Leopold Kulcsar

Pseudonym: Paul Maresch; Decknamen: Kutzer; Paul
geb. Wien, am 9. September 1900
gest. Paris, am 28. Januar 1938

kommunistischer, dann sozialdemokratischer Politiker




Leopold Kulcsar, Sohn des Stellwagenkondukteurs Leopold Kulcsar und seine Frau, der Friseuse Ernestine Kulcsar, besuchte die Handelsakademie in Wien. Damals wurde er Mitglied des sozialdemokratischen »Verbands jugendlicher Arbeiter Österreichs«, wurde aber 1917 als Vertreter des linken, kriegsgegnerischen Flügels ausgeschlossen. Er wurde daraufhin Mitglied der linksradikalen Gruppe um Franz Koritschoner (Wien 1892 – KZ Auschwitz [Oświęcim, Polen] 1941) und der »Freien Vereinigung Sozialistischer Studenten«, nahm unter dem Decknamen »Kutzer« am Jännerstreik von 1918 teil und wurde im März 1918 verhaftet. Nach seiner Entlassung kurz vor Kriegsende wurde Kulcsar im Dezember 1918 Mitglied der »Kommunistischen Partei Österreichs« (KPÖ), wo er rasch zu einem führenden Funktionär aufstieg. 1924 erhielt er ein einjähriges Funktionsverbot, soll dann angeblich aus der Partei ausgetreten sein und im Auftrag der »Komintern« in Ungarn und auf dem Balkan agiert haben.
1922 heiratete Kulcsar die Studentin und Parteiaktivistin Ilse Pollak (1902–1973). 1926 trat Leopold Kulcsar der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschösterreichs« (SDAP) bei und wurde Referent in der »Sozialistischen Bildungszentrale«, Redakteur der sozialdemokratischen Gewerkschaftszeitung »Der Eisenbahner« (Wien) und Mitarbeiter der Parteiorganisation in Niederösterreich (Deckname »Paul«, Pseudonym »Paul Maresch«).
Seit Anfang 1933 unterhielt er engen Kontakt zu Karl Frank (1893–1969) und der deutschen Gruppe »Neu Beginnen«. Seit Herbst 1933 gründete und leitete er mit Ilse Kulcsar die Gruppe »Der Funke«, der auch Marie Jahoda angehörte; die Gruppe orientierte sich stark an der deutschen Gruppe »Neu Beginnen« und beeinflusste die »Revolutionären Sozialisten Österreichs« unter Joseph Buttinger (1906–1992) maßgeblich. Während der Kämpfe im Februar 1934 zur Verteidigung der Demokratie wurde Kulcsar kurzfristig inhaftiert.
Ende 1934 flüchtete Leopold Kulcsar vor der drohenden Verhaftung in die Tschechoslowakei, wo er 1935/36 Redakteur und Mitherausgeber der Zeitschrift »Sozialistische Tribüne« (Brünn [Brno]) war. Ab 1937 fungierte er als Pressechef der spanischen Botschaft in Prag und war für den Nachrichtendienst der spanischen Republik tätig. Im Juni 1937 soll er in Barcelona maßgeblich an der Verhaftung und Verschleppung von Kurt Landau (Wien 1903 – bei Barcelona 1937) beteiligt gewesen sein, doch war er nach anderen Quellen nur vom November bis Dezember 1937 in Spanien. Von Spanien kehrte er nach Prag zurück, flüchtete aber dann nach Frankreich.


Bücher von Leopold Kulcsar
  • (Herausgeber) Die niederösterreichische Gemeinde, ihre Verfassung und Verwaltung. Ein Handbuch für: Bürgermeister, Gemeindevertreter, Orts- und Bezirksfürsorgeräte, Orts- und Bezirksschulräte, Mitglieder der Bezirksstraßenausschüsse, Mitglieder der Krankenanstaltsausschüsse, Mitglieder der n[ieder]-ö[sterreichischen] Landwirtschaftskammern usw. neu heraugegeben von Leopold Kulcsar. Wiener Neustadt: »Gutenberg« 1930, XVI, 375 S.
  • Die Kirche und unsere Zeit. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1933, 56 S.

© Reinhard Müller -- Graz, im Oktober 2006

Friedrich Adler
Bernard Bailyn
Charles D. Bailyn
John F. Bailyn
Lotte Bailyn
Angelica Balabanoff
Otto Bauer
Egon E. Bergel
Charlotte Bühler
Karl Bühler
Joseph Buttinger
Heinrich Faludi
Alexander Farquharson
Karl Frank
Heinz Hartmann
Max Horkheimer
Gustav Ichheiser
Frederick Jahnel
Betty Jahoda
Carl Jahoda
Edward Jahoda
Franz Jahoda
Fritz Jahoda
Georg Jahoda
Susan Jahoda
Benedikt Kautsky
Jules Klanfer
Karl Kraus
Anton Kuerti
Gustav Kuerti
Rosi Kuerti
Ilse Kulcsar
Leopold Kulcsar
Paul F. Lazarsfeld
Sofie Lazarsfeld
Ella Lingens
Ernst Mach
Herta Massing Herzog
Otto Neurath
Elizabeth Paetel Zerner
Karl Popper
Josef Popper Lynkeus
Robert Reininger
Zoltan Ronai
Erna Sailer
Karl H. Sailer
Lotte Schenk Danzinger
Eugenie Schwarzwald
Gertrude Wagner
Walter Wodak
Hans Zeisel
Fritz Zerner