Tibor Schwab & Rudolf Tesar

Gemeinde Gramatneusiedl. Festschrift anlässlich der Markterhebung 11. März 1995. (Medieninhaber: Gemeinde Gramatneusiedl; für den Inhalt verantwortlich: Tibor Schwab, Rudolf Tesar; 2440 Gramatneusiedl, Bahnstraße 2a.)

[Gramatneusiedl]: Gemeinde Gramatneusiedl [1995], 48 S.

Die Veröffentlichung auf dieser Website erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Marktgemeinde Gramatneusiedl. Beachten Sie das Copyright!

[Umschlagseite 1]

Gemeinde Gramatneusiedl

Festschrift anlässlich der Markterhebung 11. März 1995

[Umschlagseite 2]

Das Dokument der ersten urkundlichen Erwähnung aus dem Jahre 1120

1

Markterhebungsfeier

der Gemeinde Gramatneusiedl

am Samstag, dem 11. März 1995

Festfolge

9.30 Uhr

H[ei]lige Messe und Festakt zur Markterhebung in der Sporthalle

10.30–18.00 Uhr

Ausstellung

 

»Die Geschichte von Gramatneusiedl« im Pfarrzentrum

11.00–18.00 Uhr

Markt des örtlichen Gewerbes, des Handels und der Bauernschaft im Feuerwehrdepot

15.00–18.00 Uhr

Kindernachmittag im Pfarrheim

17.00 Uhr

Disco im Gemeindezentrum

19.30 Uhr

Konzert der N[ieder] Ö[sterreichischen] Tonkünstler in der Sporthalle

c[irc]a 21.30 Uhr

Feuerwerk am Weinbergweg / Marienweg

2

Liebe Leserinnen und Leser!

Bei der Erstellung dieser Broschüre wurde auf die Vorarbeiten durch Pfarrer Georg Grausam zu einer Chronik unserer Gemeinde zurückgegriffen. Natürlich kann eine Festschrift zu einer Markterhebungsfeier nicht alle geschichtlichen Details enthalten. Trotzdem konnten wir bei der Zusammenstellung feststellen, daß eine Vielzahl von Institutionen und Privatpersonen versuchen, die Geschichte unseres Ortes zu dokumentieren.

Ihnen allen an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für die Überlassung von Dokumentationen und Fotos.

Ohne diese Zusammenarbeit wäre die Verfassung dieser Festschrift in so kurzer Zeit nicht möglich gewesen. Die Zusammenstellung von vorhandenen Unterlagen birgt aber auch die Gefahr in sich, daß unter Zeitdruck Bevölkerungsgruppen, Berufsstände oder Vereinigungen nicht entsprechend ihrer Bedeutung ausreichend repräsentiert sind. Von den Verfassern dieser Festschrift wurde dies jedoch nicht beabsichtigt.

Die Fülle des vorhandenen Materials sowie die Vielzahl von Initiativen muß jedoch Anstoß für die Verantwortlichen sein, die Herstellung einer Ortschronik und eventuell die Gründung eines Heimatmuseums für die nächste Zukunft in Angriff zu nehmen.

Diese Broschüre wurde im Auftrag des Gemeinderates der Gemeinde Gramatneusiedl von ehrenamtlichen Mitarbeitern zusammengestellt und ist der Bevölkerung der neuen Marktgemeinde Gramatneusiedl gewidmet. Sie soll jedoch auch dazu dienen, aus der langen Geschichte unseres Ortes zu lernen und auch in der Zukunft das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen.

Medieninhaber: Gemeinde Gramatneusiedl; für den Inhalt verantwortlich: Tibor Schwab, Rudolf Tesar; 2440 Gramatneusiedl, Bahnstraße 2a.

Druck: Schwechater Druckerei, Franz Schubert-Straße 2, 2320 Schwechat.

3

Geleitwort von

Landeshauptmann D[okto]r Erwin Pröll

Wenn eine Gemeinde in den Rang eines Marktes erhoben wird, so ist dies eine verdiente Anerkennung für die vorbildliche kommunale Aufbauarbeit. Es ist eine nicht alltägliche Auszeichnung, für die eine ganze Reihe von Voraussetzungen erfüllt werden muß. Voraussetzungen, die für Gramatneusiedl voll und ganz zutreffen. Von der Wasserversorgung über die Abwasserentsorgung bis zur zeitgemäßen Schaffung von Bildungseinrichtungen und Wohnraum – Gramatneusiedl stellt damit auch seine Eigenständigkeit eindrucksvoll unter Beweis. Als Landeshauptmann möchte ich den Bürgerinnen und Bürgern der neuen Marktgemeinde zur Markterhebung herzlich gratulieren.

Die eindrucksvollen kommunalen Leistungen der letzten Jahre und Jahrzehnte sind aber auch Ausdruck der funktionierenden Zusammenarbeit in Gramatneusiedl. Das Land hat diese Entwicklung in vielen Bereichen gefördert und unterstützt. Diese Partnerschaft zwischen dem Land und den Gemeinden ist ein Eckpfeiler dafür, daß es in Niederösterreich eine so beachtliche und erfreuliche Aufwärtsentwicklung gibt, für deren Fortsetzung auch in Zukunft die besten Voraussetzungen gegeben sind. Zählt doch die verstärkte Unterstützung der Regionen und Gemeinden zu den Schwerpunkten der niederösterreichischen Landespolitik.

Der neuen Marktgemeinde wünsche ich, daß sie im Zeichen ihres neuen Ranges auch in Zukunft eine so erfreuliche Entwicklung nimmt.

Ihr

Erwin Pröll

[4]

5

Geleitwort von

Landeshauptmann-St[ell]v[ertreter] Ernst Höger

Markterhebungen gehören in unserem Bundesland zu jenen Anlässen, die Gelegenheit bieten, Verdienste von Gemeinden hervorzuheben und ihre positive Entwicklung und die Bemühungen ihrer Gemeindeverantwortlichen für die Öffentlichkeit deutlich sichtbar hervorzuheben. Im Vorjahr ist der N[ieder] Ö[sterreichische] Landtag dem Antrag des Gemeinderates von Gramatneusiedl gefolgt und hat die Markterhebung beschlossen. Dafür haben viele gute Gründe gesprochen: Die historische Bedeutung des 1120 erstmalig urkundlich erwähnten Ortes und vor allem die Rolle von Gramatneusiedl als Standort der für die Industriegeschichte so wichtigen Fabrikssiedlung Marienthal.

Gramatneusiedl gehört zu denjenigen Orten, die alle Höhen und Tiefen wirtschaftlichen Aufschwungs und Niederganges mitgemacht haben, wo die sozialen Spannungen des industriellen Zeitalters voll spürbar geworden sind, der aber auch aus seiner Geschichte gelernt und in der Gegenwart das Beste daraus gemacht hat. Die Revitalisierung der Siedlung Marienthal legt Zeugnis davon ab, daß sich Gramatneusiedl eins weiß mit seiner Geschichte und daß sich dieser Ort voll zu seiner industriellen Vergangenheit bekennt.

Die Entwicklung von der bloßen Verwaltungs- zur modernen Servicegemeinde ist auch hier sehr deutlich zu spüren. Wenn heute die niederösterreichische Raumplanung Gramatneusiedl als »allgemeinen Standort für zentrale Einrichtungen« und als »Eignungsstandort für industriell-gewerbliche Industrieansiedlungen« einstuft, und wenn dieser Ort auch von der Raumplanung als besonders bedeutend für die Bereiche Gesundheitswesen, Kultur, Schule, Freizeit und Sport eingestuft wird, so zeigt dies, daß die Markterhebung von Gramatneusiedl eine längst fällige Sache war.

Es bleibt zu wünschen, daß die kontinuierliche Aufwärtsentwicklung im Interesse der hier lebenden Menschen im selben Ausmaß weitergehen kann wie in den letzten Jahren und Jahrzehnten.

Höger

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7

Geleitwort von

Bezirkshauptmann Dr. Albert Hamböck

Das Jahr 1995 wird im öffentlichen Leben mehrfach Grund für Feiern geben, jähren sich doch heuer einig Ereignisse, die für unsere Heimat, für den Staat Österreich, von besonderer Bedeutung waren.

Vor 50 Jahren entstand Österreich wieder als eigener Staat. In der Länderkonferenz im NÖ Landhaus am 24. September 1945 wurde der Beschluß gefaßt: Österreich soll ein freier, demokratischer und ungeteilte Staat sein. Österreich war damals allerdings zerrissen in vier Besatzungszonen und noch von fremden Truppen besetzt. Erst mit dem Staatsvertrag am 15. Mai 1955, also vor 40 Jahren, wurde Österreich wirklich frei und ein selbständiger Staat.

Das Jahr 1995 hat aber für Gramatneusiedl eine ganz besondere Bedeutung, wird doch in Kürze die Festfeier der Erhebung zur Marktgemeinde stattfinden.

Aus einem ähnlichen Anlaß zitierte Landeshauptmann a[ußer] D[ienst] Siegfried Ludwig 1989 den Satz:

»Die Verleihung des Marktrechtes durch das Land Niederösterreich fällt einer Gemeinde nicht in den Schoß, sie muß viel mehr durch eine entsprechende kommunale Aufbauleistung errungen werden.«

Dies trifft auch auf Gramatneusiedl voll und ganz zu.

Wenn nun der Landtag von Niederösterreich am 20. Oktober 1994 beschlossen hat, die Gemeinde Gramatneusiedl zur Marktgemeinde zu erheben und dies am 29. Dezember 1994 im Landesgesetzblatt N[umme]r 1030–64 kundgemacht wurde, so kann dies den Bürgermeister, die Gemeinderäte aber auch all Gramatneusiedlerinnen und Gramatneusiedler mit Freude und Stolz erfüllen.

Es hat damit die Arbeit, der Fleiß und das Können der Gemeindebürger, aber auch die gedeihliche Arbeit im Gemeinderat in schöner Weise öffentliche Anerkennung gefunden.

