Karl Frank

das ist Karl Borromäus Frank
Pseudonyme: L.A. Gruber, Paul Hagen, Willi Müller; Decknamen: Josef und Maria, Willi, Fred
geb. Wien, am 31. Mai 1893
gest. New Milford, Connecticut, am 21. Mai 1969
Psychoanalytiker und kommunistischer, dann sozialistischer Politiker, führender Theoretiker und Organisator von »Neu Beginnen«

Der Sohn eines kleinen Fabrikanten besuchte 1909/10 bis 1912/13 die Artillerie-Kadettenschule in Traiskirchen (Niederösterreich), verließ aber nach der Matura den Kadettenkurs vorzeitig. 1913 begann er ein Studium der Psychologie an der Universität Wien, wo er 1918 aufgrund der Dissertation »Beiträge zur Psychologie der Lüge« zum Doktor der Philosophie (Dr. phil.) promoviert wurde. Seit 1914 im Militärdienst, wurde er 1916 als »krank« entlassen, trat 1917 der »Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Österreich« bei und war in der »Freien Vereinigung Sozialistischer Studenten« aktiv. Nach deren Verbot war er Mitbegründer der offiziell im Dezember 1918 gegründeten »Vereinigung sozialistischer Mittelschüler«, fungierte im November 1918 als Redner bei der Gründungsversammlung des »Verbands sozialdemokratischer Studenten und Akademiker« und wurde im November 1918 Vorsitzender des Wiener Universitätsausschusses sowie Vertreter der Universität Wien im »Wiener Arbeiterrat«. 1919 trat Frank der »Kommunistischen Partei Österreichs« (KPÖ) bei und wurde Mitbegründer sowie Führungsmitglied des kommunistischen »Verbands der Proletarierjugend«, vorübergehend auch Redakteur der Zeitschrift »Die Rote Fahne« (Wien). Im Dezember 1919 wurde er Zuständiger für den Bereich Bildung bei der »Kommunistischen Partei Österreichs«.
1920 übersiedelte Frank nach Berlin, trat der »Kommunistischen Partei Deutschlands (Spartakusbund)« bei, wurde hauptberuflicher Mitherausgeber der Zeitschrift »Die Internationale« (Berlin), gab nach politischen Differenzen diesen Posten auf und wurde 1922 hauptberuflicher Mitherausgeber der Zeitschrift »Das Wollarchiv. Wochenschrift« (Berlin). 1922 wurde er Mitglied der Berliner Bezirksleitung der »Kommunistischen Partei Deutschlands« (KPD) und seit 1923 wieder Angestellter der Partei, wurde bei der Mitorganisierung eines Aufstands in Nürnberg verhaftet und in München inhaftiert. Noch vor dem Prozess gelang ihm die Flucht, wurde jedoch im Mai 1924 neuerlich festgenommen, trat in einen Hungerstreik, den er auf Weisung der Partei abbrechen musste, und wurde im Juli 1924 zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt, allerdings sofort nach Österreich abgeschoben.
Karl Frank heiratete 1920 die Schauspielerin und Schriftstellerin Alice von Herdan (Wien, am 4. April 1901 – Zürich, am 11. März 1991), die nach der Scheidung 1925 den Dichter Carl Zuckmayer – seither »Alice Herdan-Zuckmyer« - heiratete. Frank hatte mit ihr die Tochter Michaela Frank, geschiedene St. Clair, verheiratete Weston (Wien, am 13. Juni 1923 – Hastings On Hudson, New York, am 3. Oktober 2004).
In Wien wurde er 1924 von der österreichischen Kommission des »Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale« mit der Beilegung interner Fraktionskämpfe beauftragt. Nach einer politischen Generalamnestie kehrte Frank Ende 1926 nach Berlin zurück, war bei der »Kommunistischen Partei Deutschlands« in verschiedenen Funktionen tätig, zeitweise Redakteur der Zeitschriften »Der Kämpfer« (Chemnitz) und »Volksblatt« (Gotha) und bis 1928 beim Pressedienst der Partei. 1928 organisierte er eine pazifistische Protestaktion gegen den Bau des ersten deutschen Panzerkreuzers, indem er gemeinsam mit Genossen einen Journalisten entführte und an dessen Stelle ein Kommunist eine pazifistische Rede im Berliner Rundfunk hielt. Im Februar 1929 wurde er deshalb wegen Freiheitsberaubung und Nötigung zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Wegen mangelnder innerparteilicher Demokratie und dem Führungsanspruch der Sowjetunion kam es 1929 zum endgültigen Bruch Franks mit der »Kommunistischen Partei Deutschlands«.
1929 bis 1931 lebte Frank als Journalist und Korrespondent ausländischer Zeitungen in Berlin. Damals unterzog er sich auch zwei Psychoanalysen. Politisch schloss sich Frank 1929 der »Kommunistischen Partei Deutschlands / Opposition« an, in deren Reichsleitung er berufen wurde. Er unterhielt enge Beziehungen zu Mitgliedern der »Sozialdemokratischen Partei Deutschlands« (SPD) und zur Miles-Gruppe – auch »Leninistische Organisation« genannt – um Walter Löwenheim (später: Walter Lowe; Berlin 1896 – London1977), welche die Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung in eine sozialdemokratische und eine kommunistische zu verhindern suchte. Im März 1932 trat Frank zur »Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands« über, wurde Mitglied des Parteivorstands und Reichsleiter des »Sozialistischen Schutzbunds«. Nach dem Ausschluss aus der »Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands« im November 1932 wurde Frank mit Unterstützung Otto Bauers (1882–1938) Mitglied der »Sozialdemokratischen Partei Deutschlands«, arbeitete hier weiter für die Miles-Gruppe und wurde rasch deren wichtigster theoretischer wie organisatorischer Führer neben Löwenheim.
1933 flüchtete Frank nach Wien, wo er auch Kontakt zu Marie Jahoda hatte, 1934 weiter nach Prag, wo er durchsetzen konnte, dass die in Deutschland über eine gut funktionierende illegale Organisation verfügende »Leninistische Organisation« als »Inlandeinrichtung der (deutschen) Sozialdemokratie« anerkannt wurde. Von 1933 bis 1935 leitete Frank das Auslandsbüro der »Leninistischen Organisation«, die seit September 1939 unter dem Namen »Neu Beginnen« auftrat. Frank heiratete 1937 Anna Caples, später verheiratete Loeb (6. November 1911 – Hanover, New Hampshire, am 15. August 1996).
1938 wurde der Sitz des Auslandsbüros nach Paris verlegt, 1939 nach London, wo er die letzten Nummern des theoretischen Organs »Sozialdemokratischer Informationsdienst« (Prag, dann Paris, zuletzt London), seit Herbst 1939 die »Deutschen Inlandsberichte« (London) herausgab. Frank war vor allem mit der Beschaffung finanzieller Mittel betraut, hielt sich zur Jahreswende 1938/39 deswegen in den USA auf und flog im Januar 1940 erneut in die USA. Aus der geplanten kurzen Reise wurde ein ständiger Aufenthalt in den USA.
In New York wurde die Gruppe um Frank immer autonomer von der Gruppe »Neu Beginnen« und wurde schließlich von den »American Friends of German Freedom« weitestgehend übernommen, wo er den Posten eines Research Director bekleidete. Daneben arbeitete er als Publizist unter dem Pseudonym »Paul Hagen«. Im März 1944 war er Mitbegründer des »Council for a Democratic Germany«, trat aber nach Differenzen mit Kommunisten im Oktober 1945 wieder aus.
Nach dem Zweiten Weltkrieg zog sich Frank aus der Politik zurück, und da ihm die Einreise nach Deutschland verwehrt wurde, ließ er sich endgültig als Psychoanalytiker in New York nieder, wo er bereits seit 1944 als Psychological Consultant der Stadt New York tätig war. 1951 übersiedelte er nach New Milford (Connecticut).


