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Zur Geschichtsschreibung über Gramatneusiedl
Nach 1945 begann der Pfarrer von Moosbrunn
(Niederösterreich) Leopold Eder (1899–1963) Dokumente zur Filialkirche in Gramatneusiedl zusammenzutragen, durchwegs kirchliche Quellen aus dem Pfarrarchiv. Auf diese Sammlung sowie auf das vom Moosbrunner Pfarrer Anton Schallerl (1780–1862) im Jahr 1835
angelegte »Denkbuch d[er] Pfarre Moosbrunn« konnte dann
Georg Grausam (1911–1977), seit 1940 Kirchenrektor der Filialkirche und seit 1950 erster Pfarrer in Gramatneusiedl, aufbauen, als er mit seinen historischen
Forschungen über Gramatneusiedl begann. Grausam publizierte zwischen 1954 und 1966 dreizehn kleine historische Arbeiten zu Gramatneusiedl im »Pfarrblatt
St. Peter und Paul für Gramatneusiedl, Marienthal, Neureisenberg, Neu-Mitterndorf (Kirchbergersiedl.)«, in welchen Marienthal allerdings nur beiläufige Berücksichtigung fand. Es handelte sich dabei gleichsam um Vorabdrucke seiner Anfang der 1970er Jahre begonnenen »Chronik von Gramatneusiedl«, welche allerdings Fragment blieb und nie veröffentlicht wurde. Auch die von Erich Kirch
(?–1983) überarbeitete und zusammengestellte »Geschichte von Gramatneusiedl von Konsistorialrat
H[errn] H[ochwürden] Pfarrer Georg Grausam« blieb unvollendet und
unpubliziert. Allerdings stellen die von Georg Grausam gesammelten Urkunden und Bilddokumente in seinem
Nachlass einen für die Geschichte Gramatneusiedls wertvollen Quellenbestand dar und sind im
Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich
sowie demnächst auch auf dieser Website in digitalisierter Version zugänglich.
Die erste Studie über den Ort, in welcher Marienthal sogar im Mittelpunkt stand, stammt von dem in Gramatneusiedl geborenen und
1974 bis 2010 dort als Hauptschullehrer tätigen Johann Past (geb. 1951). Er führte auf Initiative des Soziologen Josef Kurzreiter (1932–2003) im Rahmen seiner Hausarbeit aus dem Fachgegenstand Soziologie für die Hauptschul-Lehramtsprüfung an der Pädagogischen Akademie der Erzdiözese Wien 1973 eine erste kleine Nachfolgestudie zur Marienthal-Studie
durch: »Marienthal vom Notstand zum Wohlstand (1934–1973)«. Neben dem Vergleich einzelner Forschungsergebnisse der Marienthal-Studie mit dem Zustand des Ortes im Jahr
1973 enthält diese Arbeit auch den ersten nennenswerten Versuch einer Geschichte Gramatneusiedls und Marienthals.
Die 1982
maschinenschriftlich veröffentlichte Studie »Marienthal
1930–1980. Rückblick und sozialpsychologische Bestandaufnahme in einer
ländlichen Industriegemeinde«
von
Michael Freund (geb. 1949),
János Marton (geb. 1949) und
Birgit Flos (geb. 1944) stellt zwar keine historische Arbeit im
engeren Sinne dar, enthält aber wichtiges Material zur Geschichte
Marienthals.
Erst 1985
erschien, wiederum nur maschinenschriftlich, die erste umfassende Studie einer »Geschichte von
Gramatneusiedl«, verfasst von der in einem Nachbarort Gramatneusiedls aufgewachsenen Historikerin Martha Felser, heute Kelc-Felser
(geb. 1960). Die maschinenschriftliche Diplomarbeit am Institut für Österreichische Geschichtsforschung, Wien,
eingereicht bei dem bekannten Niederösterreichhistoriker Karl Gutkas (1926–1997), ist allerdings eine stark auf das Bauerndorf hin orientierte Ortsgeschichte.
Nach frühen
Überlegungen 1999 begann
Reinhard Müller (geb. 1954)
Ende 2002 mit ersten Arbeiten zu dieser
Website, die im
September 2007 in einer Erstversion fertig gestellt und 2010 grundlegend
überarbeitet wurde. Diese
ist eine Ergänzung zu seinem im Januar 2008 veröffentlichten Buch
»Marienthal. Das Dorf – Die Arbeitslosen – Die Studie«
sowie zu seinem im Juni 2010 erschienenden Bildband
»Mythos
Marienthal. Blicke auf die Fabrik, die Arbeiterkultur und die
Arbeitslosen«.
Im Mai
2009 erschien eine
Nachfolgestudie
zur
Marienthal-Studie
unter dem Titel »Marienthal heute: 75 Jahre nach Veröffentlichung der
Studie ›Die Arbeitslosen von Marienthal‹« von dem Marienthaler Thomas
Schwab.
© Reinhard Müller Stand:
Juli 2010

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