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Gramatneusiedl hat heute eine Grundausstattung aufzuweisen, um die sie so manche größere Gemeinde nur beneiden kann. Freilich wird auch die Zukunft noch so manche Aufgabe stellen, die es noch zu meistern gilt.

Dann sollte man sich wieder jener Staatsmänner erinnern, die vor 40 und 50 Jahren die Geschicke unseres Landes leiteten. Auch damals gab es politische Meinungsverschiedenheiten, doch ist letztlich immer das Gemeinsame über das Trennende, das Gesamtinteresse über den Gruppenegoismus gestellt worden.

Wenn in diesem Geist auch in Zukunft in Gramatneusiedl gearbeitet wird, dann braucht uns auch um die Zukunft der jungen Marktgemeinde nicht bange sein.

Ich gratuliere namens all meiner Mitarbeiter recht herzlich zur Markterhebung und wünsche der Marktgemeinde weiterhin eine erfolgreiche, gute und friedvolle Entwicklung.

A. Hamböck

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Geleitwort von

Abg[eordnetem] z[um] NÖ Landtag B[ür]g[er]m[eister] Klaus Soukup

Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 28. Oktober 1992 den einstimmigen Beschluß gefaßt, die NÖ Landesregierung zu ersuchen, die Gemeinde Gramatneusiedl zur Marktgemeinde zu erheben. Als Begründung wurde angeführt, daß es sich bei unserem Ort, wie in der NÖ Gemeindeordnung zitiert, um eine Gemeinde mit besonderer Bedeutung wegen ihrer geographischen Lage und ihres wirtschaftlichen Gepräges handelt.

Nach eingehender Prüfung durch die zuständige Abteilung des Amtes der NÖ Landesregierung wurde in einer Regierungssitzung der Antrag an den NÖ Landtag gestellt, den Gesetzesbeschluß zu fassen. Am 20. Oktober 1994 war es dann soweit. Der NÖ Landtag beschloß einstimmig, Gramatneusiedl zur Marktgemeinde zu erheben. Ausschlaggebend für diesen Beschluß war sicherlich nicht nur der übergeordnete Standort, sondern auch die historische und industriegeschichtliche Entwicklung von Gramatneusiedl. Auch eine sehr gute Beurteilung über den wirtschaftlichen Bereich und den Sektoren des Gesundheitswesens, der Kultur und des Sports waren ausschlaggebend.

Neben der Verleihung des Gemeindewappens 1982 ist diese hohe Auszeichnung gerade in dem Jahr, in dem wir das 875. Jubiläum der ersten urkundlichen Erwähnung begehen, eine Anerkennung für das Engagement und den Fleiß der Bevölkerung von Gramatneusiedl.

Ihr Bürgermeister

Klaus Soukup

[10]

Wappenverleihung im Jahre 1982.

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875 Jahre Geschichte

Gemeinde Gramatneusiedl

1120

erste urkundliche Nennung (Stift Melk und Herzogenburg) »Niusidel«, »Gezenniusidelen«, »Hademniusidelen«

 

Als Grundherren sind genannt: Ebersdorfer (Himberg, Laa, Landesfürst[,] Wiener Bürger Tyrna [!], W[iene]r Bürgerspital[,] Trautmannsdorf)

ab 1398

auch das Wiener Kapitel S[ank]t Stefan

1400

Weihe der neuen Kirche St. Peter und Paul (unter Abt Ludwig II v[on] Melk)

1405

Stiftung des Pfarrdienstes, dabei »Gemeinde zu Gramansnewsidl« genannt

1529

Türken zerstören den Ort

1622/1668

Fürst Liechtenstein Grundherr

1637

hat Gramatneusiedl 27 Bauern und 5 Weinhauer

1668

Kaiser Leopold I. bestimmt Wiener Domkapitel als alleinigen Grundherren

1683

Türken zerstören abermals den Ort (»Türkenglocke« 1693)

1751

benennt Ignaz Osman (1750–78) seine neugebaute Piestingmühle mit Zustimmung der Kaiserin Maria Theresia nach ihr »Theresienmühle«

1762

stiftet Domherr Georg Ignaz Ruschko die erste Schule

1805

Einquartierung französischer Soldaten

1809

Einquartierung französischer Soldaten

1818

wird in der Theresienmühle eine Flachsspinnfabrik eingerichtet

1823

1. urkundliche Erwähnung von Marienthal

1831

kauft Hermann Todesco die Fabrik Marienthal, die sein Sohn Max 1845 ins Gelände der »Ladenmühle« an der Fischa verlegt und dort den Fabriksneubau errichtet

 

»Altgebäude« und »Neugebäude« werden Arbeiterwohnungen

1840

kauft die Gemeinde Gramatneusiedl um 60.100 Gulden die Grundherrschaft vom Domkapitel, seither »Freie Gemeinde Gramatneusiedl«

12

1844

Stiftung »Hermann-Todesco-Kinderbewahranstalt«

1846

Eröffnung der »Raaber Bahn« mit Station in Gramatneusiedl

1849

Choleraepidemie

1852

Post-Expedition

1856

errichtet die Gemeinde den Friedhof

1866

Choleraepidemie

1872

Choleraepidemie

1875

Bau der neuen Schule

1876

Gründung des M[änner] G[esang] V[ereins] Gramatneusiedl

1894

Gründung der Freiwilligen Feuerwehr

1896

Lagerhausbau

1901

Gründung der landwirtschaftlichen Genossenschaft

1908

Gründung des A[rbeiter] S[port] K[lubs] Marienthal

1914/18

1. Weltkrieg, 46 Kriegsopfer zu beklagen

1929

Weltwirtschaftskrise, Stillegung der Textilfabrik Marienthal-Trumau A[ktien] G[esellschaft]

1929

Hauptschule

1933

Studie »Die Arbeitslosen von Marienthal«

1938

Gramatneusiedl wird Wien eingemeindet (Großwien)

1939/45

2. Weltkrieg, 172 Kriegsopfer zu beklagen

1950

eigene Pfarre Gramatneusiedl

1954

Gebietsabtrennung: Gramatneusiedl wird wieder selbständige Gemeinde in NÖ

1959

Fertigstellung des 1. Gemeindewohnbaues nach dem 2. Weltkrieg (Neubau 1)

1960

Baubeginn des Wohnhauses Neubau 2

1962

Neubau der Volksschule

1963

Baubeginn des Wohnhauses Neubau 3 und Bahnstraße 2

1965

Baubeginn des Wohnhauses Neubau 4

1967

Bau der Aufbahrungshalle

1967

Baubeginn des Wohnhauses Bahnstraße 2b

13

1969

Eröffnung des neuen Gemeindeamtes

1969

Erstellung des Flächenwidmungsplanes

1970

Baubeginn des Wohnhauses Am Feilbach 3

1972

Gründung der Blasmusikkapelle

1974

Kindergartenneubau

1977

Ankauf der Marienthaler Häuser (Hauptstraße 47, 52, 54, 56, 58)

1978

Eröffnung des Schulzentrums

1979

Baubeginn des Erdgasnetzes

1979

Ankauf des Marienthaler Hauses Hauptstraße 45

1982

Verleihung des Gemeindewappens

1983

Fertigstellung der Wohnhausanlage Ge[meinnützige] B[augenossenschaft] Ös[terreichische] S[iedler und Mieter] am Gartenweg

1985

Gründung des »Gemeindeabwasserverbandes Fischatal«

1987

Fertigstellung der Revitalisierung Marienthal – Haus Hauptstraße 52

1987

Errrichtung [!] des neuen Siedlungsgebietes mit 5 Straßen

 

Lagerhaus-, Hubertus-, Jagd- und Fasangasse, Altenbacherweg

1988

Eröffnung des Selbstschutz-Informationszentrums

1989

Ankauf des Marienthaler Hauses Hauptstraße 49

1989

Inbetriebnahme der neuen Verbandskläranlage

1989

Fertigstellung der Revitalisierung Marienthal Haus 45, 47, 56, 58

1989

Um- und Zubau des Gemeindeamtes (Fertigstellung)

1990

Eröffnung des Gemeindezentrums

1992

Übergabe von 18 Genossenschaftswohnungen in der Kaiseraugasse

1992

Baubeginn des Pfarrzentrums

1992

Beitritt zum AWS (Abfallwirtschaftsverband im Raum Schwechat)

1993

Spatenstich für weitere 27 Wohnungen in der Kaiseraugasse (GBÖS)

1994

100 Jahre Freiwillige Feuerwehr

1994

Erhebung zur Marktgemeinde durch den NÖ Landtag

14

Die Bürgermeister

der Gemeinde Gramatneusiedl

1899–1902

Franz Grießmüller

1902–1911

Carl Molzer

1911–1919

Franz Grießmüller

1919–1934

Josef Bilkovsky

1935–1938

Dr. Leo Wiltschke

1939–1945

Karl Mayer (Ortsvorsteher)

1945–1953

Ferdinand Bleyer (Ortsvorsteher)

1953–1965

Julius Jung

1965–1974

Johann Wurschitz

1974–1975

Leopold Kopecky

ab 1975

Klaus Soukup

15

Geschichte eines Dorfes

Die erste urkundliche Nennung von Gramatneusiedl erfolgte 1120. In diesem Jahr wurde die Pfarrkirche von Traiskirchen neu geweiht und die Grenzen des Pfarrbezirkes bestimmt. In diesem Zusammenhang wurden vier Urkunden ausgestellt, in denen Gramatneusiedl als »Gezen Niusidelen«, also als »neue Siedlung des Gezo«, einfach als »Niusidelen«, oder, durch ein Versehen des Schreibers als »Tezenniusidelen«, aber auch als »Hadem Niusidelen«, also als »neue Siedlung des Hadmar« bezeichnet wird. Gezo und Hadmar waren vermutlich Ministerialen der Babenberger, den ursprünglichen Besitzern der Pfarre Traiskirchen, zu der ja auch Gramatneusiedl gehörte. Da die Babenberger keine eigene große Grundherrschaft errichteten, traten hier ihre Ministerialen als direkte Siedlungsorganisatoren auf.

