Staatsanwaltschaftliches Vernehmungsprotokoll Marie Jahodas

Wien, am 12. Mai 1937

Fortgesetzt am 12.5.[19]37 12 Uhr Anwesend: Richter Dr. Zeilinger, Schriftführer Dr. Gatterer
Aus der Haft vorgeführt wird Dr. Maria Jahoda-Lazarsfeld.
Ich kenne den Ing Fritz Jahnel seit glaublich 9 oder 10 Jahren. Kennen gelernt haben wir uns in einer Jugendorganisation. Seit dieser Zeit verbinden mich mit Jahnel Freundschaftliche [!] Beziehungen. 1932 war ich gleich ihm im Gesellschafts und Wirtschaftsmuseum tätig. Nach einigen Monaten bin ich aber dann dort azsgetreten [!], Jahnel besuchte mich in Abständen von einigen Wochen in der Forschungsstelle. Meine Verbindung mit ihm hat bis in die Zeit meiner Verhaftung bestanden. Irgend welche politische[n] Beziehungen bez[iehungs]w[eise] eine Gemeinsame [!] politische Tätigkeit gab es niemals. Die marxistische Einstellung des Jahnel war mir nicht bekannt.
Es ist vollkommen unrichtig, daß etwa ich von Jahnel oder Jahnel von mir illegale Druckwerke bezogen haben [!]. Jahnel ist mit dem Mann der die Briefe von mir abgeholt hat, nicht identisch. Ueber eine etwaige politische Betätigung des Jahnel ist mir nichts bekannt.
Den Fritz Keller habe ich durch meinen Schwager [Friedrich] Zerner kennen gelernt. Im ganzen habe ich ihn 2 oder 3mal getroffen. Seine politische Einstellung ist mir nicht bekannt.
Die Marie Schneider kenne ich nicht.

Dr. Gatterer Dr. Marie Jahoda-Lazarsfeld
Dr. Zeilinger

Quelle: Wiener Stadt- und Landesarchiv, Wien, Landesgericht für Strafsachen Wien, Vr 10981/36.

© Reinhard Müller -- Graz, im Oktober 2006

VERFOLGUNG & VERTREIBUNG
Verhaftung
Pressereaktionen
Beschlagnahmungen
Vernehmungen
unheimliche Heiterkeit
schreckliche Bilder
5. Jänner 1937
Polizeibericht 1
Polizeibericht 2
Haftbedingungen
Gedichte aus der Haft
Erfahrungen aus der Haft
Brief an Horkheimer
internat. Fürsprache
abgelehntes Gnadengesuch
Anklage
Hauptverhandlung
Urteil
politische Intervention
Vertreibung