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Große Chronik von Gramatneusiedl, Marienthal und Neu-Reisenberg 1100 bis 1199

Hochmittelalter

um 1100

Um 970 wird im Gebiet des heutigen Niederösterreich eine Mark gegründet, die Marchia Orientalis, mit der 976 die aus dem bayrischen Hochadel stammenden Babenberger belehnt werden. In ständigen Eroberungskriegen gegen Ungarn wird die Grenze immer weiter nach Osten verschoben. 1020 wird die Fischa Grenzlinie zu Ungarn, ab 1042 wird das Gebiet westlich der Fischa bereits zum Hinterland der zum Herzogtum Bayern gehörenden Mark. Das seit dem vierten Jahrhundert heftig umkämpfte Gebiet ist zu diesem Zeitpunkt nur dünn besiedelt und vielfach unbewohnbares Sumpfland. Zwischen 1000 und 1100 beginnt das Moor auch nahe dem Zusammenfluss von Fischa und Piesting auszutrocknen. Hier entsteht etwa um 1100 eine Siedlung am Fuß einer sanften Hügelwelle (ein Ausläufer der Rauchenwarther Platte), etwa einen Kilometer nordwestlich der Fischa und etwa siebhundert Meter nordöstlich der Piesting, eine Siedlung in Form eines Straßendorfs, später »Gramatneusiedl« genannt.

1113

Die heute »Gramatneusiedl« genannte Siedlung gehört kirchlich seit ihrer Gründung zur babenbergischen Eigenpfarre Traiskirchen (Niederösterreich). Diese wird von Markgraf Leopold III. von Babenberg (1073–1136) im Jahr 1113 – erstmals – dem Benediktinerstift Melk (Niederösterreich) übergeben.

1120

Am 6. Januar 1120 wird die nahe dem Zusammenfluss von Fischa und Piesting entstandene Siedlung erstmals urkundlich genannt, und zwar als »Gezenniusidelen« (Neue Siedlung des Gezo), »Hademniusidelen« (Neue Siedlung des Hadmar), »Niusidelen« (Neue Siedlung) und »Tezenniusidelen« (vermutlich ein Schreibfehler). Gezo und Hadmar können wohl als die beiden Gründer der Siedlung angenommen werden, wobei der heutige Ortsname »Gramatneusiedl« seinen Ursprung in Gezo hat, der vielleicht auch mit dem nahe gelegenen, etwa zur selben Zeit entstandenen Götzendorf an der Leitha (Niederösterreich) zu tun hat. Der Namesteil »niusidelen« besagt auch, dass sich hier zu diesem Zeitpunkt keine Vorläufersiedlung befindet.

Die Herrschaft Gramatneusiedl ist zunächst im alleinigen, vermutlich seit 1373 bis 1520 im geteilten Besitz mehrerer Herrschergeschlechter (Laaer, Ebersdorfer, Ladendorfer, Tirna) und seit 1398 auch des Metropolitankapitels zu Sankt Stephan (Wiener Domkapitel).

Leider ist über Gramatneusiedl und seine Bevölkerung bis in die frühe Neuzeit hinein wenig bekannt, was allerdings für Orte dieser Größenordnung nichts Außergewöhnliches ist. Die meisten Ereignisse der nachfolgenden Chronik können bis zum Spätmittelalter nur für Österreich oder die Region um Gramatneusiedl belegt werden, nicht jedoch für den Ort selbst.

1146

Am 11. September 1146 wird das Heer von Heinrich II. von Babenberg, genannt »Jasomirgott« (1107–1176), Markgraf der Marchia Orientalis, von jenem des ungarischen Königs Géza II. Árpád (1130–1162) in der Schlacht an der Fischa beziehungsweise Leitha besiegt. Beim überraschenden Rückzug der vor Wien lagernden Ungarn kommt es auch im Gebiet von Gramatneusiedl zu schweren Plünderungen, wohl die erste kriegerische Heimsuchung der noch jungen Siedlung.

Grundsätzlich sei hier vermerkt, dass es in dieser Chronik nur um die Gramatneusiedl direkt betreffenden kriegerischen Ereignisse geht, weshalb hier von den Einfällen und Verheerungen dieses Dorfes berichtet wird, nicht jedoch von den zahlreichen Kriegen und Raubzügen von Österreich aus gegen andere Länder und deren Bewohnerschaft.

1147

Schon der Kreuzzug von 1101 bewegte sich die Donau entlang Richtung Jerusalem (القدس / ירושלים) im so genannten Heiligen Land und führte zu schweren Belastungen der Bevölkerung durch das durchziehende Heer. Beim Zweiten Kreuzzug, der im Mai 1147 von Regensburg (Bayern) aus beginnt, dürfte auch Gramatneusiedl von den Belastungen des im Mai und Juni von Persenbeug-Gottsdorf (Niederösterreich) über Fischamend (Niederösterreich) nach Hainburg an der Donau (Niederösterreich) Donau abwärts ziehenden Heeres betroffen sein.

 1156

Am 17. September 1156 wird die Marchia Orientalis, in der Gramatneusiedl liegt, vom Herzogtum Bayern losgelöst und zum Herzogtum Österreich erhoben.

1176

Im August 1176 erlebt die Bevölkerung Gramatneusiedls den Einfall des Heeres von Soběslav II. Přemysl (um 1128–1180), Herzog von Böhmen, nach Österreich, dem ein Gegenfeldzug der Österreicher folgt.

1189

Im Mai 1189 beginnt der Dritte Kreuzzug von Regensburg (Bayern) aus, die Donau entlang. Wie schon beim Zweiten Kreuzzug von 1147 dürfte auch Gramatneusiedl von den Belastungen des im Mai Donau abwärts durchziehenden Heeres betroffen sein.

1191

Bei der Eroberung von Akkon (Königreich Jerusalem; heute ’Akkô / عكّا / עכו, Israel) am 12. Juli 1191 soll es zur – allerdings nur legendären – Entstehung des Bindenschildwappens gekommen sein. Das weiße Waffenhemd von Herzog Leopold V. von Babenberg, genannt »der Tugendhafte« (1157–1194), sei voller Blut gewesen sein; nur in der Mitte, wo der Waffengurt auflag, sei es weiß geblieben. Dies gilt der Sage nach als Geburtsstunde des österreichischen Wappens. Tatsächlich ist der Bindenschild erstmals für den 30. Dezember 1230 belegt, als Siegel von Herzog Friedrich II. von Babenberg, genannt »der Streitbare« (1219–1246).

© Reinhard Müller
Stand: Juni 2010

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