1333 wird der Ort als »Gramas Neusidel« genannt, 1377 »Grabmans Neusidel« und 1458 »Gramans Newsidel«. Nach der Zerstörung des Dorfes durch die Türken 1529 scheint bei der Wiederbesiedelung eine Umdeutung des Namens vorgenommen worden zu sein; man findet nun die Schreibweisen »Gruemadt Neusidl«, »Gramet Neusidl« u[nd] ä[hnliche], also eine Bezeichnung, die auf das Grummet Heu als ein wichtiges landwirtschaftliches Handelsprodukt hinweist.

Die Besitzer nach den Ortsgründern Gezo und Hadmar sind für fast zweihundert Jahre unbekannt. 1318 kam Gramatneusiedl, zuvor im Besitz des Wernher von Lach, durch Tausch in den Besitz der Ebersdorfer, einem der mächtigsten niederösterreichischen Adelsgeschlechter des 14. Jahrhunderts. 1428 erwarben die Ladendorfer die Besitzungen der Ebersdorfer in Gramatneusiedl, die Mitte des 14. Jahrhunderts das halbe Dorf besaßen. Die andere Hälfte gehörte dem Wiener Patriziergeschlecht der Tirna, deren Anteil 1398 an das Wiener Domkapitel verkauft wurde, dessen Grundherrschaft mit Unterbrechungen bis 1840 andauerte. Daneben gab es noch kleinere Anteile im Besitz anderer Grundherrschaften.

1529 und 1683 wurde der Ort durch die Türkenkriege stark in Mitleidenschaft gezogen. In der Zeit der Franzosenkriege war Gramatneusiedl durch die Einquartierung französischer Truppen schwer belastet.

1840 verkaufte das Wiener Domkapitel, das für den Bau der Wiener Domherrenhäuser großen Kapitalbedarf hatte, die Herrschaft Gramatneusiedl. Bei der öffentlichen Versteigerung konnte die Gemeinde Gramatneusiedl das höchste Angebot bieten, erkaufte die Herrschaft und löste den Zehent ab. Seitdem darf sich der Ort »Freie Gemeinde Gramatneusiedl« nennen.

Im 19. Jahrhundert trat, wie überall sonst in Europa auch, die Cholera als neue gefährliche Seuche auf, die besonders unter den Bewohnern der Fabrikskolonie ihre Opfer forderte.

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Mit dem Beginn der Industrialisierung kam es in Gramatneusiedl zu grundlegenden sozioökonomischen Veränderungen. Die Nähe zu Wien und zu den Transportwegen nach Ungarn war überaus günstig, und die auch im Winter eisfreie Fischa-Dagnitz, die eine gleichmäßige Energieversorgung gewährleistete, bildeten geeignete Voraussetzungen für die Gründung eines Industriebetriebes. 1820 wurde in der umgebauten Theresienmühle eine Flachsspinnerei eingerichtet, die bald nach ihrer Gründung »Marienthal« genannt wurde. 1830 wurde durch den neuen Besitzer Hermann Todesco eine neune Anlage, die »k.k. privilegierte Marienthaler Baumwoll-Gespinst und Woll-Waaren-Manufactur-Fabrik«, errichtet, die an die 350 Arbeiter beschäftigte. Die alte Spinnerei wurde in ein Arbeiterwohnhaus umgewandelt. Mit dem Ausbau des Betriebes strömten vermehrt Arbeiterinnen aus Böhmen und Mähren zu, für die Wohnblocks, die Kolonie, eine Kantine, kleine Geschäfte und ein kleines Fabriksspital errichtet wurden.

Frauen- und Kinderarbeit war ein wesentlicher Bestandteil der frühindustriellen Textilfabrikation, so auch in Marienthal. Um die Arbeit der Frauen nicht entbehren zu müssen, errichtete Todesco eine Kinderbewahranstalt, für die älteren Kinder, die in der Fabrik arbeiteten, ließ er eine Fabriksschule erbauen, in der täglich zwei Stunden Unterricht erteilt wurde.

Die sozialen Spannungen zwischen der nunmehr gewerkschaftlich organisierten Arbeiterschaft und Betriebseigentümern manifestierten sich immer wieder in Streiks und Arbeitskämpfen.

Bis in die Mitte der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts erfuhr der Betrieb ständige Erweiterungen, bis die Rezession der 30er Jahre zu einer völligen Stillegung führte. Die ökonomischen und sozialpsychologischen Auswirkungen der Arbeitslosigkeit eines ganzen Ortes wurden 1933 durch die bahnbrechende und weltberühmte soziographische Studie von Marie Jahoda, Paul Lazarsfeld[,] Hans Zeisel, »Die Arbeitslosen von Marienthal« erforscht.

Marie Jahoda

Filmaufnahmen – im Hintergrund das »Altgebäude«.

Basierend auf dieser Studie drehte 1986 die leider allzu früh verstorbene Regisseurin Karin Brandauer

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So sah Gramatneusiedl um die Jahrhundertwende aus (Zeichnung eines unbekannten Künstlers [d.i. Josef Popper; Anm. R.M.]).

Bei dieser Zeichnung aus dem 17. Jahrhundert ist sehr deutlich die Trennung der beiden Ortsteile erkennbar.

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in Marienthal den weltweit beachteten Film »Einstweilen wird es Mittag«, bei dem auch ein großer Teil der Bevölkerung zum Einsatz kam.

Nach der Annektierung Österreichs durch Hitlerdeutschland im Jahre 1938 wurde Gramatneusiedl zu Großwien eingemeindet, mit 1. September 1954 wurde der Ort zusammen mit den anderen Randgemeinden Wiens wieder von der Hauptstadt gelöst und kehrte zu Niederösterreich zurück.

Nun verwaltete sich die Gemeinde wieder selbst und es begann eine harte Zeit des Wiederaufbaues, da die finanziellen Mittel sehr beschränkt waren (erstes Budget S[chilling] 35.000,–). Trotzdem wurde in dieser Zeit der Schaffung von Wohnraum große Bedeutung beigemessen, wobei durch die Gemeinde in 7 Wohnhausanlagen ca. 135 neue Wohnungen geschaffen wurden.

Mit dem Bau des Kanalnetzes, der Errichtung einer Wasserversorgungsanlage und eines Erdgasnetzes wurde von der Gemeinde eine den heutigen Erfordernissen entsprechende Infrastruktur geschaffen. Der Neubau der Volksschule, der im Endausbau 4–gruppige Kindergarten, mehrere Um- und Zubauten an der Hauptschule sowie der Bau einer Sporthalle ermöglichen für die Jugend von Gramatneusiedl ein zeitgemäßes Bildungsangebot, welches auch durch die Installierung einer Musikhauptschule und eines Tagesheimbetriebes an der Volksschule ergänzt wird.

Zur Errichtung von Eigenheimen wurde Grund zur Verfügung gestellt und das Straßennetz entsprechend den heutigen Erfordernissen ausgebaut. Mit dem Ankauf und der Instandsetzung eines Großteils der Marienthaler Häuser entlang der Hauptstraße setzte die Gemeindeverwaltung einen entscheidenden Schritt zur Erhaltung dieses historisch bedeutenden Ensembles sowie zur Verbesserung der Wohnqualität in diesen Häusern.

Das Anfang der 90er Jahre errichtete Gemeindezentrum ermöglicht die Abhaltung verschiedenster Veranstaltungen und ist aus dem Vereins- und Kulturleben nicht mehr wegzudenken.

Die Anstrengungen durch die Gemeindeverwaltung finden auch im NÖ Raumordnungsprogramm ihren Niederschlag. Gramatneusiedl wird als allgemeiner Standort für zentrale Einrichtungen eingestuft, jedoch für Handel, Gewerbe und Industrie als Eignungsstandort, besonders ideal für industriell-gewerbliche Betriebsansiedlungen in der Standortzone Wien-Umland-Süd-Ost (Achse Ostbahn / Ostautobahn) genannt.

Gemäß der Beurteilung der NÖ Raumplanung kommt Gramatneusiedl eine über den allgemeinen Standort hinausragende Bedeutung nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in den Bereichen Gesundheitswesen, Kultur, Schule sowie Freizeit und Sport zu.

Auf die historische Bedeutung von Gramatneusiedl als Standort der industriegeschichtlich so wertvollen Fabrikssiedlung Marienthal wird von den Raumplanern des Amtes der NÖ Landesregierung besonders hingewiesen.

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Die Oberortsstraße in den 20er Jahren.

Eine Aufnahme der Hauptstraße, die ebenfalls aus dieser Zeit stammt.

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Das ehemalige Gemeindeamt mit dem »Gemeindegasthaus« Griesmüller. Dieses Haus wurde im Zuge des Ausbaues der Wiener Straße abgebrochen.

Das heutige Gemeindeamt vor dem Umbau im Jahre 1989.

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Die politische Entwicklung

Solange die Monarchie bestand, in ihrer absoluten Form, war die Politik eine einseitige Angelegenheit. Der Kaiser bestimmte sie und das Volk hatte sie zur Kenntnis zu nehmen.

Mit dem Anfang der Liberalisierung 1848 wurde schon ein Einbruch in den Absolutismus geschaffen, den der letzte große Kaiser, Franz Josef I., nicht aufhalten konnte. Mit dem Zusammenbruch der Monarchie 1918 traten Parteien an die Stelle der Monarchie und versuchten, jede auf ihre Art, die Geschicke des übriggebliebenen Rumpfstaates zu lenken.

Zwei größere Parteien bildeten sich, die sozialdemokratische und die christlichsoziale Partei.

Im Jahre 1906 wurde in Marienthal die sozialistische Partei durch Josef Kopecky und Josef Schubert gegründet, sie bezogen selbstverständlich auch den Ortsteil Gramatneusiedl in die Partei mit ein.

