Ansichten zur Arbeit
Ö1 / ORF, 6. Juli 2011, 7h52
bis 8h00
Gestaltung: Franziska Dorau.
Die Radiosendung von Franziska Dorau (geb.
1979) betrifft die
Theaterproduktion »Guter Morgen, Marienthal. Ein Stück Arbeit«, ein
Projekt von »dreizehnterjanuar – freie
Theaterproduktionen«, uraufgeführt auf dem
Geländer der »Evonik
Para-Chemie«, also dem ehemaligen Fabrikareal der
Textilfabrik Marienthal, am 1. Juli 2011; Regie: Fanny Brunner (geb.
1973), Dramaturgie: Hans-Jürgen Hauptmann (geb. 1976), Mitwirkende:
Katrin Grumeth (geb. 1974), Horst Heiss (geb. 1966), Johanna
Orsini-Rosenberg (geb. 1968), Johannes Schüchner (geb. 1986) und der
Gesangverein Gramatneusiedl.
ORF-Ankündigung:
Ansichten zur Arbeit
»Guter Morgen Marienthal –
ein Stück Arbeit« – so lautet der Titel eines
Theaterprojekts der Gruppe »Dreizehnter Januar«, das dieses Wochenende
auf dem Gelände der
Parachemie Evonik in
Gramatneusiedl zu sehen ist.
Bis in die 1930er Jahre befand sich ebendort die
Textilfabrik und
Arbeiterkolonie »Marienthal«.
1820 gegründet, zog sie vor allem
Textilarbeiter aus Böhmen und Mähren an.
Mit ihrem regen Vereinsleben, dem eigenen
Fabriksspital samt Badeanlage, einem
Montessori-Kindergarten und einer
Theater- und Operettenbühne galt sie als Hochburg der Arbeiterbewegung –
und Aushängeschild liberalen Unternehmertums. Berühmt machte sie jedoch
ihr Niedergang im Jahr 1929. 1.200 Arbeiter und Arbeiterinnen, also 80
Prozent der Marienthaler Bevölkerung, wurden durch die
Weltwirtschaftskrise schlagartig arbeitslos. Eine Tatsache, die schon
damals die Aufmerksamkeit von Sozialforschern auf sich zog.
Sieben Monate lang untersuchte ein
15-köpfiges
Soziologenteam
um
Paul Lazarsfeld und
Marie Jahoda die
Lebensbedingungen und Biografien der ehemaligen Textilarbeiter. »Die
Arbeitslosen von Marienthal – Ein
soziographischer Versuch über die Wirkungen langdauernder
Arbeitslosigkeit« erschien 1933 und wurde bald zu einem Klassiker der
empirischen Sozialforschung.
Dass Langzeitarbeitslosigkeit kein
revolutionäres Potenzial beherbergt, sondern zu Resignation und Apathie
führt, gilt als das zentrales Ergebnis der »Marienthal
Studie«. Fanny
Brunner, die »Guter Morgen Marienthal« im Rahmen des Viertelfestivals
inszeniert hat, sieht die Studie als »Menetekel für einen ebenso
unaufhaltsamen wie unvorstellbaren Trend«. Szenisch umgesetzt hat sie
neben Originaltexten aus der
Marienthal-Studie auch Reportagen über
Hartz-4-Empfänger.
Gestaltung: Franziska Dorau
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© Reinhard Müller
Stand: Juli 2011

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