|
Evonik Para-Chemie GmbH
1961: PARA-Chemie
Chemische Fabrik Dr. Ludwig Polsterer Ges.m.b.H.
1961–1965:
PARA-Chemie Chemische Fabrik Ges.m.b.H.
1965–1967:
PARA-Chemie Ges.m.b.H.
1967–1997:
PARA-Chemie, Zweigniederlassung der Österreichischen
Chemischen Werke Ges.m.b.H.
1997–2007:
PARA-Chemie GmbH
seit 2007: Evonik Para-Chemie GmbH
Gramatneusiedl, Hauptstraße 53 (und 51), und
Reisenberg (Teile des ehemaligen
Mühlauenparks)
eröffnet 1962
Lageplan
1958 gründete
Ludwig Polsterer
(1927–1979) in Wien 15., Oelweingasse 13, die »Organglasindustrie Dr.
Ludwig Polsterer«, 1959 in »PARA-Chemie Chemische Fabrik Dr. Ludwig
Polsterer Ges.m.b.H.« umbenannt. Die geplante Vergrößerung dieses
Unternehmens führte zu dessen Verlegung nach Marienthal. Auf einem
1961 gekauften Teil des Geländes der ehemaligen Textilfabrik Marienthal, dort, wo sich die einst mächtigen Komplexe der Weberei sowie der
Färberei, Wäscherei und Druckerei befanden, entstand die neue
Fabrik. Noch 1961 wurde mit dem Abriss der letzten Brandruinen der
ehemaligen Textilfabrik, mit der Adaptierung alten Baubestands und mit
dem Neubau von Anlagen begonnen. 1962 konnten der Fabrikstandort Wien
aufgegeben werden und das Werk in Marienthal mit der Produktion von
Acrylglas, dem als Marke geschützten »Paraglas«, beginnen.
Ein Jahr vor der
offiziellen Inbetriebnahme des Werks in Marienthal am 1. Juli 1962
verkaufte Ludwig Polsterer sein Unternehmen an die deutsche »Chemische
Fabrik KALK«, und der Name wurde nun auf »PARA-Chemie Chemische Fabrik
Ges.m.b.H.« geändert. 1965 übernahm die »Österreichische Chemische Werke
Ges.m.b.H.« die Fabrik als Tochterunternehmen, welches jetzt den Namen »PARA-Chemie
Ges.m.b.H.« erhielt und 1967 in »PARA-Chemie, Zweigniederlassung der
Österreichischen Chemischen Werke Ges.m.b.H.« bzw. 1997 in »PARA-Chemie
GmbH« umbenannt wurde.
Am 12. Oktober 1963 gab es einen ersten
Großbrand in der Fabrik, am 22. Februar 1972 einen zweiten, der die Existenz des Unternehmens vorübergehend gefährdete. Doch schon am 28. Februar 1973 wurde ein großer Werkzubau der Fabrik feierlich eröffnet. Ein letzter großer Brand fand am 15. März 1986 statt, bei dessen Bekämpfung 23 Feuerwehren
mit 247 Mann und 50 Löschfahrzeugen im Einsatz waren.
Das 1987 eröffnete neue Werk wurde nun unter strengen brandtechnischen
Sicherheitskriterien errichtet, so dass seither Großbrände
hintangehalten wurden.
Bereits beim Verkauf Polsterers 1961
befand sich die »Chemische Fabrik KALK« in einem Konzernverbund mit der
damaligen »Degussa AG«. 1999 fusionierten die Aktiengesellschaften
»Degussa« und »Hüls« zur »Degussa-Hüls AG«, der sich kurz darauf die »Röhm
GmbH« und »Agomer GmbH« anschlossen. Die »Degussa-Hüls AG« wurde 2006
eine hundertprozentige Tochter der »RAG«. Der frühere Kohle-Konzern
»RAG« (ehemals »Ruhrkohle AG«) gliederte 2007 die Geschäftsfelder
Chemie, Energie und Immobilien in die »RAG Beteiligungs-AG« mit Sitz in
Essen aus, welche 2007 in »Evonik Industries AG« umbenannt wurde. Zu
diesem Mischkonzern gehörte nun auch als hundertprozentige Tochter das
Werk Marienthal, welches seither den Namen »Evonik Para-Chemie GmbH«
führt.