In der Fabriksleitung wurde diese Gründung natürlich nicht gerade mit Begeisterung begrüßt und die beiden sofort entlassen. Es gab für sie keine Arbeit mehr. Josef Schubert ging nach Erlach, Josef Kopecky ging nach Hirschwang, wo er als Gärtner arbeitete. Alle konnte die Fabrik nicht entlassen, sie hätte sonst einen Großteil der Arbeiter verloren. So begann sich der Sozialismus auszubreiten und stärker Fuß zu fassen. Im Gasthaus Sam in Neu-Reisenberg war das Vereinslokal untergebracht. Versammlungen, Ausschußsitzungen und Feste wurden dort abgehalten und die Aufmärsche zu 1. Mai formierten sich dort. Das war allerdings erst nach 1918 möglich, als die Monarchie, durch den Weltkrieg schwer erschüttert, durch die Republik abgelöst wurde.

Nach dem Bau eines Arbeiter- und Kinderfreundeheimes wurde die politische Arbeit dorthin verlegt, so daß die Arbeiterschaft auf das Gasthaus als Aufenthaltsort verzichten konnte und so den Verlockungen des Alkohols entzogen wurde. Beim Bau dieses Heimes wurde mit Begeisterung in freiwilligen Arbeitsstunden mitgewirkt und dadurch die Erbauungskosten in erträglichen Grenzen gehalten.

In der Blütezeit, als die Fabrik noch in Betrieb war, gab es diverse Untergruppen, welche das sozialistische Leben mitgestalteten.

Schutzbund, Kinderfreunde, S[ozialistische] A[rbeiter] J[ugend] und Rote Falken hatten 750 Mitglieder. Turnvereine, Radfahrer und Ringersektion zusammen 325 Mitglieder. Dann bestand noch der Sängerbund und die Theatersektion »Thalia« mit 58 Mitgliedern.

Nach den Jahren des erfolgreichen Aufbaues, kam es 1934 durch den Ständestaat zum totalen Verbot aller politischen Parteien, die nicht christlich-sozial orientiert waren. Ausgelöst wurde dieser Prozeß durch einen im Februar 1934 versuchten Putsch des Schutzbundes, mit der Absicht, die Regierung zu stürzen. Die hiesigen Schutzbundangehörigen standen Gewehr bei Fuß und warteten auf den Einsatzbefehl, um in die Orte abzumarschieren, in denen gekämpft wurde. Dieser Befehl kam aber nie hier an.

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Dadurch ging dieser folgenschwere Putschversuch an Gramatneusiedl eigentlich vorbei; wahrscheinlich zum Glück für viele Menschen, die hier lebten. Der damalige Bundeskanzler nützte die Lage dahingehend aus, um sich mit den Notgesetzen eine derartige Macht aufzubauen, so daß man ihn als Diktator bezeichnen konnte.

Die hiesigen Sozialdemokraten gründeten einen Ausschuß, der in der Illegalität arbeitete. Einige der Funktionäre wurden verhaftet und in Konzentrationslager gebracht.

Nachdem 1938 Hitler Österreich okkupierte, wurde in dem selben Schema fortgefahren, da auch damals außer der N[ational] S[ozialistischen] D[eutschen] A[rbeiter] P[artei] alle anderen Parteien verboten waren.

Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges konnte die S[ozialistische] P[artei] Ö[sterreichs] wieder in die Öffentlichkeit treten und am politischen Leben teilnehmen.

Während der Hitlerzeit gab es in Gramatneusiedl, durch den erzwungenen Anschluß an Wien, keine Bürgermeister, sondern es wurden Ortsvorsteher bestellt. Erst ab 1954, als Gramatneusiedl wieder selbständige Gemeinde wurde, kamen die Bürgermeister wieder aus den Reihen der Sozialdemokraten. Durch den hohen Anteil der Arbeiterschaft in der Bevölkerung war dies möglich.

Im Anschluß daran noch einige Worte über die Kinderfreunde:

Als das Arbeiter- und Kinderheim erbaut war, intensivierte sich der Betrieb der Kinderfreunde so stark, daß eigene Hortleiter ernannt wurden, welche die Kinder betreuten. Mit den Kindern wurden Lieder einstudiert, die zu Kreisspielen geeignet waren, welche auf der Hinterbrühlwiese oder in den Höfen der Arbeiterwohnhäuser durchgeführt wurden. Es wurden auch in die nähere Umgebung Achttage-Ausflüge gemacht und die Kinder bei Arbeitern der besuchten Ortschaften (bis Erlach) untergebracht. Gegeneinladungen, Gesangsvorträge, Theateraufführungen waren die Gegenleistungen.

Es gab noch keine Arbeitslosigkeit in Gramatneusiedl, aber viel Armut. Die Kosten der Heimleitung wurden durch die Einhebung eines Mitgliedsbeitrages von S 1,– pro Kind gedeckt.

Es wurde auch ein »Montessoriheim« errichtet, eine Kleinkinder-Beaufsichtigung, damit die in der Weberei und Spinnerei tätigen Eltern ganztägig ihrem Beruf nachgehen konnten. Die Kosten dieses Heimes trug zum größten Teil die Gewerkschaft »Union der Textilarbeiter Marienthals«.

Katholische Vereinigungen

In welcher Form sich die katholischen Vereine sich vor 1900 bildeten oder existierten ist nicht überliefert.

Erst Franziska Heilinger, eine Handarbeitslehrerin, welche hierher an die Schule versetzt wurde, gründete einen Katholischen Mädchenbund um ca. 1911–1912. Er bestand aus den Mädchen des Ortes und aus Kindern, die in sogenannte »Engelsgruppen« zusammengefaßt wurden. Sie sangen im Kirchenchor, gründeten eine Bibliothek, deren eine Verwalterin Resi Grießmüller (Frau

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»Alle Räder stehen still…« – 1.-Mai-Aufmarsch 1922.

Das Arbeiterheim – erbaut 1926 – war in der damaligen Zeit eine Kommunikationsstätte für die Bewußtseinsbildung der Marienthaler.

In der Fabrik

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Asperger) heute noch unter uns weilt. Der Mädchenbund gab auch den Anstoß zum Bau des Pfarrheimes. Sie sammelten Geld um den Anfang, den Ankauf des Baugrundes, zu finanzieren.

1912 ging daraus der noch existierende Frauenbund hervor, welcher sich sehr caritativ [!] betätigte. Die Frauen veranstalteten Weihnachtsbescherungen für Kinder, in den Zeiten der Not eröffneten sie im fertiggebauten Pfarrheim eine Ausspeisung, wo oft bis zu 400 Portionen Essen in der Woche ausgegeben wurden, egal an wen, egal welcher Partei der Notleidende angehörte.

In Zeiten der Not waren auch die sogenannten Freidenker froh, wenn sie das segensreiche Wirken der Caritas für sich in Anspruch nehmen konnten. Die Leiterinnen waren von 1912 bis 1933 Maria Schweighart und ab 1933 bis 1938 Johanna Svehla.

Nach dem Ersten Weltkrieg gründeten die jungen Männer einen Burschenverein unter dem Obmann Franz Schorn, später Josef Hums, Josef Brauneder und Franz Grießmüller. Sie pflegten religiös-christliche Gesinnung und waren die Initiatoren zum Bau des ersten Kriegerdenkmales, wofür sie 15 Millionen Kronen sammelten. Der Verein ging 1927 in der Freiwilligen Feuerwehr Gramatneusiedl auf.

Als Gegenpart zu den sozialistischen Kinderfreunden in Marienthal wurde auch von der christlichen Seite ein ähnlicher »Frohe Kindheit« benannter Jugendverband gegründet. Er bestand aus Knaben und Mädchen, die Buben wurden von Anna Svehla betreut, die Mädchen von den Kindergartenschwestern. 200 Erwachsene waren freiwillige Mitglieder der Frohen Kindheit. 1921 wurde die Gründung einer christlichen Gewerkschaft in Gramatneusiedl beschlossen. Bei der Gründungsversammlung im Gasthaus Radl war der Abgeordnete zum Nationalrat Altenburger anwesend, welcher die Ziele der Gewerkschaft den Mitgliedern erläuterte, dann wurde Herr [Franz] Rehacek als erster Obmann der Ortsgruppe Gramatneusiedl gewählt.

Die politischen Leidenschaften schlugen damals sehr hoch. Vor dem Lokal sammelten sich Anhänger der sozialistischen Gewerkschaft aus Marienthal und bedrohten die im Lokal befindlichen neuen christlichen Gewerkschafter. Es mußte Gendarmerieassistenz angefordert werden, welche die Randalierenden zerstreute, sodaß die anderen das Lokal verlassen konnten, um nach Hause zu gehen.

Im Jahre 1932 wurde eine Gruppe der »Georgs Pfadfinder« gegründet. Über Bitten der Buben von Gramatneusiedl setzte sich Kooperator Eder mit Wien in Verbindung. Es kam ein Funktionär der Pfadfinder und erklärte den Kindern den Zweck und die Ziele dieser Organisation. Die Buben waren mit Begeisterung bei der Sache.

Ein im Garten des Pfarrheimes stehender Schuppen wurde als Pfadfinderheim adaptiert und eingerichtet. Zweimal in der Woche trafen sich die Kinder zu Heimabenden.

Die Pfadfinder wurden 1938 aufgelöst und sollten in die Hitlerjugend überführt werden.

Der ehemalige Frauenbund besteht heute noch unter dem Namen, »Katholische Frauenbewegung«.

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Der Marienthaler Athleten-Club wurde 1898 gegründet.

Die Ringer im Jahre 1927.

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Ein Mannschaftsfoto des ASK Marienthal aus dem Jahre 1924.

Die Theatersektion »Thalia«.

