdienst eingezogen, wurde er bald freigestellt. Ernst
Lothar heiratete 1914 eine in Großbritannien geborene Wienerin namens
Mary, von der 1933 geschieden wurde. Sie hatten zwei Kinder: Agathe
Lothar (1915–1933) und »Hansi« Johanna Lothar (1918–1945), später
Anglistin und mit dem Schauspieler, Regisseur und Theaterdirektor Ernst Haeussermann (1916–1984) verheiratet. 1917 bis 1924 arbeitete er
zunächst als Staatsanwalt in Wels (Oberösterreich), bald jedoch als
Berater und zuletzt Präsidialchef im Handelsministerium in Wien, wo er
maßgeblich an der Gründung der Wiener Messe beteiligt war, deren
Direktorium er auch angehörte. Außerdem wirkte er 1919 wesentlich an der
Erhebung der Exportakademie zur Hochschule für Welthandel (heute
Wirtschaftsuniversität) mit; Lothar wurde 1919 zum Sektionschef ernannt
und 1925 als Hofrat pensioniert. 1925 bis 1935 war er Theater- und
Literaturkritiker bei der »Neuen Freien Presse« (Wien). Außerdem war er
1933 bis 1935 Gastregisseur am Burgtheater in Wien und 1935 bis 1938 als
Nachfolger von
Max Reinhardt
(1873–1943) Direktor des Theaters in der Josefstadt in Wien. Außerdem
war Lothar Präsident des »Gesamtverbands schaffender Künstler
Österreichs«.
Ernst Lothar heiratete
1933 die Schauspielerin
Adrienne Gessner (1896–1987). Ernst Lothar und seine Frau
Adrienne Gessner verkehrten unter anderem im Kreis der Kunstmäzenin
Jenny Mautner (1856–1938) und
deren Mann, dem Großindustriellen
Isidor
Mautner (1852–1930), welcher seit 1925 auch Besitzer der
Textilfabrik Marienthal war.
Ernst Lothar flüchtete
mit
Adrienne Gessner und seiner Tochter Johanna im März 1938 in
die Schweiz, im Juni 1938 nach Paris, wo er an Theater- und
Kabarettproduktionen mitwirkte, schließlich im April 1939 in die USA,
deren Staatsbürger er 1944 wurde. Er lebte zunächst in New York (New
York), wo er gemeinsam mit seinem Freund
Raoul Auernheimer (1867–1948) »Die Österreichische Bühne /
The Austrian Theatre« gründete, das jedoch rasch scheiterte.
1940
bis 1944 war er Instructor (Lehrender) für
Comparative Literature
and Drama
(Vergleichende Literatur und Theater) am Colorado College in Colorado
Springs (Colorado). Lothar war auch in der österreichischen Exilbewegung
aktiv, wirkte am
»Free
Austrian National Council«
und bei der
»Austrian
Action«
mit. Seine Tochter Johanna Haeussermann war in New York übrigens als
Privatsekretärin von
Max Reinhardt
tätig.
1946 kehrte Ernst
Lothar – gemeinsam mit
Adrienne Gessner – als Beauftragter für Theater und Musik des
US-amerikanischen Office of War Information nach Wien zurück und wirkte
bis 1948 an der Entnazifizierung der Kultur in Österreich sowie der
Wiedereröffnung der Salzburger Festspiele mit. Nach einer kurzen
Rückkehr in die USA, um seinen Dienst in der US-Armee zu quittieren,
kehrte Lothar endgültig nach Österreich zurück, dessen
Staatsbürgerschaft er 1948 wieder annahm. Er wirkte 1948 bis 1962 als
Regisseur am Burgtheater, wo er 1963 zum Ehrenmitglied ernannt wurde,
und dem Theater in der Josefstadt sowie bei den Salzburger Festspielen
in Salzburg (Salzburg), deren Direktion er bis 1959 angehörte. Unter
seinen zahlreichen Auszeichnungen sei auf die Ehrenmitgliedschaft beim
Österreichischen PEN-Club verwiesen.
Ernst Lothar gilt
heute als wichtige Persönlichkeit des österreichischen Theaterlebens im
20. Jahrhundert.

Selbstständige
Publikationen von Ernst Lothar
● Der ruhige Hain. Ein
Gedichtbuch.
München: Piper 1910, 155 S.
● Die
Einsamen. Novellen.
München: Piper 1912, 210 S.
● Die Rast. Gedichte.
München–Leipzig: Piper [1913], 83 S.
● Italien.
Wien–Leipzig: Kamönenverlag 1915, 4 Bl.
● Österreichische
Schriften. Weltbürgerliche Betrachtungen zur Gegenwart. München: Piper 1916, 89 S.
● Der Feldherr. Roman.
Leipzig / Wien: Freytag / Tempsky 1918, 407 S.
● Macht über alle
Menschen. Roman.
München: Müller 1921–1925, 3 Bände:
[1]. Band:
Irrlicht der Welt. 1921, 320 S.
2. Band:
Irrlicht des Geistes. 1923, 292 S.
3. Band:
Licht. 1925, 296 S.
● Ich! Ein Theaterstück
in vier Akten.
München: Müller 1921, 70 S.
● Bekenntnis eines
Herzsklaven. Roman.
Berlin: Ullstein 1923, 258 S. Später unter dem Titel: Der Kampf um
das Herz. Roman. (6.–10. Tausend des neubearbeiteten Romans
»Bekenntnis
eines Herzsklaven«.)
