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Große Chronik von Gramatneusiedl, Marienthal und Neu-Reisenberg
1940
1940
Der Marienthaler Josef
Neuber (geb. Himberg, am 24. Februar 1908, gest. Dachau, am 28. Juni
1941) macht aus seiner Ablehnung des nationalsozialistischen Regimes keinen Hehl, wird am 4. Januar 1940 ins Konzentrationslager
Sachsenhausen (zu Oranienburg, Brandenburg) deportiert und kommt am 6. September 1940 ins Konzentrationslager Dachau (Bayern), wo er 1941 ermordet wird.

1940
Am 29. Januar 1940 stirbt in Gramatneusiedl Rudolf Theuer (1876–1940), langjähriger Finanzreferent, Vizebürgermeister und Gemeindesekretär
der Freien Gemeinde Gramatneusiedl.

1940
Seit 1940 werden in Gramatneusiedl, das seinen dörflichen Charakter ja auch
als Bestandteil Groß-Wiens beibehält, Kriegsgefangene untergebracht: Vor allem Franzosen müssen bei den örtlichen Landwirten und im
Lagerhaus Marienthal der »Landwirtschaftlichen Genossenschaft Gramatneusiedl« auf dem Gelände der ehemaligen
Textilfabrik Marienthal arbeiten, Belgier überwiegend bei der Eisenbahn in Gramatneusiedl. Dazu kommen bald zahlreiche Zwangs-, genauer Sklavenarbeiter aus der Ukraine,
aus Russland, Polen und der Slowakei.

1940
Im Mai 1940 wird der seit November
1939 behördlich gesperrte
Kindergarten
von der »Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt« (N.S.V.) übernommen,
welche hier eine
Kindertagesstätte einrichtet.

1940
Im Juli 1940 wird die im August
1939 begonnene Verlagerung des Hauptbetriebes der »Landwirtschaftlichen
Genossenschaft Gramatneusiedl« vom
Bahnhof Gramatneusiedl auf das Gelände der ehemaligen
Textilfabrik Marienthal abgeschlossen. Dafür wird beim ehemaligen
Lagerhaus Gramatneusiedl nahe dem
Bahnhof Gramatneusiedl eine
Mischerei (Mischfuttererzeugung) in Betrieb genommen,
welche 1940 von der Filiale Himberg (Niederösterreich) hierher verlegt wird. Mit fortschreitender Kriegsdauer muss auch die Genossenschaft den Betrieb zunehmend einschränken, wenngleich seit
1943 französische Kriegsgefangene im
Lagerhaus Marienthal
arbeiten müssen. ( Gebäude der Genossenschaft auf dem ehemaligen Fabrikgelände.)

1940
Am 5. September 1940 wird
Georg Grausam (1911–1977), seit 1. Februar 1938 in Moosbrunn
(Niederösterreich) als Kaplan tätig, zum Kirchenrektor der
Kirche Sankt Peter und Paul
ernannt.

1940
Im September 1940 kauft der deutsche Unternehmer Adolf Ahlers (1899–1968) die ehemalige Fabrik von Kurt Sonnenschein
(1906–195?) von
Fritz Ries (1907–1977), der sie
im April
1939 »arisiert«, also geraubt hatte. Ahlers
erweitert
1941 den Betrieb um eine Schneiderei für den eigenen Konfektionsbetrieb mit etwa 75 Nähmaschinen.
Aber schon bald muss auf die Produktion für den Heeresbedarf umgestellt und
1943 das Werk kriegsbedingt geschlossen werden. Lediglich eine kleine Näherei wird im Heizhaus bis November
1944 weiterbetrieben, wo ausschließlich Overalls für den »Reichsarbeitsdienst« (RAD.) erzeugt werden.

1940
Am 15. Oktober 1940 stirbt in Gramatneusiedl Josef Bilkovsky
(1871–1940),
1919 bis
zu seiner politisch bedingten Amtsenthebung
1934 Bürgermeister von Gramatneusiedl und 1931/32 Förderer des Projektteams
der Marienthal-Studie.
Nach ihm wird später in Gramatneusiedl die
Bilkovskygasse benannt werden.

1940
Mit 14. Dezember 1940 wird Philipp Wilhelm Jung (1884–1965) Bürgermeister von Wien – und damit auch von Gramatneusiedl; er hat dieses Amt bis Dezember
1943 inne
(zum Vorgänger siehe
1938).

© Reinhard Müller
Stand: Juni
2010
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