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Die Kirche im Laufe der Zeiten

Gramatneusiedl gehörte ursprünglich zur Pfarre Traiskirchen und wurde seit dem 14. Jahrhundert von der Pfarre Moosbrunn betreut. 1400 wurde eine eigene Kapelle in Gramatneusiedl mit dem Patrozinium Peter und Paul geweiht, die im Türkensturm 1529 abbrannte. Der Neuaufbau und die Vergrößerung zur Kirche erfolgte im frühbarocken Stil. Im Jahre 1950 wurde Gramatneusiedl eine eigene Pfarre, 1951 wurde ein Chor zugebaut, 1975 erfolgte der Zubau einer Taufkapelle und die Aufstockung der Vorhalle. 1992 wurde der alte Pfarrhof abgebrochen und mit dem Bau eines Pfarrzentrums begonnen.

Die Pfarrherren

1388

Eberhart (In den Vorzeiten war ein Familienname bei den Pfarrherren nicht üblich)

1403–1405

Jörg der List (Lüst, Lezt) unbekannt

1436

Martinus Plebanus

1500–1505

Sixtus Csell (Gzell)

1549–1553

Johann Betlehem

1553–1559

Johannes Hemsperger

1559–1562

Christoph Zizmann (Zizlmann)

1562–1579

Bartholomeus [!] Haynoga

1579–1580

Matthäus Chrinis (Khrinis)

1580–1586

Stefan Albinus

1590–1595

Jacob Seel (Jacob de Anima)

1611–1613

Christian Erthner (Erdtner)

1614

Thomas Pekelius (Pinkel)

1621

Georgius

1626–1627

Andreas Waltla (Walter)

1627–1633

Jacobus Agricola

1634–1639

Andreas Biswanger (Piuswänger)

1639–1640

Pater Albertus

1639–1640

Pater Domenicus

1640

Jacobus Kemptner

1640–1642

Pater Wilhelm, Abt von Eusterstal Pfalz

1640–1642

Leonhard Mayr, Professor aus Kaiserstein

1642–1645

Jacobus Molitor

1645

Bischof Jacob Boncarpi (Bischof von Himeria, Interimslösung

1645–1662

Andreas Maderni

1662–1668

Johannes Caspar Faber

1670–1680

Neudecker

1680–1684

Johann Sachs

1694–1695

Johann Gasl

1695–1706

Georgius Poll

1707–1722

Mathias Wurzer

1722–1723

Sebastian Fesl

1723–1724

Christophorus Motzi

1724–1736

Maximilian Graf von Engelshausen

1736–1768

Leonhart Hainzmann

1768–1799

Karl Wunderer

1800–1811

Matthäus Karner

1811–1825

Lorenz Sixtus Thomas

1826–1850

Anton Schallerl

1850–1854

Anton Lehner

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1854–1870

Josef Knell

1870–1879

Johann Scheller

1879–1895

Josef Macho

1895–1903

Laurenz Lepschy

1903–1912

Franz Kratochwill

1912–1913

Friedrich Pösel

1933–1950

Leopold Eder

ab 1950

Gramatneusiedl eigene Pfarre

1950–1977

Georg Grausam

 

ab nun wieder gemeinsamer Priester mit der Pfarre Moosbrunn

1977–1983

Herwig Porstner

1983–1993

Johann Buszek

ab 1993

Mag[ister] Dr. Bernhard Mucha (wieder eigener Pfarrer für Gramatneusiedl)

Die Installierung der neuen Glocken im Jahre 1952.

Das neue Pfarrzentrum.

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Das Schulwesen

Die Gründung einer Schule erfolgte im Jahre 1762. Gramatneusiedl hattte [!] damals ungefähr 220 Einwohner in 52 Familien, die in 37 Häusern lebten. Die Kinder mußten nach Moosbrunn in die Pfarrschule gehen. Winter und Regenzeiten war sicher ein Entschuldigungsgrund für die Kinder, den Schulbesuch zu unterlassen, zweifellos wirkte sich dies im Wissensmangel der Kinder aus, andererseits herrschte schon ein größeres Bildungsbedürfnis.

Diesen Umständen trug der Wiener Domherr Georg Ignaz Ruschko Rechnung, indem er ein Schulhaus in Gramatneusiedl erbauen ließ und die Summe von 3.250 Gulden spendete, womit er Lehrergehalt und Hauserhaltung sowie den Schulbetrieb sicherstellte. (4. August 1762). Erster Schulmeister wurde Lehrer Karl Schäbl, der vom 1. November weg seines Amtes waltete. Die Schule war einklassig.

Der Fabrikant Todesco stiftete im Jahre 1833 für Marienthal eine eigene Schule, welche bis 1875 bestand. Nachdem die Schulen in Gramatneusiedl und in Marienthal den Anforderungen nicht mehr entsprachen, beschloß die Gemeinde den Bau einer neuen dreiklassigen Schule auf dem Platze einer durch Feuer vernichteten Scheune neben dem Haus Nr. 1, dem sogenannten Schloß. Beim Amtstag in Ebreichsdorf am 12. August 1875 erklärte Zentraldirektor [Leopold] Specht von der Marienthaler Spinnerei, zwei Drittel der Kosten zu übernehmen und das Gemeindedrittel gegen mäßige Zinsen vorzustrecken. Der Gemeinderat beschloß am 19. August 1875 den Neubau von Jakob Mölzer, Ebreichsdorf, zum Preise von 16.000 Gulden ausführen zu lassen. Am 30. August 1875 wurde die Scheunenruine abgerissen und am 27. November war das neue Schulgebäude fertig.

Am 27. März 1876 wird der Weiterbau der neuen Schule begonnen, am 1. Juli war sie fertig und am 30. Juli 1876 wurde sie feierlich eingeweiht, »der schönste Tag in meiner 19jährigen Schulpraxis« schreibt der damalige Oberlehrer Nowotny Filipp.

Ab 1881 wurde die Schule vierklassig geführt. Im August 1885 wurde die Fabriksschule aufgelassen. 1886 erfolgte die Erweiterung auf 6 Klassen und 1893 wurde auf sieben Klassen erweitert. Gleichzeitig wurde mit dem Bau des »Lehrerhauses« (heute Bahnstraße 4) begonnen.

Ab dem Jahr 1897 nahm die Schulentwicklung einen steilen Aufschwung. Zu dieser Zeit waren bereits 8 Lehrer hier tätig, im Schuljahr 1911/1912 10 Lehrer, während des ersten Weltkrieges sank die Zahl der Lehrer auf 6 ab.

Schön langsam ging es nach dem 1. Weltkrieg mit dem Schulwesen wieder aufwärts.

Am 1. September 1928 hörte die Bürgerschule auf und es beginnt die Hauptschule. Lehrmittelzimmer

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und Kanzlei wurden verlegt, das Handarbeitszimmer aufgelassen, die Außenfassade instandgesetzt.

Im Jahre 1929 wurde der Bau einer Hauptschule geplant, mußte aber wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage der Gemeinde – der Hauptsteuerträger die Fabrik Marienthal ist ausgefallen – verschoben werden.

Erst 1933 konnte der Zubau der Hauptschule zu der Volksschule realisiert werden.

Von 1933 bis 1945 ist Karl Geyer, der bekannte Komponist vieler schöner Lieder, Direktor der Hauptschule.

Eine Gewerbeschule für Lehrlinge wurde 1936 eingerichtet, damit hat Gramatneusiedl neuerlich eine vorbildliche Leistung für die Bevölkerung erbracht.

Zwischen 1960 bis 1975 baute die Gemeinde die bestehenden Schulen in der großzügigsten Weise aus. Zuerst wurde das alte Schulgebäude renoviert, und 1960 mit dem Bau einer neuen Volksschule begonnen, oberhalb der alten, welche 1975 in die Hauptschule eingebunden wurde.

Zusätzlich zu der bestehenden Volks- und Hauptschule errichtete die Schulgemeinde Gramatneusiedl eine Turnhalle und eine Musikhauptschule sowie eine Sonderschule im Mitterndorfer Schulgebäude.

Die Schulleiter der Volksschule

1762–1786

Karl Schäbl

1786–1801

Michael Parzer

1801–1849

Joseph Humann

1849–1859

Joseph Macher

1859–1873

Andreas Veigl

1874–1875

Karl Kojetinsky

1875–1902

Filipp Novotny

1902–1923

Adolf Altenbacher

1914–1918

Ferdinand Liebhart (prov[isorischer] Leiter)

1923–1923

Johann Posch (prov. Leiter)

1923–1933

Matthäus Mayer

1933–1940

Karl Geyer

1940–1945

Josef Kopecky

1945–1960

Maria Ullmann

1960–1961

Helga Hofmann (prov. Leiterin)

1961–1962

Leopoldine Wawruschka

1962–1966

Kurt Fischer (prov. Leiter)

1966–1991

Kurt Fischer

ab 1992

Waltraud Rosner

Die Direktoren der Hauptschule

1929–1933

Alfred Marschik

1933–1934

Karl Geyer (prov. Direktor)

1934–1945

Karl Geyer

1945–1945

Josef Falge (prov. Direktor)

1945–1946

Karl Geyer

1946–1953

Josef Falge

1954–1955

Josef Markl

1956–1957

Leopold Hillinger (prov. Direktor)

1957–1957

Franz Maresch

1957–1962

Leopold Hillinger

1962–1967

Alois Koller

1968–1973

Josef Sperlich

1972–1973

Walter Trentin (prov. Direktor)

1973–1983

Walter Trentin

1983–1984

Helmut Zettl (prov. Direktor)

ab 1984

Karl Richard Huber

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Der 1974 errichtete Kindergarten.

Eine zeitgemäße Schule ist ein wichtiges Anliegen in jeder Gemeinde.

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Die Freiwillige Feuerwehr

Erstmals taucht der Begriff »Feuerwehr« 1762 auf, als der von der Gemeinde angestellte Lehrer unter anderem die Pflicht übernehmen mußte, auch die Requisiten zur Brandbekämpfung in Ordnung zu halten.

