Friedrich Adler

das ist Friedrich Wolfgang Adler; auch genannt: Fritz Adler; Deckname: Fritz Tischler
geb. Wien, am 9. Juli 1879
gest. Zürich, am 2. Januar 1960
Physiker und sozialdemokratischer Politiker




Friedrich Adler war das erste von drein Kindern des Arztes Victor Adler (Prag [Praha] 1852 – Wien 1918), bekannt als Begründer der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschösterreichs« und langjähriger Parteiführer, sowie dessen Frau, der Schriftstellerin (Pseudonym: Marion Lorm), Übersetzerin und sozialdemokratischen Parteifunktionärin Emma Adler, geborene Braun (Debrecen, Ungarn 1858 – Zürich 1935). Friedrich Adler, der 1897 die Matura in Wien ablegte, studierte anschließend Chemie, später Physik an der Universität Zürich, wo er 1903 aufgrund der Arbeit »Die Abhängigkeit der specifischen Wärme des Chroms von der Temperatur« zum Doktor der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) promoviert wurde. Seit 1902 Assistent am Physikalischen Institut der Universität Zürich, wurde er dort 1907 für Physik habilitiert, lehrte bis 1911 als Privatdozent in Zürich und machte sich um die Verbreitung des Werks seines langjährigen Brieffreundes, des Physikers, Philosophen und Psychologen Ernst Mach (1838–1916) verdient. Bereits als Student Mitglied des »Verbands österreichischer Sozialdemokraten in der Schweiz«, wurde Adler 1910 Chefredakteur der Zeitung »Volksrecht. Sozialdemokratisches Tagblatt. Offizielles Publikationsorgan der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz, des Kantons Zürich und der Arbeiter-Union Zürich« (Zürich).
Friedrich Adler heiratete 1903 die Physikerin Katja Jakovlevna Germaničkaja (Lida [Ліда], Weißrussland 1879 – Zürich 1969), mit der er drei Kinder hatte: Johanna Alice, später verheiratete Waegner-Adler (Zürich 1903 – ?), Emma Frieda (Zürich 1905 – ?) und Felix (Zürich 1911 – ?).
Der Mitarbeiter zahlreicher sozialdemokratischer Organe wurde 1911 als vierter Parteisekretär der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschösterreichs« (SDAP) nach Wien geholt. 1912 bis 1913 fungierte er als Chefredakteur der Zeitung »Das Volk. Organ der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Österreich« (Wien), die unmittelbar nach Kriegsausbruch verboten wurde. 1914 legte er vorübergehend alle Funktionen in der Partei nieder, um gegen die positive Kriegshaltung der sozialdemokratischen Parteiführung zu protestieren. In den folgenden Jahren versuchte er die pazifistischen Kräfte der Sozialdemokratie gegen die offizielle Parteilinie zu einen. Am 21. Oktober 1916 erschoss er aus Protest gegen die Kriegspolitik und den parlamentslosen Ausnahmezustand den österreichischen Ministerpräsidenten Karl Grafen von Stürgkh (Graz, Steiermark 1859 – Wien 1916) im Restaurant des Hotels Meißl & Schadn, Wien 1., Neuer Markt 2. Weit über die Grenzen Österreich-Ungarns hinaus berühmt wurde seine Verteidigungsrede vor Gericht, das ihn im Mai 1917 zum Tod verurteilte, ihn aber im November desselben Jahres zu achtzehn Jahren schweren Kerkers begnadigte. Nach dem Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie wurde Adler am 1. November 1918 amnestiert und entlassen.
Im Februar 1921 trafen in Wien jene sozialistischen Parteien zu einer internationalen Konferenz zusammen, die sich weder zu der am Beginn des Ersten Weltkriegs zusammengebrochenen »Zweiten Internationale«, noch zu der neugegründeten, kommunistischen »Dritten Internationale« (»Komintern«) rechneten, und gründeten die »Internationale Arbeitsgemeinschaft sozialistischer Parteien« (auch »Internationale 2½«). Diese begründete im Mai 1923 in Hamburg die »Sozialistische Arbeiter-Internationale«, deren Sekretariat Friedrich Adler bis 1927 in London, bis 1935 in Zürich und seither bis zu seinem Rücktritt im Mai 1939 in Brüssel leitete. Von hier aus leitete er auch die 1938 in Paris gegründete »Auslandsvertretung österreichischer Sozialisten« (AVÖS).
1940 flüchtete Adler nach Frankreich, dann weiter über Spanien und Portugal in die USA. Im Februar 1942 gründete er in New York, N.Y. das »Austrian Labor Committee«, dessen Obmann er bis April 1944 war, und redigierte die »Austrian Labor Information« (New York, N.Y.).
1946 kehrte Adler nach Europa zurück und ließ sich nach der Auflösung des Brüsseler Büros der »Sozialistischen Arbeiter-Internationale« 1947 in Zürich nieder. Als Kritiker der eigenstaatlichen Wiederherstellung Österreichs unter Mitwirkung der »Sozialistischen Partei Österreichs« (SPÖ) zog er sich von politischen Aktivitäten zurück und widmete sich wieder seinen wissenschaftlichen Arbeiten.