»Para« ist ebenso ein Kunstwort wie der
Name »Evonik« (sprich: e'vɔnik),
den übrigens der bekannte Unternehmer und Werbetexter Manfred Gotta
(geb. Nieder-Roden 1947) erfunden hat. Die »Evonik Para-Chemie GmbH« ist
ein Unternehmen der »Evonik Industries AG«, die wiederum gemeinsam mit
der »RAG Aktiengesellschaft« zur »RAG-Stiftung« gehört. Diese Stiftung
hat einen bemerkenswerten Hintergrund: Die deutsche Bundesregierung, die
Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, die Saarländische
Landesregierung, die »Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie«
und die »RAG Aktiengesellschaft« vereinbarten 2007 den Ausstieg aus der
subventionierten Förderung von Steinkohle in Deutschland bis Ende 2018.
Gemäß dieser Vereinbarung wurde die »RAG-Stiftung« gegründet und mit der
Abwicklung eines sozial verträglichen Ausstiegs beauftragt.
Die »Evonik Para-Chemie GmbH« produziert
in Marienthal vor allem gegossenes Acrylglas, wobei drei
Herstellungstechniken verwendet werden können: Wasserbad-, Kammer- und
Luftpolymerisationsverfahren. Das 1961 eingerichtete Kammerverfahren ist
die älteste Technologie zur Produktion von Plexiglas® vor
Ort. In geschlossenen Ofenanlagen wird mittels beheizter Stahltaschen
gegossenes Acrylglas in Form von Platten produziert. Das 1975
eingeführte Wasserbadverfahren bildet gleichsam das Herzstück der
Produktion in Marienthal. Dabei werden aus zwei Glasplatten und einer
Dichtung so genannte Kammern zusammengebaut, welche mit Vorpolymerisat
(ein Kunstharzgemisch) gefüllt werden, anschließend mehrere Stunden im
vorgewärmten Wasserbad zur Polymerisation (eine spezielle chemische
Reaktion) ruhen und schließlich in einen Durchlaufofen kommen. Danach
werden dem Kammerngerüst die Platten entnommen: hochwertige glasklare
oder gefärbte Acrylglasscheiben, PARAPAN®-Platten sowie
Acrylblockmaterial. Als jüngstes Produktionsverfahren wurde 1999 die
Luftpolymerisation (LUPO) eingeführt. Diese Gusstechnik dient der
Herstellung großformatiger Acrylglasplatten, nämlich von
Lärmschutzwänden mit eingebetteten Kunststofffäden aus Polyamid, dem
Hauptprodukt der »Evonik Para-Chemie GmbH«.
Im Marienthaler Werk werden aber auch
Möbelfronten aus Acrylglas produziert, und es wurde hier ein
Recyclingverfahren für alte Acrylglaserzeugnisse entwickelt. Das
erfolgreichste Produkt sind aber zweifellos Lärmschutzwände. Im Bereich
von Kunst und Technik sei auf die in Marienthal produzierte einzigartige
Fassade des Kunsthauses Graz (2003) hingewiesen.
Die
»Para-Chemie«
beschäftigte zunächst rund 150 Personen, seit den Siebzigerjahren durchgängig
zwischen 180 und 220.
Das Bürogebäude des
Unternehmens befindet sich im ehemaligen
Direktorenwohnhaus Herrenhaus, Hauptstraße 53.
1973
bis 1979 fungierte die Para-Chemie auch als Sponsor des »ASK
Marienthal«, und 2010/11 engagierte sich die
»Evonik Para-Chemie GmbH« in besonderer
Weise bei der Ausstattung des
Museums
Marienthal durch Sponsering von Material und Arbeitsleistung.
Weitere Informationen auf dieser Website:
Große Chronik von Gramatneusiedl,
Marienthal und Neu-Reisenberg:

Häuserbuch Marienthal 1930:
Direktorenwohnhaus Herrenhaus,
Webereikomplex,
Färberei-, Wäscherei- und Druckereikomplex.
Bibliothek:
● Petschnig,
Martin (geb. 1967): PARA-Chemie. 50 Jahre Unternehmensgeschichte.
(Dieser Druck wurde anlässlich des fünfzigjährigen Firmenjubiläums der
Evonik Para-Chemie GmbH herausgegeben. Auflage: 300 Exemplare im
Eigenverlag.) [Gramatneusiedl]: Evonik Para-Chemie GmbH, Eigenverlag
[2008], 42 S.:

© Reinhard Müller
Stand: September 2011
 |