Sicher ist unser Ort im Laufe der Jahrhunderte mehrmals zur Gänze eingeäschert worden, mag es bei den Einfällen der Hunnen, der Kurruzen, der zweimaligen Einfälle der Türken oder der Ungarn gewesen sein, immer wieder wurde den Bewohnern der »Rote Hahn« aufs Dach gesetzt, sodaß die gesamte Ortschaft oder zumindestens große Teile davon abbrannten.

Am Beginn des Feuerwehrwesens stand die Brandbekämpfung mit Eimern, später schon mit Buttenspritzen bzw. Spritzen, die noch alle händisch bedient wurden.

Im Jahre 1894 gründete der Unterlehrer Moritz Kahrer die Freiwillige Feuerwehr Gramatneusiedl, nachdem schon einige Jahre vorher in Marienthal eine sogenannte Fabriksfeuerwehr bestand, ihr erster Hauptmann ist der Gemeindesekretär Carl Molzer.

1908 wurde die Gemeinde aufgefordert, anläßlich des 60jährigen Regierungsjubiläums von Kaiser Franz Josef ein Gerätehaus zu bauen. Dieses wurde am Standort Hauptstraße 1, neben der jetzigen Volksbank, erbaut. Im Laufe der Zeit wurden diverse Zubauten und Ergänzungen vorgenommen (Schlauchturm, Gemeindekotter, größere Einfahrtstore), 1932 wurde die Betriebsfeuerwehr Marienthal aufgelöst und das Einsatzgebiet der Freiwilligen Feuerwehr Gramatneusiedl auf Marienthal ausgedehnt. Gleichzeitig wird eine Alarmsirene installiert. Nach dem 2. Weltkrieg war das Gerätehaus vorerst unbenützbar. Es stand ein offener Rüstwagen der Marke Bedford und eine Tragkraftspritze zur Verfügung. Die im Laufe der Jahre ständig durchgeführte Modernisierung der Ausrüstung und der Einsatzfahrzeuge veranlaßte die Gemeinde, für die Feuerwehr geeignete Räumlichkeiten zu schaffen.

Zu diesem Zweck wurde das bestehende Objekt der ehemaligen Bäckerei [Georg] Gilan erworben und entsprechend den Erfordernissen um- und ausgebaut.

1986 wurde das adaptierte Gebäude der Feuerwehr im Rahmen eines Festaktes zur Benützung übergeben.

1994 feierte die Freiwillige Feuerwehr Gramatneusiedl ihr 100jähriges Bestehen.

Die Kommandanten

1894–1907

Carl Molzer

1907–1936

Mattias Spiegelgraber

1936–1945

Wenzel Blaha

1945–1947

Josef Eder

1947–1962

Johann Grießmüller

1962–1973

Johann Wastel

1973–1986

Kurt Fischer

1986–1989

Karl Blaha

ab 1989

Paul Hirnich

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Die Mannschaft mit der ersten Handpumpe.

1934 – 40–Jahr-Feier.

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Ein Einsatzfahrzeug Marke Bedford aus dem Jahre 1958 aus britischem Armeebestand (oben) und das moderne Tanklöschfahrzeug 4000 (oben rechts).

Das Gerätehaus bis 1986 (unten) und das neue Feuerwehrhaus (unten rechts).

 

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Der Ortsteil Marienthal

Die verschiedensten Versionen, die zur Entstehung des Namens geführt haben könnten, werden in der Überlieferung weitergegeben. Keine ist überprüfbar oder beweisbar.

Nach Erzählungen soll es nach einem Marienbild auf einem Akazienbaum benannt worden sein.

Die zweite Version sagt, daß es nach Maria Theresia benannt wurde, welche bei dem Müller Osmann, der die Theresienmühle bewirtschaftete, ca. um das Jahr 1770 öfter auf der Durchreise nach Mannersdorf Station machte.

Die dritte Version besagt, daß sich auf dem Grund der späteren Theresienmühle, einmal ein Kloster befand, nach dem der Ortsteil benannt wurde.

In den Geburts-, Trauungs- und Totenbüchern scheint der Name das erstemal im Jahre 1823 auf.

Schon seit langen, langen Zeiten standen entlang des Piestingflusses und der Fischa Mühlen, welche den Bedarf der Umgebung mit allen Mühlprodukten deckten.

Der Beginn der Industrie geht in das Jahr 1820 zurück. In diesem Jahr kaufte der Wiener k.u.k. Polizeikommissar von [!] Pausinger die Theresienmühle.

Ein interessantes Detail aus der Geschichte der ersten Fabrik und Marienthals weiß die Chronik zu berichten:

Am 10. März 1826 wird der Fabriksdirektor Franz Xaver Wurm in Gramatneusiedl wegen der Fälschung einer 25 Guldennote verhaftet.

Er wurde am 31. März 1827 zum Tode durch den Strang verurteilt, später aber begnadigt.

Sehr gut muß die Spinnfabrik nicht eingeschlagen haben, da es 1829 von dieser Fabrik heißt: »Am vereinigten Piesting- und Jesuitenbach besteht eine Flachsspinnfabrik mit einigen Spinnmaschinen und unbedeutendem Betrieb, der übrigens seit zwei Jahren eingestellt ist«.

Die richtige Industrialisierung Marienthals begann 1830, als der Wiener Bankier Hermann Todesco durch den Ort kam und sofort die hervorragenden Eigenschaften der Landschaft für ein größeres Werk feststellte. Die flache Gegend bot dem Transport keine Schwierigkeiten, die Fischa-Dagnitz fror mit ihrem gleichmäßig warmen Wasser, auch im strengen Winter nicht zu und konnte mit ihrer Kraft dem Betrieb die nötige mechanische Energie (es gab noch keine Elektrizität) liefern.

1831 kaufte er die Fabrik (Altgebäude), vergrößerte sie und errichtet in ihr eine »Wohlspinnerey Fabrik«; mit seinem Namen ist der Aufstieg Marienthals aufs innigste verbunden.

1833 errichtete er einen Kindergarten und eine Schule in Marienthal. Für die Arbeiter baute er eine Kantine. Es kamen auch einige kleine Geschäfte dazu. Der Ort wurde größer; er dehnte sich nach dem Dorf Gramatneusiedl zu aus.

Die Löhne der damaligen Zeit waren gering und so mußten auch schon die Frauen und halberwachsenen Kinder 8 Stunden am Tag arbeiten, noch dazu in

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drei Schichten, aber man kannte es damals nicht anders. Trotzdem kamen die Menschen gerne nach Marienthal; erstens wegen der guten Wohnungen und dann auch wegen der sicheren Arbeit, mit der sie das Brot für sich und ihre Familien erwerben konnten. Es war allgemein üblich, daß der Arbeiter mit Frau und Kindern in der Fabrik beschäftigt war. Für die Kleinkinder gab es den Kindergarten und für die größeren die Schule, in der täglich zwei Stunden unterrichtet wurde.

Der Betrieb wurde bald vergrößert und man schloß der Flachsspinnerei eine Baumwollspinnerei an. Es wurden neue Arbeiterhäuser gebaut, die allerdings dem damaligen Stil der Zeit unterworfen waren. Kleine Wohnungen, bestehend aus Zimmer und Küche, in langgestreckten, an Kasernen erinnernde Bauten (sie existieren heute noch), alle nach dem selben Muster gebaut. Nur das Herrenhaus, das Beamtenhaus und das Fabriksspital ragten zweistöckig darüber hinaus.

Hermann Todesco starb 1844 – an ihn erinnert das Denkmal, welches durch verschiedene Ereignisse und Vandalismus großteils zerstört wurde. Die Gemeinde veranlaßte den Abbau vom ehemaligen Standort im sogenannten »Herrengarten«. Es wurde nach vorhandenen Unterlagen rekonstruiert und hat am Platz vor dem Gemeindezentrum einen passenden Standort erhalten.

1845 kaufte sein Sohn Max die »Ladenmühle«, riß sie ab und begann mit dem Bau der neuen großen Fabrik. 1846 erbaute er das »Neugebäude« und verwendete es wie die frühere Fabrik, die seither »Altgebäude« genannt wird, als Wohnhaus für die Arbeiter.

Vom 21. Juli bis 31. Oktober 1849 wütete in Marienthal die Cholera, die 46 Todesopfer forderte (Choleraspital).

Durch die hygienischen Verhältnisse in der Fabrik und in den Wohngebäuden konnte das Unternehmen die Choleraepidemie des Jahres 1849 ohne größere Ausfälle überstehen.

1882 wurde eine Druckerei angebaut und der Betrieb fusionierte mit der Trumauer Baumwoll- und Seidenweberei.

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Die Marienthaler Fabrik.

Im »Altgebäude« war die erste Fabrik untergebracht.

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Gleichzeitig wurden auch neue Wohnbauten errichtet, die Zahl der Angestellten und Arbeiter nahm ständig zu.

1890 zählte Gramatneusiedl mit Marienthal und Neureisenberg 3.048 Einwohner. Innerhalb von 10 Jahren hatte sich die Bevölkerung verdoppelt.

Marienthal war ein lebendiges politisches Gebiet. In dieser Zeit entstanden politische und gewerkschaftliche Vereinigungen.

Genauso aber gründeten die Arbeiter und Angestellten der Fabrik, um ihre Freizeit sinnvoll zu verbringen, Sport-, Gesang-, Tierzüchter- und viele andere Vereine. Speziell Wert wurde auf eine gut funktionierende Musikkapelle gelegt, sowie auf den Theaterverein, an dem sich viele Laienschauspieler beteiligten, von denen manche beachtliches Talent aufwiesen.

1918 begann sich die Organisation der Fabrik grundlegend zu ändern.

Es wurde ein Betriebsrat gegründet, welcher bald starken Einfluß bekam; wiederholt kam es zu Arbeitseinstellungen und großen gewerkschaftlichen Kämpfen.