Bücher von Friedrich Wolfgang Adler
  • Die Abhängigkeit der specifischen Wärme des Chroms von der Temperatur. Inaugural-Dissertation. Zürich: Im Selbstverlage des Verfassers 1902, 64 S. & 2 Tafeln. Zugleich naturwissenschaftliche Dissertation, Universität Zürich 1902.
  • Bemerkungen über die Metaphysik in der Ostwald'schen Energetik. Leipzig: Reisland 1905, 47 S. Separatabdruck aus: Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Philosophie und Soziologie.
  • Friedrich Adlers Politisches Bekenntnis. Friedrich Adlers Ausführungen anläßlich des Attentatsprozesses nach dem stenographischen Bericht der Wiener Arbeiter-Zeitung. Mit einem Vorwort. Wien: Akademischer Verlag 1917, 24 S.
  • Die Erneuerung der Internationale. Aufsätze aus der Kriegszeit. Vorwort von Karl Kautsky. Wien: Brand 1918, XVI, 214 S.
  • Nach zwei Jahren. Reden, gehalten im November 1918. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1918, 32 S.
  • Ernst Machs Überwindung des mechanischen Materialismus. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1918, 187 S.
  • Ortszeit, Systemzeit, Zonenzeit und das ausgezeichnete Bezugssystem der Elektrodynamik. Eine Untersuchung über die Lorentzsche und die Einsteinsche Kinematik. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1920, XVI, 237 S.
  • Vor dem Ausnahmegericht. Stellungnahme bei Kriegsausbruch. Das Manifest vom 3. Dezember 1915. Die Hauptverhandlung vor dem Ausnahmegericht am 18. und 19. Mai 1917. Das Verhörprotokoll der Voruntersuchung, 22. Oktober bis 7. November 1916. Nach zwei Jahren. Jena: Thüringer Verlagsanstalt 1923, 263 S.
  • Die Besetzung des Ruhrgebietes und die Internationale. Nach einer Rede, gehalten am 14. Februar 1923 in der Wiener Konferenz der sozialdemokratischen Vertrauensmänner. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1923, 35 S.
  • Der Bericht der britischen Gewerkschaftsdelegation über Rußland. Kritisch untersucht. Mit einem Anhang »Aufrichtige und unaufrichtige Einheitsfront«. Prag: Parteivorstand der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik 1925, 35 S.
  • »Falls der Krieg dennoch ausbrechen sollte...«. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1929, 23 S. Separatabdruck aus: Der Kampf.
  • (Mit Raphael Abramowitsch & Léon Blum & Emile Vandervelde) Der Moskauer Prozeß und die Sozialistische Arbeiter-Internationale. Berlin: Dietz 1931, 47 S.
  • Das Stalinsche Experiment und der Sozialismus. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1932, 15 S. Separatabdruck aus: Der Kampf.
  • Democracy and revolution. New York: Rand school press 1934, 23 S.
  • (Herausgeber) Victor Adler: Briefwechsel mit August Bebel und Karl Kautsky. Sowie Briefe von und an Ignaz Auer, Eduard Bernstein, Adolf Braun, Heinrich Dietz, Friedrich Ebert, Wilhelm Liebknecht, Hermann Mueller und Paul Singer. Gesammelt und erläutert von Friedrich Adler. Herausgegeben vom Parteivorstand der Sozialistischen Partei Österreichs. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1954, XXVII, 680 S.
Auf dieser Website:

© Reinhard Müller -- Graz, im Oktober 2006

Friedrich Adler
Bernard Bailyn
Charles D. Bailyn
John F. Bailyn
Lotte Bailyn
Angelica Balabanoff
Otto Bauer
Egon E. Bergel
Charlotte Bühler
Karl Bühler
Joseph Buttinger
Heinrich Faludi
Alexander Farquharson
Karl Frank
Heinz Hartmann
Max Horkheimer
Gustav Ichheiser
Frederick Jahnel
Betty Jahoda
Carl Jahoda
Edward Jahoda
Franz Jahoda
Fritz Jahoda
Georg Jahoda
Susan Jahoda
Benedikt Kautsky
Jules Klanfer
Karl Kraus
Anton Kuerti
Gustav Kuerti
Rosi Kuerti
Ilse Kulcsar
Leopold Kulcsar
Paul F. Lazarsfeld
Sofie Lazarsfeld
Ella Lingens
Ernst Mach
Herta Massing Herzog
Otto Neurath
Elizabeth Paetel Zerner
Karl Popper
Josef Popper Lynkeus
Robert Reininger
Zoltan Ronai
Erna Sailer
Karl H. Sailer
Lotte Schenk Danzinger
Eugenie Schwarzwald
Gertrude Wagner
Walter Wodak
Hans Zeisel
Fritz Zerner