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Christian
Fleck
Die Nutzung der Marienthal-Studie für die Karriere durch das Autorenteam
in
Christian Fleck (geb. 1954):
Einleitung, in
Marie Jahoda:
Sozialpsychologie der Politik und Kultur. Ausgewählte Schriften,
herausgegeben von Christian Fleck, übersetzt von H[ans] G[eorg] Zilian.
Graz–Wien: Nausner & Nausner 1994 (= Bibliothek sozialwissenschaftlicher
Emigranten, in Verbindung mit Mitchell G[raham] Ash (Iowa), Claus-Dieter
Krohn (Hamburg), Edith Kurzweil (New York),
Helga Nowotny (Wien) und Friedrich Stadler (Wien)
herausgegeben von Christian Fleck (Graz). Redaktion:
Reinhard Müller. 1.), S. 7–47, hier S. 13–14 & 350.
13
Erinnert soll nur
daran werden, daß die drei Autoren von
Marienthal das Buch
ganz unterschiedlich in die eigene Karriere
14
und deren Planung
eingehen ließen. Der spiritus rector Marienthals,
[Paul]
Lazarsfeld, benutzte die Studie, um seinen Einstieg in
eine akademische Karriere zu erleichtern; er schrieb kurze
zusammenfassende Artikel, referierte über die Resultate auf dem
internationalen Psychologenkongreß in Kopenhagen, gab der
weitverbreiteten amerikanischen Zeitschrift Nation ein Interview
über die Studie und versuchte schließlich, die implizite Methodologie
Marienthals dem englischsprachigen Publikum nahezubringen (woraus
nichts wurde, weil der Aufsatz nicht zur Veröffentlichung angenommen
wurde); schließlich war er an einigen weiteren Veröffentlichungen über
die sozialpsychologischen Konsequenzen der Arbeitslosigkeit beteiligt,
ohne nochmals an so intensiver soziographischer Feldforschung
mitzuwirken. Für
Hans Zeisel,
den Verfasser des Anhangs zur Geschichte der Soziographie, blieb diese
Arbeit Episode; er veröffentlichte zwar den Anhang 1933 als Aufsatz in
einer angesehenen wissenschaftlichen Zeitschrift, wandte sich vor 1938
aber anderen Themen zu und verfolgte in dieser Zeit keine akademischen
Interessen, sondern arbeitete bis zu seiner Flucht 1938 in Wien als
Rechtsanwalt.
[Marie] Jahoda verwertete den Erstlingserfolg halbherzig im Feld
des wissenschaftlichen Reputationsstrebens: Noch während ihrer Wiener
Zeit arbeitete sie an einem verwandten kleineren Projekt (1933b*)
und bemühte sich mit wechselndem Erfolg, Aufträge für die mit
ökonomischen Problemen kämpfende
»Forschungsstelle«
zu erhalten; erst nach der Exilierung versuchte sie, Marienthal
als Entree in die Welt sozialwissenschaftlicher Forschung zu benutzen.14
350
14 Vgl. zur
Geschichte und Rezeption der Marienthal-Studie
[Christian] Fleck,
Rund um
»Marienthal«
und die dort zitierten Besprechungen. Zu Lazarsfelds Übergang vom
austromarxistisch inspirierten Wiener zum US-amerikanischen
Methodenexperten:
Christian Fleck,
»Vor
dem Urlaub. Die intellektuelle Biographie der Wiener Jahre Paul F.
Lazarsfelds,«
in: Wolfgang Langenbucher (Hrsg.), Paul F. Lazarsfeld. Die Wiener
Tradition der empirischen Sozial- und Kommunikationswissenschaften,
München: Ölschläger 1990, 49–74; vgl. dazu auch
[Marie]
Jahoda 1979a**).
*)
The
influence of unemployment on children and young people in Austria,
in The Save the Children International Union (ed.): Young people and
unemployment. Part II. Geneva: The Save the Children International
Union 1933, S. 115–135.
Anm.
R.M.
**) –
Anm.
R.M.
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