In den folgenden Jahren wurde der Betrieb immer wieder erweitert und begann nun auch mit der Produktion von Kunstseide; 1925 wurde ein Neubau angegliedert, der einen Maschinenraum enthielt.

Im selben Jahr streikten landesweit die Textilarbeiter und die ganze Belegschaft beteiligte sich daran.

Es erfolgten die ersten Entlassungen, der Arbeiterstand wurde auf die Hälfte reduziert. 1927 und 1928 und sogar noch der Anfang 1929 waren ertragreiche Jahre.

Auf Grund der Weltwirtschaftskrise wurde [!] Ende 1929 / Anfang 1930 die Fabrik stillgelegt und die Maschinen demontiert.

Von 2986 Einwohnern waren plötzlich 1486 (in 478 Familien) ohne Beschäftigung.

Mit der Stillegung der Fabrik und die dadurch entstehende Arbeitslosigkeit wurde ein seelischer Strukturwandel herbeigeführt, der in einer von der Universität Wien durch Dr. Lazarsfeld, Maria Jahoda [!] und Hans Zeisel erstellten Studie interpretiert wurde. Diese Studie erschien 1933 unter den Namen »Die Arbeitslosen von Marienthal«.

Ein kleiner Lichtblick kam 1934 als Kurt Sonnenschein eine kleinere Textilfabrik mit 350 Webstühlen errichtete.

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Der »Consum-Verein« vor dem »Altgebäude«.

Der »Herrengarten« – ehemaliger Teich und Kegelbahn.

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Typische Marienthaler Arbeiterfamilien (Hauptstraße 49).

Die Marienthaler Wohnhäuser nach der Revitalisierung.

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Dieses Werk wurde 1945 durch Kriegseinwirkung total zerstört, genauso wie die von der Lagerhausgenossenschaft errichtete Werkstätte.

Aus den Trümmern suchten die Arbeiter alle noch halbwegs brauchbaren Maschinen heraus und reparierten die Werksräume, sodaß ein bescheidener Betrieb wieder aufgenommen werden konnte. Er gab immerhin 90 Arbeitern und Angestellten Arbeit.

Bis zum Jahr 1959 wurden in diesem Betrieb mit zeitweiligen Stillständen und zweimaligem Besitzwechsel Produkte der Textilbranche erzeugt. Im Jahre 1961 wurde das Fabriksareal über Vermittlung der Gemeinde von der Para-Chemie angekauft und eine Fabrik für die Erzeugung von Acrylglas errichtet. Der Eigentümer des Unternehmen [!] war die chemische Fabrik Kalk aus der B[undes] R[epublik] D[eutschland]. Die Produktion wurde im Juli 1962 aufgenommen. 1965 übernahm die Österreichische Chemische Werke Ges[ellschaft] m[it] b[eschränkter] H[aftung] die Para-Chemie. Im Jahr 1971 wurde auf Grund der immer größeren Nachfrage nach dem Produkt »Para-Glas« ein weiterer Ausbau der Para-Chemie mit neuen Produktions- und Lagerhallen beschlossen um die Kapazität des Werkes zu erweitern. 1972 und 1986 kam es zu Großbränden im Werk, die großen Schaden und Produktionsverzögerungen verursachten.

Die Erfahrungen aus diesen Ereignissen wurden in die Verbesserung der Sicherheitstechnik sowie des Arbeitnehmer- und Umweltschutzes eingebracht. Durch Einsatz modernster Mikroprozessortechnik wurden die Verfahren weitgehend automatisiert, sodaß die Para-Chemie zu einem der bedeutendsten europäischen Acrylglashersteller geworden ist. Im Werk Gramatneusiedl sind ca. 200 Mitarbeiter beschäftigt.

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Der Ortsteil Gramatneusiedl bei Mitterndorf

Dieser Ortsteil an der Grenze zur Gemeinde Mitterndorf / Fischa entstand zum Großteil während des Ersten Weltkrieges. Aufzeichnungen der Gemeinde Mitterndorf entnehmen wir, daß nach der Kriegserklärung Italiens an Österreich-Ungarn die Bevölkerung jener Gemeinden, die im damaligen Front- und Grenzbereich zu Italien lagen, evakuiert werden mußte. Insgesamt 75.000 Menschen wurden damals aus der heutigen Provinz Trentino evakuiert, 13.000 davon wurden in das Flüchtlingslager Mitterndorf gebracht. Teile dieses Flüchtlingslagers lagen auch auf Gramatneusiedler Gebiet. Das Lager wies die Infrastruktur einer Kleinstadt auf. Verwaltungsgebäude, Spitäler, Schulen, Kindergärten, Kirche etc[etera] wurden errichtet. Teile dieser Gebäude waren voll kanalisiert. Noch heute errinnert [!] die Adresse »Zur Kläranlage« (Gärtnerei Messetler) an diese Zeit.

Etwa 40 Monate war das Lager in Betrieb. 441 Gebäude erstreckten sich über insgesamt 675.000 m[eter]2. Die Baracken bestanden aus einer Holzkonstruktion und waren lediglich innen und außen mit 2 c[enti]m[eter] starken Holzbrettern verkleidet. Wärmedämmende Maßnahmen wurden nicht durchgeführt. Eine im Jahr 1983 in Italien erschienende [!] wissenschaftliche Arbeit bezeichnet das Lager als »La città di legno« (die Stadt aus Holz).

Die Unterkunft für Ärzte, Lehrer, Priester und der Lagerverwaltung waren aus Stein gebaut. Das Verwaltungsmagazin beherbergte nach dem Lagerbetrieb eine Schrauben- und eine Ofenfabrik. Nach dem 2. Weltkrieg nahm die Seidenweberei Heinrich Löri im ehemaligen Magazin die Produktion auf.

Im Lagerkindergarten, im Waisenhaus und in den Spitälern wirkten Franziskanerschwestern, die in einem eigenen kleinen Kloster untergebracht waren (heute Heinrich Löri-Gasse).

Nach der Auflassung des Lagers wurden große Teile wieder abgerissen, die aus Stein errichteten Gebäude sind heute noch teilweise erhalten und wurden von den Bewohnern des Ortsteiles Mitterndorf zu Wohnungen umgebaut.

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Die Landwirtschaft

Die Geschichte der Landwirtschaft muß aus dem Blickwinkel der seit der Gründung von Gramatneusiedl herrschenden Besitzverhältnisse von Grund und Boden gesehen werden. Üblich waren bis etwa Mitte des 18. Jahrhunderts, daß die Grundbesitzer Lehen an den niederen Adel weitergaben, der sich um die Bearbeitung der Felder und um die Besiedlung zu kümmern hatte. Dieser gab die Lehen an Bauern weiter, die dadurch »robotpflichtig« wurden. Denn der Bauer hatte den gesamten Grundbesitz zu bearbeiten und einen Großteil des Ernteertrages an den Grundbesitzer abzuliefern.

Üblicherweise wurden die Gründe in Ganzlehen (48 Joch), ¾-Lehen (36 Joch), Halblehen (24 Joch) und Viertellehen (12 Joch) eingeteilt. Nachdem das Gebiet zwischen Fischa und Leitha wegen der damaligen Lage als Grenzregion gesehen werden muß und immer wieder mit kriegerischen Auseinandersetzungen zu rechnen war, ist davon auszugehen, daß unser Gebiet nur eine dünne Besiedelung aufwies. Um einigermaßen Schutz gegen Eroberer zu haben[,] war man gezwungen, keine Einzelgehöfte zu bewohnen, sondern sich in Dorfgemeinschaften zusammenzuschließen, welche leichter zu verteidigen waren. Als Siedlungsform wurde das Straßendorf bevorzugt. Die Größe der Lehen richtete sich nach der Grundqualität und wurde so bemessen, daß die damals übliche Großfamilie ihr Auslangen finden konnte und auch in der Lage war, Abgaben an den Grundherren und Zehente an die Kirche zu leisten.

Die Viehwirtschaft in diesem Gebiet war eine reine Weidewirtschaft. Das Vieh wurde auf Gemeinschaftsweiden gehalten, die sowohl von den Grundherren als auch von den Bauern genutzt wurden, wobei es eigene Gemeindehirten gab, die die Beaufsichtigung über die Tiere innehatten. Es war nicht üblich, während der warmen Jahreszeit die Tiere überhaupt in die Ställe zu bringen. Die Siedler und Bauern erhielten auch ein Holznutzungsrecht. Mit dem gewonnenen Holz wurden sowohl die Gehöfte gebaut, als auch die Beheizung vorgenommen. Das Jagdrecht stand nur dem Grundherren zu. Die Bauern durften nur schädliche Raubtiere wie Füchse, Mader, Wolfe u[nd] s[o] w[eiter] jagen.

In den 1628 begonnenen Tauf-, Trau- und Totenbüchern sind 49 Familiennamen aufgeführt. Von diesen Familien sind die Namen Fischer, Griesmüller und Zimmermann noch heute in

Ernteeinsatz um das Jahr 1902.

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Gramatneusiedl geläufig. 1637 wurden in Gramatneusiedl 27 Bauern und 5 Weinbauern gezählt. Die Siedler und Bauern hatten jedoch auch noch andere Verpflichtungen: Sie mußten für den Grundherren bei kriegerischen Auseinandersetzungen die Gründe verteidigen und hatten auch Abgaben für die verschiedensten Belange einer Gemeinde zu leisten. Aus diesen Abgaben wurde unter anderem auch die Ortsgerichtsbarkeit finanziert.

Die damals übliche Bewirtschaftung der Felder war die sogenannte 3–Felder-Wirtschaft. Zwei Jahre Wechselfrucht, im dritten Jahr lag der Boden brach. Aufgrund der damals üblichen Bearbeitung des Bodens mit Ochsengespannen konnte der Boden nicht ausreichend bearbeitet werden. Daher waren die Ernteerträge nicht besonders hoch, noch dazu wenn man bedenkt, dass hier noch Abgaben zu leisten waren. Wetterkatastrophen, die zu Ernteschäden führten, schmälerten die Ernährungsbasis noch mehr, so daß eigentlich immer bei den Siedlern und Bauern Not herrschte.