Bücher von Karl Frank
  • Beiträge zur Psychologie der Lüge. Philosophische Dissertation, Universität Wien 1918 (Maschinenschrift).
  • Die Parteilichkeit des Volks- und Rasse-Abergläubischen. Vortrag, gehalten im Verein für Individualpsychologie. Leipzig–Wien: Anzengruber-Verlag 1919 (= Der Aufstieg. Neue Zeit- und Streitschriften. 6/7.), 32 S.
  • Der Fall Levi in der Dritten Internationale. Wien: Verlag der Arbeiter-Buchhandlung [1921], 15 S.
  • (Mit Heinz Neumann) Die vaterländischen Mörder Deutschlands. Bayern in der kleinen Entente. Das Ergebnis des Münchener Hochverratsprozesses. [Berlin]: Vereinigung Internationaler Verlags-Anstalten G.m.b.H. 1923, 79 S.
  • (Karl Richter) Der Banditenstreich im Berliner Rundfunk und sein politischer Hintergrund. Berlin: [ohne Verlag 1928], 15 S.; Umschlagtitel: Achtung! Achtung! 10 Minuten Roter Sender.
  • (Anonym) Neu-Beginnen. Was es will, was es ist und wie es wurde. London: Auslandsbüro Neu-Beginnen [1939], 55 S.; Umschlagtitel: Anti-Nazi Publication.
  • (Paul Hagen; mit Joseph Buttinger & Josef Podlipnig [seit 1940: Josef Moll] & Paul Sering [d.i. Richard Löwenthal]) Der kommende Weltkrieg. Aufgaben und Ziele des deutschen Sozialismus. Organisation Neu-Beginnen / Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands / Revolutionäre Sozialisten Oesterreichs. [Paris]: Im Selbstverlag der Verfasser; Auslieferung durch: Dr. E. Strauss 1939, 42 S.
  • Wandlungen der Sowjetunion. Zur Neubeurteilung der russischen Frage nach dem 18. Parteitag. [London]: Auslandsbüro Neu Beginnen 1939.
  • (Paul Hagen) Will Germany crack? A factual report on Germany from within. Translated by Anna Caples. [With an introduction by Elmer Davis.] New York–London: Harper & Brothers [1942], xvii, 283 S.
  • (Paul Hagen) Germany after Hitler. New York–Toronto: Farrar & Rinehart, inc. [1944], viii, 240 S.
  • (Paul Hagen) Erobert, nicht befreit! Das deutsche Volk im ersten Besatzungsjahr. Herausgegeben vom Research Department der American Association for a Democratic Germany. New York: Research Department der American Association for a Democratic Germany 1946 (= Schriftenreihe Für ein Demokratisches Deutschland. 1.), 72 S.

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© Reinhard Müller -- Graz, im Oktober 2006

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