Berlin–Wien–Leipzig: Zsolnay 1930, 332 S.
● Licht.
Roman.
Wien / München: Österreichische Journal-A.-G. / Müller 1924, 207 S.
● Triumph des Gefühls.
Zwei Erzählungen.
Wien–Leipzig: Hartleben [1925] (= Österreichische Bücherei.
Herausgegeben von Friedrich Walter. 2.), 100 S.
● Drei Tage und eine
Nacht. Novelle.
Wien–Leipzig: Speidel 1927, 166 S.
● Gottes Garten. Ein Buch
von Kindern.
Wien–Leipzig: Speidel 1927, 190 S. Später unter dem Titel: Kinder.
Erste Erlebnisse. (4.–6. Tausend des neu bearbeiteten und vermehrten
Buches
»Gottes
Garten«.)
Berlin–Wien–Leipzig: Zsolnay 1932, 185 S.
● Der Hellseher. Roman.
Berlin–Wien–Leipzig: Zsolnay 1929, 525 S.
● Glück der Bücher.
Vortrag, gehalten im Wiener Radio.
Wien: Gerold [um 1930], 8 S.
● Kleine Freundin. Roman
einer Zwölfjährigen.
Berlin–Wien–Leipzig: Zsolnay 1931, 407 S.
● Die Menschenrechte.
Zyklisches Romanwerk.
Berlin–Wien–Leipzig: Zsolnay 1933–1934, 2 Bände:
[1]. Band:
Die
Mühle der Gerechtigkeit oder Das Recht auf den Tod. Roman.
1933, 402 S.
2. Band:
Eine
Frau wie viele oder Das Recht in der Ehe.
Roman.
1934, 517 S.
● Romanze
F-Dur.
Aus dem Tagebuch eines jungen Mädchens.
Wien: Zsolnay 1935, 306 S.
● Nähe und Ferne. Länder,
Leute, Dinge.
Brünn [Brno]–Wien–Leipzig: Rohrer [1937], 269 S.
● (Bearbeiter)
Friedrich Hebbel: Agnes Bernauer. Trauerspiel in fünf Aufzügen.
Für die Bühne neu bearbeitet von Ernst Lothar. [Wien]: Burgtheater
[um 1944], 165 Bl. Zuerst Wien 1855.
● Heldenplatz.
Roman.
Cambridge, Mass.: Schoenhof 1945, 406 S.
● Der Engel mit der
Posaune. Roman eines Hauses. Cambridge, Mass.:
Schoenhof 1946, 634 S. Zuerst in englischer Übersetzung: The Angel with
the trumpet.
Garden
City, N.Y. 1944.
● Die Rückkehr. Roman.
Salzburg:
»Das
Silberboot«
1949, 537 S.
● Die Tür geht auf.
Notizbuch der Kindheit. Wien: Zsolnay 1950,
186 S. Zuerst in englischer Übersetzung: The door opens.
Garden
City, N.Y. 1945.
● Die Zeugin. Pariser
Tagebuch einer Wienerin.
Wien: Danubia-Verlag [1951], 579 S. Zuerst in englischer Übersetzung: A
woman is witness.
A Paris
diary. Garden City, N.Y. 1941.
● Verwandlung durch
Liebe. Roman.
Wien: Zsolnay 1951, 456 S.
● Das Weihnachtsgeschenk.
Erzählung.
Wien: Zsolnay 1954, 208 S.
● Die bessere Welt. Reden
und Schriften.
Hamburg–Wien: Zsolnay 1955, 205 S.
● Das Wunder des
Überlebens. Erinnerungen und Ergebnisse.
Hamburg–Wien: Zsolnay 1960, 448 S.
● Ausgewählte Werke.
Hamburg–Wien: Zsolnay 1961–1968, 6 Bände:
1. Band:
Unter
anderer Sonne. Roman des Südtiroler Schicksals. 1961, 379 S.
2. Band:
Kleine
Freundin. Roman einer Zwölfjährigen. 1962, 371 S.
3. Band:
Die
Mühle der Gerechtigkeit oder Das Recht auf den Tod. Roman. (Neu
durchgesehene Ausgabe.) 1962, 343 S.
4. Band:
Der
Engel mit der Posaune. Roman eines Hauses. (Neu durchgesehene
Ausgabe.) 1963, 542 S.
5. Band:
Das
Wunder des Überlebens. Erinnerungen und Ergebnisse. 1961, 399 S.
6. Band:
Macht
und Ohnmacht des Theaters. Reden, Regeln, Rechenschaft. 1968, 330 S.
● Unter anderer Sonne.
Roman des Südtiroler Schicksals.
Hamburg–Wien: Zsolnay 1961 (= Ausgewählte Werke. 1.), 379 S. Zuerst in
englischer Übersetzung:
Beneath another sun.
Garden City, N.Y. 1943.
● Leutnant Gustl. In
zwölf Bildern. Komödie nach Motiven der gleichnamigen Novelle von Arthur
Schnitzler.
Frankfurt am Main: Fischer [1962], 140 S. Nicht im Buchhandel
erhältlich.
● Macht und Ohnmacht des
Theaters. Reden, Regeln, Rechenschaft.
Hamburg–Wien: Zsolnay 1968 (= Ausgewählte Werke. 6.), 330 S.
© Reinhard Müller
Stand:
Juni 2008
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