Aus einem Verzeichnis der Pfarre Gramatneusiedl aus dem Jahr 1787 kann entnommen werden, daß insgesamt 878 Joch Land für die Bauern zur Verfügung stand. Nur 473 Joch waren Äcker, ein kleiner Anteil an Auen und Weingärten war ebenfalls vorhanden, der Rest waren Wiesen und Weiden. Als im Jahr 1840 der Domherr Kapital brauchte, wurde die Herrschaft Gramatneusiedl zur öffentlichen Versteigerung angeboten. Die Gemeinde – und damit die Bauern – ersteigerte am 12. November 1840 die Herrschaft. Dadurch endete die seit 1398 bestehende Domkapitelherrschaft. Seit diesem Zeitpunkt konnte sich Gramatneusiedl »Freie Gemeinde Gramatneusiedl« nennen. Der Kaufpreis wurde von 24 Bauern im Kreditwege aufgebracht und bis 1869 abgezahlt. Ein für damalige Verhältnisse historischer Schritt wurde durch die Besicherung des Kredites durch die Eintragung im Grundbuch durchgeführt. An die Familien, die diesen Freikauf von der Herrschaft ermöglichten, erinnert ein Gedenkstein vor dem neuen Gemeindeamt.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam es auch zur Gründung von landwirtschaftlichen Genossenschaften. 1896 wurde mit dem Bau des Lagerhauses begonnen, 1901 wurde die landwirtschaftliche Genossenschaft in Gramatneusiedl gegründet. Die Entwicklungen in den letzten Jahrzehnten haben dazu geführt, daß die landwirtschaftliche Genossenschaft in Gramatneusiedl mit ihren verschiedenen Betrieben (Mühle, Reparaturwerkstätte, Baumarkt) ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in unserer Gemeinde geworden ist, der auch durch die verschiedenen Zweigstellen in den Nachbarorten überregionale Bedeutung erhalten hat.

Das Lagerhaus im Jahre 1951.

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Die Vereine

Mit der Entwicklung der Fabrik in Marienthal wurden auch zahlreiche Vereine gegründet, um den Arbeitern und Angestellten eine sinnvolle Freizeitgestaltung zu ermöglichen.

Der Gesangsverein

Der älteste noch bestehende Verein ist der 1866 gegründete Gesangsverein »Geselligkeit Marienthal-Gramatneusiedl«. Bis zum Jahr 1934 hatte dieser Verein seinen Sitz in Marienthal. In dieser Zeit wurde der Name auf Arbeitergesangsverein geändert.

In der Arbeitslosenzeit ging das Vereinsleben in Marienthal zurück und es wurde der Verein von Bürgern aus Gramatneusiedl immer mehr dominiert. 1945 mußte von neuem begonnen werden, nachdem das gesamte Notenmaterial im Krieg verloren gegangen war. 1973 wurde aus dem reinen Männergesangsverein ein gemischter Chor. Die meisten Damen des gemischten Chores kamen aus dem Kirchenchor. Seit dieser Zeit wurde auch wieder der Gründungsname »Gesangsverein Geselligkeit« verwendet. Derzeit gehören dem Chor 26 aktive und 63 unterstützende Mitglieder an.

ASK Marienthal

Dieser ursprünglich reine Fußballverein wurde 1908 gegründet und gehört zu den ältesten Fußballvereinen Niederösterreichs. Zur Gründung des Vereines haben sicher auch die um die Jahrhundertwende in der Marienthaler Fabrik beschäftigten englischen Monteure beigetragen. Der erste offizielle Name des Vereins war »Arbeiter-Sportklub-Marienthal«. Gespielt wurde auf dem Gebiet der heutigen Todesco-Siedlung. Vereinssitz war das Gasthaus Sam. Bis zum 1. Weltkrieg wurden nur Freundschaftsspiele ausgetragen. Ab 1920 kam es zu einem regelmäßigen Spielbetrieb mit Wiener und Niederösterreichischen Vereinen. 1924 wurde von der Fabrik dem Verein ein Grundstück neben der Fischa zur Verfügung gestellt, welches bis heute die Heimstätte des Vereins ist. 1933 mußte, bedingt durch die politischen Ereignisse, der Vereinsname in »Athletik-Sportverein-Marienthal« geändert werden. Nach dem 2. Weltkrieg wurde bereits am 21. Mai 1945 der Spielbetrieb wieder aufgenommen. 1967 erfolgte die Gründung der Sektion »Eisschützen« und 1974 die Gründung der Sektion »Tennis«.

Die finanzielle Lage des Vereines machte es notwendig, daß die Kosten des Spielbetriebes teilweise mit Sponsorbeiträgen abgedeckt werden müssen. Derzeit trägt der Verein den Namen »ASK G[rama]T[neu]S[iedl] Marienthal« und spielt seit 20 Jahren in der obersten Leistungsklasse Niederösterreichs, der 1. Landesliga. Mit den Nachwuchsmannschaften und den Senioren sind etwa 150 Aktive im Fußballverein tätig, ca. 250 Personen sind unterstützende Mitglieder. Der Sektion Eisschützen gehören 45 Mitglieder an, die regelmäßig Stockschießen auf Asphalt betreiben.

Die Sektion Tennis besteht aus etwa 100 Mitgliedern, denen 3 Tennisplätze zur Verfügung stehen.

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Der Musikverein

Gegründet im Jahre 1972 entwickelte er sich im Laufe der Zeit zu einem wichtigen Bestandteil des örtlichen Kulturlebens. Fast schon selbstverständlich ist die Teilnahme an kirchlichen Feierlichkeiten und Festlichkeiten der Gemeinde geworden. Ziel des Vereines ist das gemeinsame Musizieren, mit dem Zweck, die traditionelle Blasmusikkultur, Konzert- und Hausmusik, aber auch das Brauchtum in der Musik zu pflegen und zu erhalten. Die ausgezeichneten Leistungen des Vereines wurden im Jahr 1994 mit der Verleihung des »Sonderpreises des Landes NÖ« durch Landeshauptmann Erwin Pröll gewürdigt. Die Kapelle besteht zur Zeit aus 34 Musikern.

Die Klarinettengruppe »Ensemble Claronicum« wurde im Jahre 1989 gegründet und setzt sich aus Musikern des Musikvereines zusammen. Dieses Ensemble ist in seiner Zusammensetzung sicherlich einzigartig und konnte bei allen bisher teilgenommen Kammermusikwettbewerben höchste Bewertungsnoten erzielen.

Ebenfalls aus Mitgliedern des Musikvereines ging ein Jagdhornbläser-Ensemble hervor, das bereits nach kurzer Zeit ein beachtliches musikalisches Niveau erreichte.

Das Heimat- und Bildungswerk

Das Bildungswerk Gramatneusiedl ist im Rahmen des NÖ Bildungs- und Heimatwerkes eine selbständige Ortsgruppe und wurde im Jahr 1966 gegründet. Es steht allen Bürgern die Teilnahme an den Aktivitäten offen. Seitdem diese Institution seine Tätigkeit aufgenommen hat, gab es 195 Einzelvorträge und 55 Kurse.

Der Gartenbau- u. Siedlerverein

Die Gründung erfolgte 1934. Er vertritt die Siedler und Eigenheimbesitzer. Derzeit gehören dem Verein ca. 360 Familien aus Gramatneusiedl und Umgebung an. Aus dem Gartenbau- und Siedlerverein ging 1974 der »Kleintierrassezuchtverein Neureisenberg–Gramatneusiedl und Umgebung« hervor. 47 Mitglieder beschäftigen sich mit der Haltung der verschiedenen Kaninchen-, Geflügel-, Tauben- und Vogelarten und leisten einen wichtigen Beitrag für den Erhalt der Tierarten.

Der Kultur- und Sportverein

Dieser Verein wurde 1968 gegründet und hat derzeit 120 Mitglieder, die in drei Gruppen Gymnastik betreiben.

Reges Vereinsleben

Natürlich gab es im Laufe der Geschichte zahlreiche Vereine im Ort. Besonders in der Blüte der Marienthaler Fabrik waren unter der Dachorganisation des »Arbeiter Turn- und Sportvereines« Sektionen für Geräteturnen, Faustball, Ringen, Boxen, Handball aktiv. Ebenso gab es eine Theatersektion und eine Musikkapelle.

Weiters bestehen im Ort zwei Pensionistenvereine, die den politischen Parteien SPÖ und Ö[sterreichische] V[olks] P[artei] zuzuordnen sind. Beide Vereine organisieren für ihre Mitglieder die Freizeitgestaltung, Tagesausflüge und auch Urlaubsreisen.

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Die Ehrenbürger der Gemeinde

In der Gemeinde Gramatneusiedl wurden fünf Männer mit diesem Titel ausgezeichnet; mehr sind nicht bekannt. Es ist aber als sicher anzunehmen, daß seit dem Bestehen der »Freien Gemeinde Gramatneusiedl« (1840) noch einige verdienstvolle Männer mit diesem Ehrentitel ausgezeichnet wurden. Darüber waren aber keine Unterlagen aufzufinden.

Carl Molzer

Ernannt am 25. Mai 1906

Bürgermeister, Feuerwehrhauptmann, Armenrat, Patronats-Kommissär und Ortsschulrat-Obmann

 

 

Adolf Altenbacher

Ernannt am 30. Mai 1923

Schuldirektor

 

 

Ferdinand Liebhart

Ernannt am 30. Mai 1923

Oberlehrer, gehörte lange dem Gemeinderat an, von 1919 bis 1921 Vizebürgermeister

 

 

Georg Grausam

Ernannt am 21. Juli 1960

Erzbischöflicher Konsistorialrat und Pfarrer in Gramatneusiedl

 

 

Julius Jung

Ernannt am 1. Juni 1970

Bürgermeister der Gemeinde Gramatneusiedl

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