Paul Kalbeck
das ist Paul Johannes Kalbeck
geb. Obernigk, Preußisch-Schlesien (heute Oborniki
Śląskie, Polen), am 15. Juli 1884
gest.
Bern, Bern, am 5. November 1949
Schauspieler,
Regisseur, Schauspiellehrer und Schriftsteller
Paul Kalbeck, Sohn des
Musik-
und Theaterkritikers sowie Schriftstellers
Max Kalbeck (1850–1921) – er gab unter anderem die Werke von
Daniel Spitzer (1835–1893)
heraus –, hatte den Komponisten und Musiker
Johannes Brahms (1833–1897) zum Taufpaten. Paul Kalbeck wuchs
in Wien auf, wo sein Vater bereits seit 1880 lebte. Nach dem Gymnasium
studierte er 1905 bis 1907 Schauspiel am Wiener Konservatorium für Musik
und darstellende Kunst bei Alexander Roempler (1860–1909) und Ferdinand
Gregory (1870–1928).
Seit 1905 hatte Paul Kalbeck Engagements
an verschiedenen deutschsprachigen Bühnen, wobei er bis 1923 vor allem
als jugendlicher Liebhaber auftrat: Meiningen (Thüringen), Kattowitz
(Schlesien; Katowice, Polen), Bremen (Bremen) sowie an der Volksbühne in
Berlin und Dessau (Sachsen-Anhalt). 1917 bis 1919 war er Regisseur, 1919
bis 1921 Oberregisseur an den Kammerspielen in München. 1916 heiratete
Kalbeck die Schauspielerin, Schauspielpädagogin und Regisseurin
Helene Thimig (1889–1974), von
der er 1918 geschieden wurde und die später
Max
Reinhardt (1873–1943) heiratete.
Nach Wien
zurückgekehrt, gründete Paul Kalbeck mit dem
Bruder von
Helene Thimig, dem
Schauspieler Hans Thimig
(1900–1991), 1923 die Neue Schule für dramatischen Unterricht, aus
der 1929 das so genannte Reinhardt-Seminar hervorging.
1923 bis 1938 war Kalbeck Regisseur am Theater in der Josefstadt unter
Max Reinhardt und seit 1935
unter Ernst Lothar (d.i. Ernst Lothar Sigismund Müller; 1890–1974).
Außerdem lehrte er Schauspiel 1929 bis 1931 an der Akademie für Musik
und darstellende Kunst und seit 1931 am Schönbrunner Regie- und
Schauspielseminar (Max Reinhardt-Seminar). 1934 schrieb er auch Texte
für das Kaberett »Literatur am Naschmarkt«. Kalbeck, der 1936 den
Berufstitel Professor erhielt, wurde 1938 von den Nationalsozialisten
entlassen und lebte danach von vereinzelten Theaterauftritten.
Im Januar 1939 flüchtete Paul Kalbeck in
die Schweiz, während seine Frau nach Großbritannien emigrierte. Zunächst
arbeitslos, bemühte er sich vergeblich um ein Einreisevisum für die USA.
Erst 1942 wurde er Oberspielleiter am Stadttheater Bern und
unterrichtete auch an der dortigen Schauspielschule. 1948/49 war er
Gastregisseur am Theater in der Josefstadt, Wien, und 1949 Leiter des
Schauspielseminars am Mozarteum in Salzburg (Salzburg).
Paul Kalbeck heiratete
1919 in zweiter Ehe die Malerin und Schriftstellerin
Marie Mautner (1886–1972),
Tochter der Kunstmäzenin
Jenny Mautner (1856–1938) und
des Großindustriellen
Isidor Mautner
(1852–1930), der seit 1925 auch Besitzer der
Textilfabrik Marienthal
war. Die Ehe bewirkte auch, dass Kalbeck zum engsten Kreis der Familie
Mautner gehörte. Zuvor gab es bereits eine Beziehung zur angesprochenen
Textilfabrik Marienthal: Paul Kalbecks Vater,
Max Kalbeck (1850–1921),
verkehrte im Kreis um
Vinzenz von Miller zu
Aichholz
(1827–1913), einem Hauptaktionär der
»Marienthaler und Trumauer
Actien-Spinn-Fabriks-Gesellschaft«. Aus der Ehe von Marie Mautner und Paul Kalbeck stammt der
Schriftsteller, Dramatiker, Dramaturg und Hochschullehrer
Florian Kalbeck (1920–1996).
Paul Kalbeck gilt
heute als bedeutender Theaterpädagoge der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der eine Reihe bedeutender deutschsprachiger Schauspieler
und Schauspielerinnen ausbildete.

Selbstständige
Publikationen von Paul Kalbeck
● Eulenspiegel in
Flandern. Dramatisches Gedicht in zehn Bildern.
[Wien: Selbstverlag 1922], 61 Bl.
● Ulenspiegel.
Ein Schauspiel.
Wien–Leipzig–München: Rikola 1922, 95 S.
● (Bearbeiter)
Oscar Wilde: Bunbury oder die Bedeutung des Ernstseins. Eine
triviale Komödie für ernsthafte Leute von Oscar Wilde. Übersetzt von
Felix Paul Greve. Regiebuch von Paul Kalbeck.
Berlin:
Globus [1920], 86 S. Original: The Importance of being earnest. A
trivial comedy for serious people. London 1899.
● Wir sagen uns alles.
Komödie in drei Akten. Regie- und Soufflierbuch. Als Manuskript
gedruckt.
Wien–Leipzig: Pfeffer 1928, 72 S.
● (Bearbeiter) Édouard
Bourdet: Soeben erschienen. Komödie in drei Akten von Edouard
Bourdet, deutsch von Berta Zuckerkandl-Szeps. Für die deutsche Bühne
bearbeitet von Paul Kalbeck. Wien–Berlin-Wilmersdorf: Marton [1929],
176 Bl.
Original: Vient de
paraître, comédie en quatre actes.
Paris 1928.
● Herzkirschen. Fünf
Wiener Bilder.
[Wien 1936], 101 Bl. (Maschinenschrift).
● Puck. Komödie in vier
Akten.
[Bern 1940], 107 Bl. (Maschinenschrift).
© Reinhard Müller
Stand:
Juni 2008
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